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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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kommen sie wirklich hinter Gitter. Und sollte der Familie Lauritzen etwas zustoßen, so wird der Verdacht als Erstes auf sie fallen. Dann buchten wir sie ein, egal, ob sie schuldig sind oder nicht.«
    »Aber Herr Polizeidirektor, ist das nicht ungesetzlich?«
    »Ja, in allerhöchstem Grade, aber soweit ich sehe, ist das die einzige Lösung.«

    Die Folgen der Gehirnerschütterung des Jungen ließen sich nicht absehen. In den ersten beiden Nächten schlief Ingeborg bei ihm im Gästezimmer, um ihm beistehen zu können, falls er sich im Schlaf übergab. Seine Kopfschmerzen ließen sich notdürftig mit Aspirin-Pulver kurieren.
    Am schlimmsten war, wie sie gefürchtet hatte, die Verletzung der Hornhaut. Dr. Halvorsen aus der einzigen Bergener Augenklinik hatte keine sichere Prognose stellen können, hatte aber empfohlen, das verletzte Auge mindestens zehn Tage lang abzudecken, um es möglichst lange ruhigzustellen. Grelles Licht sei zu meiden, sowohl der Augenverletzung als auch der Gehirnerschütterung wegen.
    Voller Trotz ging Ingeborg weiterhin zwanzig Minuten lang von der Allégaten zur Munkebryggen zu Fuß, wenn sie den telefonischen Bescheid erhielt, dass wieder verletzte Seeleute eintreffen würden. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie Harald allein ließ, wollte aber allen zeigen, dass sie nicht klein beigab und sich nicht von ein paar ungewöhnlich grausamen Schulkindern unterkriegen ließ. Sie blieb auf ihrem Posten.
    Das Ereignis hatte sich offenbar überall in der Stadt herumgesprochen, darauf ließen die verängstigten und scheuen Blicke schließen, die ihr die Leute zuwarfen.
    Ihre Arztkollegen auf der Munkebryggen waren voller Anteilnahme und erkundigten sich jeden Tag nach dem Befinden des kleinen Patienten.
    Nach einer Woche begann sie zu ahnen, dass nicht Haralds physische Verletzungen, wenn er nun nicht das Sehvermögen auf dem einen Auge verlor, das Schlimmste waren. Er sah mit seinem blauschwarz verquollenen Gesicht natürlich fürchterlich aus. Aber das würde vorübergehen,
in einigen Wochen würde er wieder vorzeigbar aussehen, bei Kindern und jungen Leuten verheilte alles schnell.
    Erschreckender als seine grotesken Gesichtszüge war seine Schweigsamkeit. Es dauerte eine Woche, bis Ingeborg auffiel, dass er kein einziges norwegisches Wort mehr äußerte, sondern nur noch deutsch sprach. Sie befürchtete, dass dies auf einem Zusammenwirken der Gehirnerschütterung und des Schocks aufgrund der langwierigen Quälerei beruhen konnte. Aber als sie versuchte, norwegisch mit ihm zu sprechen, verstand er ganz offensichtlich alles, antwortete aber trotzdem auf Deutsch. Die Kinder hatten ihre Zweisprachigkeit praktiziert, indem sie immer in der Sprache antworteten, in der sie angesprochen wurden. Nur die kleine Rosa beherrschte diese Kunst noch nicht, da sie erst zwei Jahre alt war.
    Aber bei Harald lag es an etwas anderem. Das wurde ihr klar, als sie am achten Tag von der Arbeit nach Hause kam, sofort in sein Zimmer ging und dort mit Worten empfangen wurde, über die er offenbar lange nachgedacht hatte, denn es waren seine ersten Worte:
    »Mama, ich will heim nach Deutschland.«
    »Aber mein Kleiner«, antwortete sie erschreckt, »dein Zuhause ist hier in Bergen. Nach Deutschland können wir im Sommer fahren.«
    »Ich will nicht in Bergen zu Hause sein, ich will nie mehr norwegisch sprechen, ich will heim nach Deutschland«, beharrte er mürrisch.
    Mit weichen Knien nahm sie auf seiner Bettkante Platz. Das Sprachzentrum des Gehirns war nicht in Mitleidenschaft gezogen, sondern mental hatte sich etwas verändert, was vielleicht sogar noch schlimmer war. Sollte sie die Diskussion
fortsetzen oder die Sache einfach auf sich beruhen lassen und darauf hoffen, dass der mentale Schaden verheilen würde, so wie die blauen Flecken nach und nach verschwanden?
    »Ich bin Deutscher und will in Deutschland wohnen«, hob er plötzlich wieder an.
    »Natürlich bist du Deutscher«, sagte sie und strich ihm vorsichtig über den Kopf. »Ich bin auch Deutsche, und ich wohne in Bergen. Aber du bist nicht nur Deutscher, sondern auch ein kleiner Norweger wie dein Vater.«
    »Mama, dich nennen sie deutsche Schlampe und mich deutsches Balg«, meinte er lakonisch.
    »Ich weiß«, gab Ingeborg zu. »Das ist dieser fürchterliche Krieg, der die Menschen gemein und dumm macht. Aber bald ist der Krieg vorbei, und dann wird alles wie früher.«
    Daran zweifelte er offensichtlich, und ehrlich gesagt tat sie das ebenfalls. Würde

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