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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ist«, sagte er dann und atmete erneut laut ein. »Sind die Kinandi-Krieger auf dem Weg zu unserem Basislager?«
    »Ja, Bwana Oscar, das glaube ich. Die Spuren führen in die Richtung.«
    »Wann können sie dort sein? Und wann sind wir dort, wenn wir die Toten mitnehmen? Denn den Geiern können wir sie nicht überlassen.«
    Kadimba dachte sorgfältig nach.
    »Wenn wir die Toten mitnehmen, kostet uns das eine Stunde. Wir könnten eine Stunde vor Einbruch der Dunkelheit dort sein. Wenn die Kinandi-Krieger, ohne zu rasten, zum Lager gehen, treffen sie gleichzeitig mit uns dort ein.«
    Oscar rechnete nach. Sein Kopf war wieder klarer, seine Gedanken von weißglühender Wut gesteuert. Er ging auf den Hof, wo die drei Askari-Soldaten vor den Leichen standen und eher neugierig als schockiert darüber diskutierten, was sie sahen. Als sie merkten, dass Oscar sich ihnen außer sich vor Wut näherte, nahmen sie sofort Haltung an und setzten eine militärisch-gefühllose Miene auf. Rasch und mit lauter Stimme gab er seine Befehle. Die Toten sollten in eine der Lehmhütten gebracht und eine Wand niedergerissen werden, um sie provisorisch darunter zu begraben und zu schützen. Danach sollten sich alle im Eilmarsch zum Zug begeben.
    Die Toten mussten nicht nur vor den Geiern in Sicherheit gebracht werden, sondern auch vor den Hyänen, die noch schlimmer waren. Alles musste sehr schnell gehen.
    Anschließend rannten sie zum Zug zurück.
    Als sie sich anderthalb Stunden später, der Himmel begann
bereits, sich blutrot zu verfärben, dem Lager näherten, erhielt der Lokführer die Anweisung, die Dampfpfeife zu betätigen, damit sich alle bei den anderen Waggons der zweiten Lok versammelten.
    Es lag auf der Hand, wie die Verteidigung organisiert werden musste. Die eine Stunde, die ihnen bis zum Einbruch der Dunkelheit blieb, verbrachten sie damit, Dornenbüsche herbeizuschleppen und beidseitig in fünfzig Metern Abstand vom Gleis eine Barriere zu errichten. Das würde die Kinandi-Krieger zwar nicht abhalten, ihnen aber zumindest einen Überraschungsangriff unmöglich machen.
    Oscar war Schütze und Jäger, aber kein Soldat. So viel begriff er jedoch, dass etwa hundert schwarze, mit Speeren und Assagais bewaffnete Krieger alle im Lager töten konnten, wenn sie bei einem nächtlichen, chaotischen Überfall die Oberhand gewannen.
    Bei Tageslicht wären die Rollen umgekehrt. Zehn von der deutschen Schutztruppe ausgebildete Askaris, dazu Kadimba und er selbst, die bedeutend besser trafen, würden hundert Mann mit blanken Waffen vermutlich standhalten können. Überlebten sie bis zur Morgendämmerung, war die Schlacht gewonnen.
    Während der größere Teil des Arbeitertrupps verzweifelt um die zusammengeschobenen Waggons herum die Dornenbuschbarrikade errichtete, schichteten Oscar und Kadimba Mahagonistämme auf die offenen Waggons, auf denen die Schützen ihre Ellbogen stützen und hinter denen sie Schutz finden konnten. Vermutlich war das die teuerste Palisade, die jemals errichtet wurde, überlegte Oscar, schämte sich dann aber sofort für diesen Zynismus. Erneut überkamen ihn die albtraumhaften Bilder des
Ortes, der Gott und dem Guten im Menschen hätte geweiht werden sollen.
    Verzweifelt entfloh er diesen Gedankengängen in praktische Fragen. Vor der Barriere aus Dornenbüschen mussten Feuer entzündet werden, damit sie die Kinandi-Krieger, wenn diese angriffen, sehen konnten. Niemand durfte in dieser Nacht im Zelt schlafen, weil man dort wie in einer Mausefalle gefangen war. Brannte im Zelt Licht, gab man eine ideale Zielscheibe für einen Speer ab. Und vor den Speeren der Afrikaner hatte Oscar allergrößten Respekt, sowohl vor den Wurfspeeren als auch vor den kürzeren Assagais, den Waffen der Krieger.
    Er wollte die Nacht auf einem der offenen Waggons in der Mitte verbringen, um ein so großes Schussfeld wie möglich zu haben. Er holte eine Matratze und ein paar Kissen aus seinem Zelt und riet Kadimba, es ihm nachzutun. Die Arbeiter mussten sich in den geschlossenen Waggons, in denen ihnen die Speere nichts anhaben konnten, zusammendrängen.
    Als alles organisiert war, saßen zwei Mann mit Gewehren und viel Munition in jedem offenen Güterwagen. Der Bahndamm war anderthalb Meter hoch, dazu kamen dann noch einmal etwa anderthalb Meter bis zu den Gewehrläufen der Schützen hinter der Barrikade. Es war wieder, als würden sie auf Simba warten, mit dem Unterschied, dass Simba sich lautlos anschlich und im Dunkeln sehen konnte.
    Die

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