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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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zwei der Angeklagten betrifft, die wir als Nummer eins und Nummer zwei bezeichnen. Können diese als hauptverantwortlich für den Vorfall gelten?«
    »Ja. Meiner Meinung nach führten sie den Befehl.«
    »Können Sie das näher erklären?«
    »Ja, das hoffe ich. Die Kinandi wurden von einem Medizinmann angeführt, der einen großen Straußenfederschmuck auf dem Kopf trug. Er war zweifellos der Anführer. Er wollte durch schwarze Magie unsere Kugeln in Wasser verwandeln. Das ging aus ihren Schlachtgesängen in der Nacht vor ihrem Angriff auf uns hervor. Ich hatte einen Dolmetscher, der mir die Gesänge übersetzen konnte. Bei dem Anführer befand sich eine Gruppe von etwa zehn jüngeren Männern, die ebenfalls Straußenfedern trugen und innerhalb der feindlichen Truppe eine Sonderstellung einzunehmen schienen. Außer ihnen war niemand so geschmückt, weshalb ich vermute, dass die Straußenfedern als Rangabzeichen dienten.«
    »Ausgezeichnet, danke! Herr Vorsitzender, ich habe keine weiteren Fragen«, schloss der Staatsanwalt, nahm zufrieden Platz und flüsterte seinem Assistenten mit einem unpassend breiten Grinsen etwas zu.
    Der Vorsitzende ordnete eine Pause an und erinnerte Oscar daran, dass er sich anschließend wieder einzufinden habe, da die Vernehmung noch nicht abgeschlossen sei. Oscar, der geglaubt hatte, die Anstrengung sei vorüber, trat auf den Staatsanwalt zu und fragte, was als Nächstes kommen würde. Er erhielt den herablassenden Bescheid, dass die deutsche Rechtsordnung der Verteidigung gestatte, den Zeugen der Anklage ins Kreuzverhör zu nehmen.
    Oscar folgte dem Strom des Publikums nach draußen, um frische Luft zu schnappen. Eine schwache Brise wehte vom Meer, eine Vorahnung des kommenden Monsunregens. Er bereute jedoch sogleich, ins Freie gegangen zu sein, als er die Zeitungsfotografen mit ihren sperrigen Kästen auf dreibeinigen Stativen entdeckte. Plötzlich wurden die sechs Kettensträflinge nach draußen geführt und hinter ihm wie Jagdtrophäen aufgestellt. Das war abscheulich. Trotzdem brachte er es nicht über sich, einfach wegzugehen.
    Als die Verhandlung fortgesetzt wurde, war der Verteidiger Leutnant Vortisch an der Reihe, den Zeugen zu verhören. Da Oscar glaubte, sie hätten alles Wesentliche bereits angesprochen, war er auf nichts anderes als eine langweilige Wiederholung vorbereitet. Anschließend verfluchte er seine Naivität in dieser Frage.
    »Lassen Sie uns mit der Frage der Straußenfedern beginnen, Herr Diplomingenieur«, begann der Anwalt freundlich und unbeschwert wie bei einer beiläufigen Unterhaltung.
»Zwei der Angeklagten trugen also den zeremoniellen Kopfschmuck aus Straußenfedern, als Sie sie gefangen nahmen?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Und Ihre Schlussfolgerung lautet, dass die Straußenfedern eine Art Rangabzeichen darstellen, dass die so geschmückten Krieger als Truppenführer anzusehen waren?«
    »Ja, das war meine Schlussfolgerung.«
    »Es handelt sich also nur um eine Schlussfolgerung? Sie wissen es nicht sicher?«
    »Nein, aber es handelt sich um eine plausible Schlussfolgerung.«
    Der Anwalt machte eine Pause, während er seinen Zeugen nachdenklich betrachtete. Oscar schielte nervös und wie Hilfe suchend zum Vorsitzenden hinüber. Dr. Goldmann schien sich aber ganz auf das, was er hörte, zu konzentrieren. Auch die drei anderen Richter schienen ihn nicht weiter zu beachten.
    »Wenn ich Ihnen jetzt sage, was meine Mandanten selbst für eine Erklärung für ihren Kopfschmuck angeben, wären Sie dann bereit, diese ebenfalls auf ihre Plausibilität zu prüfen, Herr Diplomingenieur?«, fragte der Anwalt langsam, sehr deutlich und verdächtig freundlich.
    »Ich will es versuchen«, erwiderte Oscar und merkte, dass er stark schwitzte.
    »Die beiden Angeklagten, von denen hier die Rede ist«, begann der Anwalt und schaute in seine Papiere, »also die zwei, die wir hier Nummer eins und Nummer zwei nennen, obwohl ihre Namen, und ich bitte das hohe Gericht, das zu notieren, folgendermaßen lauten: Kiskunta und Kiskinte, also, Kiskunta und Kiskinte geben an, dass sie am Angriff
auf die Eisenbahnbaustelle unbewaffnet teilnahmen, da die Magie ihrer gerade erfolgten Initiation sie gegen die Kugeln des weißen Mannes abgehärtet hatte. Falls diese Magie jedoch nicht ausreichte, hätten sie sich geopfert, um die magische Kraft ihres Anführers zu stärken. Was halten Sie von dieser Erklärung, Herr Diplomingenieur? Ist sie ebenfalls plausibel?«
    Oscar zögerte. Er kam sich

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