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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Moment ergriff ihn einer seiner Bewacher am Ellbogen und schob ihn aus dem Zelt. Dort sah er den Umriss des Gefängniswagens im Fackelschein stehen, der nun hinter ein kräftiges Pferd gespannt worden war.
    Seine Bewacher schoben ihn darauf zu, und dann hob man ihn hoch und warf ihn geradezu hinein. Er landete auf den Knien in einer Ecke der Holzzelle, während hinter ihm die Tür zufiel und sich der Wagen schwankend in Bewegung setzte. Zitternd und mit weichen Knien musste er plötzlich gegen das Bedürfnis ankämpfen, sich zu übergeben. Verängstigter, als er es sich noch vor einer Stunde hätte träumen lassen, spürte er sein panisches Herzklopfen, während er über die Unmöglichkeit der einzigen Erklärung nachdachte, die ihm für all dies in den Sinn kam: dass das falsche Zeugnis der drei toten Priester irgendwie aufgetaucht sein musste und man ihn erneut des Mordes anklagte.
    Er versuchte, sich zu beruhigen, indem er eine Methode anwandte, die er als Novize hatte einüben müssen, und das Paternoster rezitierte. Er leerte seinen Kopf bis auf den endlosen, betäubenden Singsang der Worte und zählte anhand der Knoten seiner Gebetsschnur mit, bis er das Gebet hundertachtundvierzig Mal gesprochen hatte – die für den Tag erforderliche Zahl. Er war vor Tagesanbruch fertig, doch die Zelle war zu klein, als dass er sich hätte hinlegen können, und der Wagen schaukelte derart, dass an Schlaf nicht zu denken war. Also setzte er sich wieder aufrecht hin und begann, die Gebete des nächsten Tages abzuarbeiten.
    Er hatte eintausendundsechsundzwanzig Paternoster aufgesagt – zehn weniger als das Pensum einer ganzen Woche –, als der Wagen schwankend zum Stehen kam. In der Zeit, die er dazu gebraucht hatte, hatte er zu seiner Überraschung ein Gefühl der inneren Ruhe und der Sicherheit gewonnen. Außerdem hatte er sich ausgerechnet, dass er etwa eine Stunde für hundertfünfzig Vaterunser brauchte.
    Als die Tür seiner Zelle aufschwang, musste er die Augen schließen, um nicht geblendet zu werden, und er ließ sich willig von seinen Bewachern vom Wagen helfen, bis er wieder auf dem Boden stand. Er spürte die Sonnenhitze auf seinem Gesicht und seinen Armen, und dann schoben sie ihn in den kühlen Schatten, und er öffnete vorsichtig die Augen.
    Er hatte schon vor einiger Zeit gemerkt, dass sie eine Stadt erreicht hatten – er vermutete, dass es Aix war –, weil die Wagenräder begonnen hatten, über Pflaster zu rattern und die Stimmen im Freien von den Mauern dicht gedrängter Häuser zurückgeworfen wurden. Jetzt konnte er sehen, dass er sich in einer Art Hof befand, der auf allen vier Seiten umbaut war. Eines der Gebäude hatte eine Tordurchfahrt, durch die der Wagen gekommen war. Die beiden Wächter, die ihn hierher eskortiert hatten, hatten sich anderen Aufgaben zugewandt und beachteten ihn nicht mehr.
    Direkt vor ihm befand sich eine breite Eingangstür, die in blassgelben Sandstein gefasst war. Eine breite Treppe aus demselben Material führte darauf zu. Über dem Torbogen prangte ein Relief mit dem Wappenschild der Templer, und darunter standen rechts und links der gewaltigen Eichentür zwei weiß gekleidete Wachtposten mit dem roten Templerkreuz auf der linken Brust. Einer von ihnen hatte den Blick teilnahmslos auf St. Clair gerichtet, während der andere seine Begleiter beobachtete.
    Selbst wenn er das Ziel ihrer Fahrt nicht gewusst hätte, wäre St. Clair klar gewesen, wo er war. Dies musste die neue Templerkomturei von Aix sein. Ein Bekannter, der sie im Bau gesehen hatte und die herrliche Farbe des Steins gepriesen hatte, der von seinen eigenen Ländereien stammte, hatte sie ihm einmal bewundernd beschrieben.
    Eingelullt von der Mittagswärme schloss er die Augen und spürte, wie er zu wanken begann, doch bevor er sich wieder fangen konnte, spürte er erneut die Hände seiner Eskorte, und man schob ihn vorsichtig auf den Eingang zu, wo ihnen die Wachtposten die Tür öffneten.
    Innen war es dunkel und kühl, und seine Begleiter führten ihn etwa zwanzig Schritte geradeaus, bis sie vor einem großen Tisch stehen blieben, der wiederum von zwei Templerwachen flankiert wurde. Dahinter führte ein breiter Gang nach rechts und nach links.
    Seine Begleiter nahmen Haltung an und salutierten einem Ritter, der nun mit ausdrucksloser Miene hinter dem Tisch hervortrat. Der Ritter hörte zu, wie ihm einer der Männer erklärte, wer sie waren und warum sie hier waren, und nahm ihm dann die Anklageschrift ab. Er

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