Die Brueder des Kreuzes
Pyrenäen einschließlich der Provinz Aquitanien und der Städte Montségur und Carcassonne; die beiden anderen waren die Grafschaften Poitou und die Champagne, die zusammen die restlichen Gebiete des ehemaligen römischen Galliens ausmachten.
Jeder der drei Oberen – die lebenslang gewählt wurden – war innerhalb seines Territoriums für die Angelegenheiten des Ordens zuständig, und Bernard de Montségur war der Einflussreichste der drei. Er war auch der direkte Verbindungsmann der Bruderschaft zum Templerorden und zum Netzwerk der Brüder von Sion, die innerhalb der Templergemeinschaft für ihren sehr viel älteren Bund arbeiteten.
»Wie Bruder Germain schon gesagt hat«, begann Bernard, »gab es in den letzten Monaten viele Veränderungen, und wie immer haben wir sehr spät davon erfahren. Meine Brüder hier wissen bereits, wovon ich spreche, doch wir halten es für wichtig, dass auch Ihr, Sir André, davon erfahrt. Vor einem Monat ist ein Schiff aus Sizilien in Marseille gelandet und hat Informationen mitgebracht, die im Prinzip ermutigend gewesen wären, hätten sie nicht einen besorgniserregenden Hintergrund gehabt. Sagt Euch der Name Conrad von Montferrat etwas?«
St. Clair schüttelte den Kopf.
»Nein, Sir. Nicht das Geringste.«
»Hmm. Nun denn, wisst Ihr von Barbarossas Expedition?«
»Ins Heilige Land. Ja, das weiß ich. Jeder weiß davon. Er ist an der Spitze einer Armee von zweihunderttausend Mann auf dem Landweg unterwegs. Sein Heer zählt mehr Männer als die Armeen König Richards und Philips zusammen.«
»Das stimmt. Und wisst Ihr auch, wie sich dieser Mann nennt?«
»Barbarossa?« St. Clair nickte. »Friedrich von Hohenstaufen, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, wegen seines roten Bartes Barbarossa genannt. War es das, was Ihr gemeint habt?«
»Ja. Aber sein Heiliges Römisches Reich ist weder heilig noch römisch. Es ist eine vielzüngige Masse, ein Bund barbarischer und ganz und gar unheiliger Germanenstämme. Und es ist weitaus eher griechisch als römisch.«
Bernard sah St. Clairs verwirrte Miene und fügte hinzu: »Ich meine, was die Religion betrifft, Sir André, nicht die Bevölkerung. Barbarossa ist Anhänger der orthodoxen Riten, und Jerusalem ist immer schon von einem Patriarchen der Ostkirche verwaltet worden.«
»Aye, Master Bernard, das wusste ich. Warmund von Picquigny war der erste Patriarch von Jerusalem. Er war es, der gemeinsam mit König Balduin II. Hugh de Payens die Erlaubnis erteilt hat, seinen Ritterorden zu gründen.«
»Auch das ist richtig. Die Kirche in Jerusalem war damals östlich dominiert, doch die Militärmacht war fränkisch und damit römisch. Schließlich nannte man den Krieg, der sie dorthin geführt hatte, Papst Urbans Krieg. Doch wie ich schon sagte, hat sich inzwischen einiges geändert. Nach seiner Rückeroberung Jerusalems hat Saladin den orthodoxen Christen letztes Jahr erlaubt, in die Stadt zurückzukehren. Als einzigen Ausgleich hat er ihnen eine geringe Steuer auferlegt. Er hat ihnen gestattet, die heiligen Stätten zu übernehmen, sodass sich diese nun wieder in den Händen des Patriarchen befinden. Sobald also Barbarossa dort eintrifft und Saladin vertreibt, wird die Ostkirche die Macht in Jerusalem haben, und Rom wird das Nachsehen haben.«
Er hielt inne und betrachtete St. Clairs nachdenkliche Miene, doch bevor der Ritter etwas sagen konnte, fuhr er fort.
»Warum sollte uns das interessieren, fragt Ihr Euch? Östlicher oder römischer Ritus, sie sind alle Christen und daher in unseren Augen fehlgeleitet, nicht wahr?«
St. Clair nickte, und Bernard klatschte laut in die Hände.
»Nein, Sir André. Das ist nicht wahr. Im selben Moment, in dem Barbarossa in Jerusalem die Macht ergreift – und glaubt ja nicht, dass ihm das nicht gelingen wird – wird seine erste Sorge sein, seinen Teutonenrittern die Vormachtstellung einzuräumen. Sie werden sämtliche Pflichten und Aufgaben der dortigen Orden übernehmen – der Templer und der Hospitalritter. Einige der Hospitaliers dulden sie vielleicht weiter an Ort und Stelle – die Benediktinermönche, die sich um die Kranken und Verwundeten kümmern. Doch die Soldatenbrüder werden sie nicht dulden, und die Templer werden sie mit Sicherheit fortschicken. Wenn sie selbst die Macht wollen, bleibt ihnen nichts anderes übrig – die Templer müssen fort. Und da der Tempel die Maske ist, die unsere Anwesenheit im Heiligen Land verschleiert, bedeutet dies, dass auch wir, die Brüder von Sion,
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