Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
Vom Netzwerk:
Kirche. Und nichts, Bruder, nichts auf Gottes Erde ist so gefährlich wie ein Kriegszug aus religiösen Motiven.«
    Graf Henri verschränkte die Arme vor der Brust und zog eine Augenbraue hoch. Seine Miene kam einem Lächeln sehr nahe.
    »Ihr habt gesagt, Barbarossa müsste einen offenen kriegerischen Akt begehen, um die Templer zu enteignen, doch aus Eurem Tonfall konnte man schließen, dass Ihr dies für unmöglich haltet. Ich schlage vor, dass Ihr Eure Meinung noch einmal überdenkt und dabei nicht vergesst, was hier auf dem Spiel steht. Wenn Ihr den Konflikt zwischen den Christen und dem Islam und die mörderischen Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten betrachtet, haltet Ihr einen solchen Krieg dann wirklich für unmöglich? Glaubt Ihr wirklich nicht, dass römische und orthodoxe Christen auf die gleiche Weise aufeinanderprallen könnten wie die Sunniten und die Schiiten? Denkt Ihr wirklich so unlogisch? Vergesst nicht, dass wir hier von einer möglichen Auseinandersetzung um die endgültige Vorherrschaft sprechen und die Beute aus den Seelen aller Christen der Welt – und natürlich ihren weltlichen Besitztümern – besteht … und dass die Oberherrschaft über Jerusalem und über das Heilige Land eine der Säulen ist, auf denen die Macht des Siegers ruht.«
    Wieder betrachtete der Graf St. Clair mit dieser belustigten Miene.
    »Seid Ihr jetzt überzeugt? Oder muss ich es noch einmal mit anderen Worten erklären?«
    »Nein, Bruder, ich verstehe. Wie könnte ich es nicht verstehen? Dennoch ist es eine niederschmetternde Kunde.«
    »Aye, das ist es, doch dass Ihr genau das sagt, macht die Tatsache, dass Ihr einer von uns seid, so ermutigend. Nun, da Ihr also in den Grundzügen wisst, worum es geht, werden wir Euch jetzt erläutern, was weiter geschieht. Im Lauf der nächsten drei Tage werdet Ihr all dies erneut aus anderen Perspektiven hören, sodass Ihr, wenn Ihr wieder aufbrecht, genauestens im Bilde darüber seid, auf was Ihr Euch einlasst und was Ihr nach Eurer Ankunft in Outremer zu tun habt. Von diesem Moment an werdet Ihr nur noch mit einem Mann zu tun haben, den Ihr bereits kennt. Es ist Robert de Sablé; er wird Euer Verbindungsmann zu unserem Rat sein. Ihm werden zwei Delegierte zur Seite stehen, von denen allerdings keiner Euren Namen erfahren wird, es sei denn, de Sablé stieße etwas zu. In diesem Fall wird einer von ihnen eine schriftliche Anweisung öffnen und erfahren, wer Ihr seid.«
    Henris Miene war nun völlig ernst.
    »Zunächst jedoch werdet Ihr zu Eurer Kompanie zurückkehren. Ihr werdet Dokumente mitnehmen, die Euch von allen Anklagen freisprechen. Darin wird stehen, dass es sich bei Eurer Festnahme um eine Verwechslung gehandelt hat. Dann brecht Ihr wie geplant nach Outremer auf, und sobald Ihr dort eintrefft, beginnt Eure Aufgabe. Bis dahin werdet Ihr ein vollendeter Tempelritter sein – wahrscheinlich wird die endgültige Weihe in Sizilien stattfinden, wo Richard neue Vorräte an Bord nehmen muss. Doch Ihr werdet eine weitere Aufgabe von großer Wichtigkeit haben. Noch bevor Ihr Marseille verlasst, werdet Ihr lernen, Arabisch zu sprechen und zu lesen. Wir wissen, dass Ihr eine große Sprachbegabung besitzt, und haben alles Nötige in die Wege geleitet.«
    Er hielt inne und sah seine Begleiter an.
    »Möchte noch jemand etwas hinzufügen, oder können wir den Plan für die nächsten Tage aufstellen, bevor wir erneut eine Pause einlegen?«
    Niemand hatte etwas hinzuzufügen, und so begann André St. Clairs Unterweisung. Es wurde eine Erfahrung, die er sich nie hätte träumen lassen.
SIZILIEN UND ZYPERN
1190-91

1
    D
    IE SEEREISE von Marseille nach Sizilien war schrecklich. Da André und seine Kameraden als Novizen reisten, die Niedrigsten der Niedrigen, teilte man ihnen einen Platz in den Eingeweiden des betagten, ranzig stinkenden Schiffs zu, wo sie unablässig in Schmutz und Elend Buße taten – abgesehen von einer Stunde pro Tag, in der man es ihnen gestattete, an Deck zu gehen, um frische Luft zu schnappen und sich zu bewegen.
    Eigentlich war vorgesehen, dass sie die Zeit unter Deck entweder im Gebet zubrachten oder Lesungen aus der Bibel und der Ordensregel lauschten, um sich diese auswendig einzuprägen. Die Wirklichkeit sah jedoch so aus, dass die Brüder, die für die Lesungen eingeteilt waren, samt und sonders seekrank wurden und es ihnen unmöglich war, in der stinkenden, schwankenden Hölle des Unterdecks mit gesenktem Kopf zu lesen. Und so verbrachten die

Weitere Kostenlose Bücher