Die Brueder des Kreuzes
meisten der Männer an Bord die gesamte Reise stöhnend, würgend und vor Schmerzen gekrümmt.
André St. Clair blieb das Schlimmste zwar erspart, doch als sie schließlich in Messina vor Anker gingen, hatte er seit Wochen mit keiner Menschenseele mehr ein vernünftiges Wort gewechselt.
Man gestattete ihm, an Land zu gehen und die Templerkomturei in Messina aufzusuchen. Er selbst hatte zwar keine Ahnung, wo er seinen Vater finden könnte, doch Robert de Sablé war nicht nur sein Kontaktmann und Weisungsgeber in allen Angelegenheiten des Ordens von Sion, sondern ihm war gewiss auch bekannt, wo Sir Henry zu finden war. Daher begab sich André mit Bruder Justins Erlaubnis unverzüglich zum Oberbefehlshaber der königlichen Flotte.
Und so kam es, dass er an jenem Abend im Refektorium des Gebäudes, das für die Befehlshaber von Armee und Flotte requiriert worden war, mit seinem Vater und dem König höchstpersönlich speiste.
Der König war nervös – zu lange auf See, sagte er, und zu lange eingesperrt mit anderen Königen, Fürsten und Kirchenoberen. Sir Henry lächelte bei diesen Worten, sagte aber nichts, und Richard wandte sich ihm zu.
»Grinst nur, Henry, aber ich kann Euch ansehen, dass Ihr genau wisst, wovon ich spreche. Auf See war es ja schon schlimm genug, aber seit unserer Landung werde ich auf Schritt und Tritt von winselnden Priestern und plärrenden Bischöfen belagert. Ich schwöre beim Lächeln Christi, dass man an zu viel Weihrauch garantiert ersticken kann. Ich glaube aber, ich wäre auch verrückt geworden, wenn ich noch einen Tag länger auf dem Schiff eingesperrt gewesen wäre. Überall kotzende Männer, und der Gestank drohte uns allmählich den Appetit zu verderben. Doch jetzt scheint das Beten und das Geschwätz ja vorerst ein Ende zu haben – dem Himmel sei Dank.«
Er holte Luft, vorsichtig, als fürchtete er, der Gestank des Schiffes könnte ihn bis hierher verfolgt haben. Dann atmete er erleichtert aus.
»Ich habe große Lust, auf ein Pferd zu steigen und mir von Gottes frischer Luft das Salz aus Haar und Lungen wehen zu lassen … und die albernen Staatsgeschäfte eine Weile zu vergessen. Oh, ich weiß, dass sie notwendig und löblich sind und dass die Staatsdiener und Priester ohne sie nicht leben könnten, aber sie sind unerträglich ermüdend, Henry, könnt Ihr mir das zugestehen? Also! Meine Pferde sind schon vor einigen Tagen an Land gebracht worden, und mein Stallmeister sagt mir, dass sie sich inzwischen von der Reise erholt haben und geritten werden können. Also reiten wir morgen früh auf die Jagd, um frisches Fleisch zu erbeuten, das nicht nach Erbrochenem riecht. Ihr beide kommt doch mit, oder?«
Der jüngere St. Clair und de Sablé nickten nur. Jeder Versuch des Widerspruchs war zwecklos, wenn sich Richard Plantagenet einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte.
DIE JAGD VERLIEF EINTRÄGLICH, und die zehn Männer hatten ordentliche Beute gemacht, als Richard sie am späten Vormittag anhalten und den Rückweg nach Messina antreten ließ. Doch auf halber Strecke kündigte sich Ärger an. Ein Bote, der ihnen auf einem völlig entkräfteten Pferd entgegengaloppiert kam, teilte Richard mit, dass Philip von Frankreich nach Messina zurückgekehrt sei und eine sofortige Zusammenkunft verlangte.
Der englische König zeigte sich verblüfft, denn Philip Augustus war vor zwei Tagen pikiert nach Outremer davongesegelt, wütend und wohl auch eifersüchtig, weil die Bevölkerung Siziliens Richards großspurige Ankunft bejubelt hatte, während von seiner eigenen Landung zwei Tage zuvor niemand Notiz genommen hatte. Doch Philip, dessen Anfälligkeit für die Seekrankheit berüchtigt war, war Stunden nach seiner Abfahrt mitten in einen heftigen Sturm hineingesegelt, und sein beschädigtes Schiff hatte zwei Tage benötigt, um nach Messina zurückzudümpeln, wo er jetzt ungeduldig auf Richards Rückkehr wartete.
Leise fluchend wandte sich Richard an Sir Henry, der direkt neben ihm ritt.
»Verdammt soll er sein! Soll ich denn niemals Ruhe vor seinen Launen haben? Ich dachte, er wäre fort, und ich müsste mir vorerst keine Gedanken mehr um ihn machen, und nun ist er wieder da und jammert, dass ihm niemand den gebührenden Respekt zollt. Der verflixte Dummkopf weiß einfach nicht, dass man Respekt nicht einfordern kann, sondern ihn sich verdienen muss. Soll er doch in den Hades fahren!«
Henry schwieg, denn ihm war klar, dass Richard nur seiner Frustration freien Lauf ließ und keine
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