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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Richard so gern tat. Er grinste breit und schüttelte bewundernd den Kopf.
    »Er hat dem Sturm getrotzt wie ein alter Seebär, der schon alles gesehen hat, was Neptun an Feindseligkeiten zu bieten hat. Es war wahrlich bemerkenswert. Wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, hätte ich es nie geglaubt. Der König hat sich an einer der Ruderbänke festgebunden und Stunde um Stunde gemeinsam mit dem Steuermann am Ruder ausgeharrt. Ohne ihn wäre es gewiss noch schlimmer um uns bestellt gewesen, als es ohnehin schon war. Ich dachte, wir wären alle tot, als die Soldatenquartiere unter dem Hämmern der Wogen zu splittern begannen. Habt Ihr schon davon gehört?«
    »Ja. Einundzwanzig Mann über Bord.«
    »Aye. Sie wurden über Bord gespült, als die Aufbauten mit ihren Unterkünften nachgegeben haben und nach außen gekippt sind. Wir sind ins Schlingern geraten und waren nah daran, uns parallel zum Wellengang zu drehen. Es waren Richards Kraft und Durchhaltevermögen und das Können des Steuermanns, die uns gerettet haben. Mich hatte es in die Speigatten gespült, und ich habe von dort zugesehen, wie er darum gekämpft hat, den Bug wieder auf Kurs zu bringen.«
    Er sah sich um, um sich zu überzeugen, dass niemand sie hören konnte. Dann fügte er hinzu: »Ihr und ich, Henry, wir sollten beide heute auf die Knie fallen und dafür danken, dass wir unseren König haben – und ihm die Fehler verzeihen, die wir so oft an ihm finden.«
    »Amen«, sagte Sir Henry und nickte.
    De Sablé stand an der Bugreling, wo Sir Henry zu ihm aufblicken konnte, ohne sich verdrehen zu müssen. Nun wandte er den Kopf ab und blickte zum Horizont. Er stieß ein Geräusch aus, teils Prusten, teils bitteres Lachen.
    »Dieses Unwetter … mein Freund, das war etwas, was wir uns höchstens in unseren schlimmsten Alpträumen ausgemalt hätten. So etwas habe ich noch nie erlebt. Das war ein Sturm, der das Zeug hatte, auch den abenteuerlustigsten und furchtlosesten Seemann für immer zur Landratte zu machen.«
    Henry konnte hinter sich Kommandorufe hören, gefolgt vom Getrappel rennender Füße, dem Ächzen steifer Taue und dem rhythmischen Grunzen rudernder Männer.
    »Wir wollen jetzt das Tempo erhöhen«, erklärte de Sablé. »Also setzen wir das Segel. Dann können wir uns auf die Suche nach den anderen machen.«
    »Was denn für andere?«, fragte Henry, das leere Meer vor seinem inneren Auge. »Wisst Ihr, wie viele Männer und Schiffe wir verloren haben?«
    »Verloren haben wir sie alle, Henry«, sagte de Sablé mit einer ausladenden Geste. »Sie sind alle verschwunden, vom Winde verweht. Es wird Tage dauern, sie alle wieder um uns zu scharen.«
    Henry riss die Augen auf.
    »Sie um uns zu scharen? Ihr meint, wir werden sie wiederfinden? Sie sind nicht alle vernichtet worden?«
    Nun war es an de Sablé, ein überraschtes Gesicht zu ziehen.
    »Vernichtet? Guter Gott, nein, sie sind nicht vernichtet worden. Wir haben gewiss ein paar von ihnen verloren, aber das ist zu erwarten, wenn so viele Schiffe auf so engem Raum einen Sturm durchstehen. Ein gekentertes Wrack treibt in Sichtweite von uns auf dem Meer, aber die anderen sind einfach nur von Wind und Wellen auseinandergetrieben worden. Diese Schiffe wurden von Männern gebaut, Henry, die die See kennen, lieben und hassen. Sie sind dazu bestimmt, Stürme zu überstehen, auch so heftige Stürme wie diesen. Sie werden so schnell wie möglich an Land gehen und damit beginnen, sich wieder zu sammeln und zu formieren.«
    Etwas erstaunt versuchte Henry, sich die Szene vorzustellen, die sich gerade irgendwo jenseits des Horizonts abspielte, wenn de Sablé recht hatte.
    »Wo ist denn das nächste Land?«
    »Von hier aus gesehen?« Sir Robert zuckte mit den Achseln. »Das weiß ich genauso wenig wie Ihr. Aber ich werde es Euch sagen können, sobald wir unsere gegenwärtige Position bestimmt haben. Wir sind von unserem Kurs abgekommen, das steht fest. Aber wie weit und in welche Richtung, das versuchen wir jetzt herauszufinden.«
    Henry öffnete den Mund, um eine Frage zu stellen, doch de Sablé gebot ihm mit erhobener Hand Einhalt.
    »Wir befinden uns im Ionischen Meer, und wir waren bei Ausbruch des Sturms in südöstlicher Richtung von Sizilien nach Kreta unterwegs. Das ist zwei Tage her. Wir wissen, dass wir die Küste Afrikas steuerbord haben, weil wir direkt in die aufgehende Sonne segeln, also nach Osten unterwegs sind. Daher wissen wir auch, dass wir die Küste und die Inseln Griechenlands

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