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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Regen, den der Wind ihm horizontal ins Gesicht peitschte. Irgendwann bemerkte er, dass die Temperatur in die Tiefe gestürzt war, und er fror in seiner durchnässten Kleidung.
    Kurz darauf musste er das Bewusstsein verloren haben, denn als er wieder zu sich kam, wurde er bei jeder Bewegung des Schiffs hin und her geworfen und sein Kopf prallte dabei schmerzhaft gegen die Bordwand. Seine Kleidung war eiskalt, doch jetzt war es hell, und er konnte sehen, dass sein Überwurf mit dichtem Neuschnee bedeckt war. Instinktiv spürte er, dass etwas auf ihn zuschwang, und wieder verlor er das Bewusstsein.
    Auch als er einige Zeit später erwachte, tobte der Sturm mit unverminderter Kraft. Wieder und wieder schlief er ein, doch allmählich wurde ihm bewusst, dass der Sturm abzuflauen schien. Er erwachte vollends, als jemand sein Gesicht berührte, ihn in die Wangen kniff und ihm sanft den Kopf schüttelte. Er öffnete die Augen und sah, dass einer der Seeleute über ihm kniete und ihn scharf fixierte.
    »Aye, er lebt noch«, murmelte der Mann. »Bei dieser Kopfverletzung war ich mir nicht sicher … Also gut, alter Mann, schneiden wir die Seile durch und sehen wir zu, ob wir Euch wieder auf die Beine bekommen.«

    ES WAR SPÄTNACHMITTAG am Ostersonntag, und wenn die Priester die Messe zelebrierten oder Gott dafür dankten, dass sie den Sturm überlebt hatten, so taten sie es zurückgezogen und still in ihren Quartieren. Sir Henry St. Clair wusste zwar, dass er noch lebte, doch sonst wusste er nicht viel über die Lage, und er hatte sich noch nicht entschieden, ob er für sein Überleben dankbar sein oder es bedauern sollte, dass er die Gelegenheit versäumt hatte, im Sturm zu sterben und von den Qualen und Schmerzen befreit zu sein, die ihn jetzt plagten.
    Er saß auf einem zusammengerollten Seil und starrte den Punkt an, an dem die beiden Bordwände am Bug aufeinandertrafen. Er hatte mindestens zwei angebrochene oder gebrochene Rippen, und der Schmerz machte es ihm unmöglich, sich hinzustellen und sich auf die Reling zu stützen. Also war er gezwungen, hier am Boden zu sitzen, wo er nicht über die Bordwand hinwegblicken konnte. Sein Rücken lehnte an zwei weiteren, enger aufgewickelten Tauen.
    Er zwang sich, sowohl seine schmerzenden Rippen als auch die Tatsache zu ignorieren, dass er nichts sehen konnte, und dachte stattdessen über das Wenige nach, das er hatte in Erfahrung bringen können. Nachdem man seine Rippen einbandagiert und den Riss an seiner Schläfe verbunden hatte, hatte man ihn hier am Bug abgesetzt, wo er vieles mitbekam, ohne der Mannschaft im Weg zu sein.
    Sie hatten einundzwanzig Mann verloren. Das wusste er, weil er gehört hatte, wie jemand dem Kapitän Bericht erstattete, während seine Wunden versorgt wurden. Er ging davon aus, dass die Vermissten seine Männer waren, Landratten wie er, die im Wasser keine Chance hatten, während man erwarten konnte, dass die Schiffsbesatzung einen Sturm auf hoher See überlebte. Außerdem zählte die Besatzung der Galeere ja nur fünfzehn Mann.
    Doch wenn das stimmte und sämtliche Vermissten seine Männer waren, bedeutete das, dass sie ein Fünftel der auf diesem Schiff mitfahrenden Soldaten verloren hatten, ohne dass diese auch nur die Gelegenheit bekommen hätten, sich gegen einen Feind zur Wehr zu setzen. Das war ein niederschmetternder Gedanke, und er wandte sich unter großen Schwierigkeiten so weit um, dass er den Blick auf einen anderen Mann richten konnte, der am Bug stand und auf das Meer hinausstarrte.
    »Ihr da«, brummte Henry, um den Mann auf sich aufmerksam zu machen. »Was könnt Ihr dort draußen sehen?«
    Der Mann betrachtete ihn von Kopf bis Fuß, dann starrte er wieder über die Bordwand hinweg.
    »Nichts«, knurrte er. »Einen leeren Ozean. Nirgendwo ist ein einziges Schiff in Sicht, bis auf ein Wrack, das kieloben treibt und seinen Mast hinter sich herzieht. Es muss Luft darin sein, dass es noch an der Oberfläche treibt …«
    Der Mann wandte sich abermals um, senkte den Kopf und betrachtete Henry erneut von Kopf bis Fuß.
    »Ich hoffe, Ihr fühlt Euch besser, als Ihr ausseht. Ihr seid ja verschnürt wie ein Gänsebraten. Wer seid Ihr überhaupt?«
    Henry wandte den Kopf vorsichtig wieder geradeaus, weil er hoffte, dass dies weniger schmerzen würde.
    »Heiße St. Clair«, sagte er abgehackt, fast keuchend, so anstrengend war es gewesen, sich zu bewegen.
    »Man hat mir gesagt, ich habe mir ein paar Rippen gebrochen, und ich … aaah! … ich

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