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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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breitbeinig und mit vor der Brust verschränkten Armen hinter Sir Robert de Sablé stehen. Links von diesem stand Sir Geoffrey Besanceau mit grimmiger Miene und warf einen Dolch in die Luft, sodass er sich überschlug und mit dem Griff wieder in seiner offenen Handfläche landete. Er sah den Dolch dabei nicht an, denn die zunehmende Finsternis am Horizont nahm seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch.
    Eine Tür des Soldatenquartiers öffnete sich, und Männer begannen auf das Deck zu strömen, offensichtlich angelockt durch das plötzliche geschäftige Treiben nach dem stillen Tag. In kürzester Zeit herrschte dort drangvolle Enge, sodass die Mannschaft bei ihrer Arbeit behindert wurde und man die Männer wieder in ihre Quartiere beorderte. Als die letzten von ihnen missmutig unter Deck gingen, trat Henry auf den König zu, der ihn zwar freundlich begrüßte, dem der Sinn aber nicht nach Konversation zu stehen schien. Da Henry dies erkannte, blieb er einfach nur schweigend dort stehen, bis ihn Robert de Sablé bemerkte.
    »Henry«, sagte er und verzog den Mund zu einem humorlosen Grinsen. »Erinnert Ihr Euch noch, dass ich gestern gesagt habe, ich traue dem Wetter nicht?«
    »Aye, ich erinnere mich sehr gut daran. Ist diese Linie dort drüben das, wofür ich es halte?«
    »Aye, wenn Ihr sie für ein Unwetter haltet, das sich dort zusammenbraut. Es ist eine Sturmfront, die sehr schnell auf uns zukommt.«
    »Wie schnell denn?«
    Wieder zuckte der Mund seines Gegenübers.
    »Höchstens eine halbe Stunde – schlimmstenfalls die Hälfte.«
    »Was können wir tun?«
    »Nichts, mein Freund. Wir haben bereits getan, was wir konnten. Wir haben alle Schiffe der Flotte warnen lassen, sich auf alles gefasst zu machen, vom einfachen Gewitter bis zum Orkan. Wenn das Unwetter uns erreicht, ist jeder Kapitän für sein Schiff und seine Mannschaft verantwortlich, und wenn sie alle unserem Befehl gefolgt sind, sollten sie so gut vorbereitet sein, wie es möglich ist. Möglich, dass es nur ein normales Gewitter ist oder eine Folge von Gewittern, doch dazu sieht es zu groß aus, und von hier aus ist es ohnehin nicht festzustellen. Wir können nur warten und es nehmen, wie es kommt. Kein Mensch hat die Weisheit für sich gepachtet, wenn der Sturm pfeift und die See sich in Schaum verwandelt. Wir können nur versuchen, den Bug in die Wellen zu halten, und ansonsten beten wir. Auch Ihr solltet schon einmal anfangen zu beten, mein Freund, und da Ihr kein Seemann seid, solltet Ihr Euch bei den Speigatten am Bug in Sicherheit bringen und Euch irgendwo festbinden. Die Ruder hoch!«
    Die letzten Worte waren ein lauter Befehl, und die Ruderer hoben die Ruder so schnell in die Senkrechte, dass sie nassgeregnet wurden.
    Das Schiff änderte plötzlich seine Bewegung.
    »Aha«, sagte de Sablé mehr oder minder zu sich selbst, »da wären wir also.«
    Ohne jede Vorwarnung hatte sich das Deck geneigt, und der Bug stand hoch oben in der Luft. De Sablé fasste mit einer Hand nach einem Haltegriff und winkte mit der anderen dem Kapitän. Dann senkte sich das Schiff wieder. Die Ruder tauchten wieder ins Wasser, und de Sablé richtete seine nächsten Worte an Henry, ohne ihn anzusehen.
    »Geht, Henry, rasch, und tut, was ich Euch gesagt habe – bindet Euch irgendwo an und haltet Euch fest. Mylord und König, Ihr solltet das Gleiche tun.«
    »Was denn, mich festbinden? Nein, ich werde mir ein Seil um die Hüfte binden und es an der Reling verankern, aber ich bleibe hier bei Euch.«
    Richard sah Sir Henry an.
    »Aber Ihr, Henry, müsst tun, worum Euch Robert bittet. Ihr seid kein junger Mann mehr, und ich brauche Euch in Outremer. Bringt Euch in Sicherheit. Ich möchte nicht, dass Ihr über Bord gespült werdet. Geht.«
    Sir Henry begab sich zu der Stelle zurück, an der er sein Gepäck verstaut hatte. Er befestigte es mit einem kurzen Seil an seiner Hüfte und band sich dann selbst neben einem der Löcher, durch die bei hohem Seegang das Wasser ablaufen konnte, an der Reling fest. Er hatte den letzten Knoten gerade festgezurrt, als der Sturm auch schon über ihnen losbrach und sein Dasein zu einer tobenden Hölle voller Wind und Wasser wurde, die keine Zeit, keinen Tag und keine Nacht und auch sonst keinerlei menschliches Maß kannte.
    Hin und wieder konnte er sehen, dass sich die Farbe der Wolken änderte, und einmal prügelten kieselgroße Hagelkörner auf ihn ein, die sich an geschützten Stellen zu Bergen aus Eissplittern türmten. Dann wieder war es

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