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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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hätte angreifen können. Also blieb ihm nichts anderes übrig als zu versuchen, unsere Schiffe mit List zu gewinnen. Eure Schwester hat richtig gehandelt. Es ist unmöglich zu sagen, was geschehen wäre, wenn sie es nicht getan hätte, aber es ist sehr wohl möglich, dass Ihr es jetzt nicht nur mit einer geraubten Kriegsschatulle, sondern obendrein mit königlichen Geiseln zu tun hättet.«
    »Aye, ich zweifle kaum daran, dass das so ist«, räumte der König grollend ein. »Erzählt mir von diesem Comnenus. Bis jetzt kenne ich ihn ja nur gerüchteweise. Ich nehme an, Ihr konntet Euch Auskünfte aus erster Hand besorgen?«
    »Aye, Mylord.«
    St. Clair lehnte sich zurück, legte die gespitzten Finger unter sein Kinn und ordnete seine Gedanken.
    »Er ist ein merkwürdiger Mann, das war nicht schwer herauszufinden. Ein Tyrann natürlich, den viele für wahnsinnig halten. Sein eigenes Volk, das er brutal behandelt, empfindet zum Großteil nichts als Abscheu und Verachtung für ihn. Dass er Byzantiner ist, wussten wir ja schon, doch es sieht so aus, als sei einer seiner Onkel tatsächlich Kaiser von Konstantinopel gewesen. Das schwört Isaac jedenfalls. Er ist vor etwa sechs Jahren hier gelandet, und irgendwie ist es ihm beinahe auf der Stelle gelungen, dem Byzantinischen Reich die Herrschaft über die Insel zu entreißen. Seitdem bezeichnet er sich als Kaiser.«
    Allmählich wurde ihm bewusst, wie kalt seine Füße in den schweren, nassen Stiefeln geworden waren.
    »Jedenfalls scheint er allgemein verhasst zu sein, und doch klammert er sich mit eiserner Faust an seine Macht. Sein eigenes Volk redet über seine unersättliche Gier und seinen verlogenen Charakter, und seine Grausamkeit muss unvorstellbar sein. De Bruce hat mir heute Morgen erzählt, dass seit seiner Machtergreifung viele wohlhabende Familien von der Insel geflohen sind. Wer noch hier ist, ist es nur, weil er keine Möglichkeit zur Flucht hat und an seinen Besitz hier gefesselt ist. Unter diesem Menschen herrscht große Verzweiflung über Isaacs Gier und seine Übergriffe auf ihr Eigentum.«
    »Der Mann klingt ja wie ein Ungeheuer«, brummte Richard, dem natürlich nicht bewusst war, dass dies ebenso gut eine Schilderung seiner eigenen Methoden zur Finanzierung seines Krieges in Outremer hätte sein können. St. Clair entging diese Ironie nicht.
    »Und das ist nur der Anfang«, fügte er hinzu. »Anscheinend behandelt er auch seine eigenen Offiziere und Untergebenen brutal und lässt sie bei jeder Gelegenheit auspeitschen oder mit Geldstrafen belegen, sodass sie ihn bis auf den letzten Mann hassen.«
    »Warum ermorden sie ihn denn dann nicht? Das ergibt alles keinen Sinn. Versteht der Dummkopf denn gar nichts von der Kunst, Menschen zu führen? Welcher Wahnsinn treibt einen Herrscher oder Heerführer dazu, die Menschen zu misshandeln, die er am nötigsten hat, um sich in seinem Amt zu behaupten? Dieser Mensch regiert sein Inselreich ja tatsächlich wie ein Verrückter. Dafür spricht zusätzlich dieser Unsinn mit den Dromonen. Hat er wirklich auch nur einen Moment lang geglaubt, dass niemand nach einem solchen Schatz suchen würde? Und hat er wirklich geglaubt, dass die, die ihn suchen würden, Schwächlinge und Dummköpfe sein würden? Der Mann ist ein Idiot.«
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht«, erwiderte St. Clair. »Man erzählt sich, dass er als junger Mann – und anscheinend herausragender Soldat – mit dem byzantinischen Heer nach Armenien in den Krieg gezogen ist und dort in Gefangenschaft geriet und in die Sklaverei verkauft wurde. Angeblich hat er mehrere Jahre wie ein wildes Tier in Eisen und Ketten verbracht, weil er so stark und widerspenstig war. Was ihm aus dieser Zeit geblieben ist, ist rasender Hass gegenüber allen Westeuropäern. Das könnte natürlich seine feindselige Reaktion beim Anblick zweier Schiffe aus dem Westen erklären, die vor seiner Insel Anker geworfen hatten und um Hilfe baten.«
    »Aye, das klingt plausibel … Aber es ändert nichts an meinem Verlangen, ihn zu zerquetschen wie eine Spinne. Was wisst Ihr sonst noch? Wie konnte es zu dem Unglück kommen?«
    André zuckte mit den Schultern.
    »Auf ganz erklärliche Weise. Der Sturm hat hier über Zypern schließlich sein Ende gefunden. Die drei Dromone sind von den Böen den ganzen Weg bis hierher getrieben worden. De Bruce glaubt, dass es an ihrer Größe lag. Ihre Bordwände haben dem Wind eine Angriffsfläche wie ein Segel geboten, viel mehr als bei anderen

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