Die Brueder des Kreuzes
Heilung gehabt hatte.
Morays Hand sank an seine Gürteltasche. Mit Daumen und Zeigefinger fasste er an die Innenseite der Lasche und berührte das weiche Ziegenleder des winzigen Beutelchens, das dort festgenäht war.
Al-Ashraf hatte nicht bleiben können, bis Lord George ganz genesen war. Als das Schlimmste vorüber war, hatte er erklärt, Seine Lordschaft würde sich auch ohne Arzt weiter erholen, solange er nicht so dumm war, sich wieder in Gefahr zu begeben. Lachlan, der seit der Verwundung kaum von der Seite seines Herrn gewichen war, hatte dem Arzt versichert, dafür würde er persönlich sorgen. Al-Ashraf hatte dies mit einer respektvollen Verneigung zur Kenntnis genommen und Moray vor seinem Aufbruch ein Päckchen überreicht, das acht sorgfältig abgemessene Dosen des weißen Pulvers enthielt, das er als Opiat bezeichnete. Er hatte ihn streng davor gewarnt, das Geheimmittel zu sorglos oder zu oft zu benutzen, und ihm erklärt, unter welchen Bedingungen er es dem Verletzten verabreichen sollte. Moray hatte ihm mit großen Augen und noch größerem Respekt zugehört, und Al-Ashraf hatte ihn darin unterwiesen, wie die Droge, die den Schmerz oder zumindest das Schmerzempfinden auslöschte und den Kranken in tiefen Schlaf versetzte, zu mischen und zu verabreichen sei.
Moray hatte keine Ahnung, wie der Trunk, den er jeweils mischte, funktionierte oder wie krank ein Mensch sein musste, um ihn zu benötigen. Lord George hatte er vier der acht Portionen verabreicht und jedes Mal gestaunt, mit welcher Geschwindigkeit der Trank seinen starrköpfigen Brotherrn übermannte und sein Bewusstsein so weitgehend lähmte, dass er sich nicht einmal mehr im Schlaf hin und her wälzen konnte.
Seitdem trug Moray die vier unbenutzten Portionen bei sich, weil er ebenso blind wie unumstößlich daran glaubte, ihrer magischen Kräfte eines Tages selbst zu bedürfen. Zwar wusste er, dass er, sollte er in diese Situation geraten, wahrscheinlich selbst nicht mehr dazu in der Lage sein würde, sie einzunehmen, aber er hatte dennoch niemandem von ihrer Existenz erzählt, weil er vermutete, dass sie so wertvoll waren, dass ihr Besitz gefährlich war.
Seine Finger legten sich fester um das Beutelchen, doch er zögerte, die Naht zu lösen, die es an Ort und Stelle hielt. Obwohl er gesehen hatte, wie viel Gutes das Mittel bewirken konnte, hatte er Angst, seinen Freund Sinclair zu gefährden, indem er ihn zwang, etwas zu trinken, das giftig sein konnte. Und selbst wenn das weiße Pulver Sinclair half, würde es endgültig verhindern, dass sie heute noch weiterkamen, denn es würde Sinclair in stundenlangen Tiefschlaf versetzen.
Doch Sinclair litt offensichtlich Höllenqualen.
Langsam und nach wie vor zögernd löste er das kleine Päckchen aus seinem Versteck und öffnete es. Sein Blick fiel auf die vier einzeln mit feinem weißem Musselin verpackten Portionen in seinem Inneren. Erregung stieg in ihm auf, als er dann ein Päckchen davon öffnete, es in seinen Trinkbecher schüttete und mit etwas Wasser vermischte. Dann hob er Sinclairs Kopf und half ihm, den Inhalt des Bechers zu schlucken, ohne einen Tropfen zu verschütten.
Dann lagerte er den Freund so bequem wie möglich und hockte sich neben ihn. Innerhalb weniger Minuten schlief Sinclair tief und fest, und schon hatte Moray das Gefühl, dass er regelmäßiger und kräftiger atmete. Da ihm dies bekannt vorkam, empfand er Dankbarkeit, fragte sich aber gleichzeitig mit einem ironischen Grinsen, was nun aus ihnen werden sollte. Sie waren völlig hilflos, konnten sich nicht weiterbewegen, und allmählich ging ihnen das Wasser aus – und er wusste ja, dass mindestens eine der Sarazenenpatrouillen an diesen Ort zurückkehren würde, um den toten Kameraden abzuholen.
Bei diesem Gedanken fiel Moray das Gestell wieder ein, auf dem man den Toten in der Wüste meilenweit hinter einem Pferd hergezogen hatte. Diese Idee erfüllte ihn mit neuer Kraft, und er begab sich gebückt in das Licht des späten Nachmittags hinaus. Sehr vorsichtig hob er den Kopf über den Rand des Wadis, das ihnen Zuflucht bot. Er machte keine Bewegung, die ihn hätte verraten können, bis er sich sicher war, dass er allein war und von niemandem gesucht oder beobachtet wurde.
Die Entfernung zwischen ihrem Unterschlupf und den Felsen, zwischen denen er sich vorhin vor den Sarazenen versteckt hatte, betrug eine Viertelmeile, die er im Eilschritt zurücklegte, weil ihm bewusst war, dass er ein höchst auffälliges Ziel
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