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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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abgab. Er begab sich direkt zu dem Toten und versuchte, ihn von der improvisierten Bahre zu rollen. Doch er musste feststellen, dass die Leichenstarre eingesetzt hatte und es schwierig war, ihn zu bewegen. Dennoch gelang es ihm, und er nahm die Trage an sich. Das Gestell aus verknoteten Speeren fühlte sich stabil an, doch das Gewicht der geflochtenen Lederriemen überraschte ihn. Nachdem er sie kreuzweise über seine Schultern geschlungen hatte, fiel es ihm geradezu lächerlich schwer, sich zu bücken, um seine Armbrust und die Bolzen an sich zu nehmen. Es kostete ihn mehrere Versuche, unter seiner Bürde das Gleichgewicht zu behalten und sich blind nach den Waffen vorzutasten.
    Eine halbe Stunde später hatte er das Gestell zum Flussbett hinübergeschleppt. Es überraschte ihn nicht festzustellen, dass sich Sinclair in der Zwischenzeit nicht geregt zu haben schien. Er beugte sich über den Schlafenden und berührte seine Stirn. Sinclair atmete tief und regelmäßig, und das angestrengte Rasseln und Keuchen hatte aufgehört. Das Wichtigste jedoch war, dass Sinclair nach wie vor tief und fest schlief – denn nach angestrengtem Überlegen hatte Moray nun einen Plan gefasst, den er ausführen zu können glaubte, vorausgesetzt, es gelang ihm irgendwie, Sinclairs gebrochenen Arm zu richten und zu schienen.
    Ihm standen zwei Waffen zur Verfügung: die Armbrust mit sechs Stahlbolzen und der reich verzierte, doppelt geschwungene Bogen mit dem Köcher, der mehr als zwanzig fein gefiederte Pfeile enthielt. Damit stand natürlich fest, dass er die Bolzen zum Schienen benutzen würde.
    Er erhob sich und zog den Leinenmantel, das Kettenhemd und das gepanzerte Beinkleid aus und ließ alles achtlos zu Boden fallen. Dann beugte er sich über seinen Freund, um die Riemen durchzuschneiden, die dessen schweres Kettenhemd am Verrutschen hinderten. Er zog auch Sinclair das Kettenhemd und die Beinkleider aus – fast fünfzig Pfund schweres Stahlgewirk –, denn falls sie den Sarazenen in die Hände fielen, würden ihnen ihre Rüstungen auch nichts mehr nützen. Geschwächt sank er neben Sinclair auf die Knie, um sich seiner nächsten Aufgabe zu widmen: Er musste den gebrochenen Arm richten.
    Vor dieser Aufgabe hatte Lachlan Moray großen Respekt. Er hatte die Prozedur zwar schon einmal mit angesehen, verfluchte sich aber jetzt, weil er nicht besser aufgepasst hatte. Stattdessen hatte er das Gesicht abgewandt, sich vor dem Geräusch des Knochens, der über Knochen schabte, geekelt und inständig gehofft, dass er selbst niemals die Schmerzen erdulden musste, die diese Handgriffe hervorrufen mussten. Dass er sie eines Tages selbst durchführen musste, wäre ihm nie in den Sinn gekommen.
    Großer Gott , Alec , dachte er. Bitte wach nicht auf , bevor ich fertig bin .
    Er holte tief Luft, beugte sich vor und löste die zerbrechliche Schiene, die er gestern aus Pfeilen hergestellt hatte. Er biss die Zähne zusammen, versuchte, nicht über die Konsequenzen seines Tuns nachzudenken, zog an Sinclairs gebrochenem Arm – und spürte das Knirschen der losen Knochenenden, die sich auf den Zug hin bewegten. Als er sich sicher war, dass er den Arm so gerade gerichtet hatte, wie es ihm möglich war, schnitt er einige Stücke von dem geflochtenen Lederseil ab, das an der Speertrage des toten Moslems verknotet war. Er riss die Überreste von Sinclairs Mantel in Streifen und knotete sie unterhalb und oberhalb des Ellbogens an dem verletzten Arm fest – locker, aber doch so, dass sie nicht verrutschten. Dann verwob er die sechs Stahlbolzen vorsichtig mit diesen Schlingen, und als er sie zu seiner Zufriedenheit positioniert hatte, umwickelte er sie so fest, dass sie vom Handgelenk bis zum Bizeps ein festes Stahlgerüst um den verletzten Arm bildeten. Mit zwei längeren Riemen band er den Arm schließlich an Sinclairs Oberkörper fest.
    Er zerrte den Bewusstlosen auf die Trage, die er mitgebracht hatte, und legte ihn so darauf, dass sich sein Gewicht gleichmäßig auf das Ledergeflecht zwischen den beiden Speeren verteilte. Dann verkürzte und verknüpfte er das Geschirr, mit dem die Trage hinter das Pferd gespannt gewesen war, zu einem simplen Netz, das ihn an die Lachsnetze seiner Kindheit in Schottland erinnerte und das Gewicht seiner Last auf seiner Brust und seinen Schultern verteilen würde.
    Als es nichts mehr gab, was er hätte tun können, trank er sparsam aus dem Wasserschlauch und legte sich hin, um die letzte Stunde des Tages zu schlafen. Wenn

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