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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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diesem Fall hat er aber keinen Befehl ausgesprochen. Er hat nach Freiwilligen gerufen. Lasst mich also noch einmal fragen: Warum möchtet Ihr mit ihm reiten?«
    »Weil –«
    André hielt inne, weil ihm bewusst war, dass er auf der Suche nach einer Lüge war, um seine Wünsche zu rechtfertigen. Dann gab er sich lächelnd geschlagen.
    »Weil ich gern wieder einmal ein Pferd zwischen den Beinen spüren würde.«
    »Nach der langen Zeit auf See, meint Ihr.«
    »Aye.«
    »Glaubt Ihr, Ihr seid der Einzige mit diesem Wunsch?«
    »Nein, gewiss –«
    »Ah.«
    Sie hatten das Ruder passiert und schritten nun langsam auf der rechten Seite des Achterdecks entlang. Dabei waren sie sich der wachsamen Augen und der lauschenden Ohren des Wachtpostens am Ruder bewusst und entfernten sich so weit wie möglich von ihm. Erst dann blieb Aquila stehen und wandte sich St. Clair zu, bis sie fast Nase an Nase standen. Er packte André am Handgelenk, sah ihn mit finsterer Miene an und senkte theatralisch die Stimme.
    »Rührt Euch nicht. Wendet Euren Blick nicht von mir ab. Hört mir gut zu. Hört mir zu, so wie uns jedes Ohr auf diesem Schiff zuhört! Nehmen wir einmal an, ich gestatte Euch, Euren Lehnsherrn zu begleiten. Ihr würdet vielleicht fünf Meilen weit reiten, wenn sich denn ein Tier findet, das nach einem Monat auf See in der Lage ist, eine solche Entfernung zurückzulegen. Dann würdet Ihr vielleicht auf diesen zypriotischen Kaiser und seine Armee von Narren treffen und mit ihnen kämpfen. Doch es ist denkbar, dass Ihr auf einem alles andere als gesunden Pferd in schwierigem Gelände gegen Männer kämpft, deren Fähigkeiten zwar lachhaft sind, die aber dennoch einen Zufallstreffer landen könnten. Stellt Euch einmal vor, einer dieser unfähigen Kämpfer hätte das Glück, Euch zufällig umzubringen.«
    Er hielt inne und ließ seine Worte wirken, ohne den Blick von Andrés Augen abzuwenden.
    »Das habt Ihr dann davon«, fuhr er fort, und seine Stimme war kaum mehr als ein durchdringendes Flüstern.
    »Sir André St. Clair, umgekommen auf unbekanntem Grund und Boden, mitten im Nichts, ohne etwas erreicht zu haben, und alles, was Ihr im vergangenen Jahr durchgemacht habt, ist null und nichtig, verschwendete Zeit und Mühe. Und nicht nur Eure eigene Zeit und Mühe, sondern auch die all derer, die Euch während dieser Zeit auf Eure Aufgabe in Outremer vorbereitet haben.«
    Er hielt inne, während zunächst Verwirrung und dann Begreifen in Andrés Blick aufkeimten. Dann zog er eine Augenbraue hoch und nickte bestätigend.
    »Wir Befehlshaber hier an Bord haben schon lange vor Richards Ruf nach Freiwilligen beschlossen, dass die Angelegenheiten des Tempels stets Vorrang vor denen eines bloßen Königs haben müssen«, fuhr er jetzt lauter fort. »Unsere Aufgabe und unsere erklärte Pflicht ist es, das Heilige Land lebend zu erreichen und dort die Kraft und das Blut zu ersetzen, das unser heiliger Orden in den Schlachten der letzten Jahre gelassen hat. Unsere Reserven dort sind ernstlich geschwunden, sodass unser Fortbestand gefährdet ist. Wir können es uns nicht leisten, auch nur das Leben eines einzigen Mannes zu riskieren oder gar zu verlieren, bevor wir Saladin und seinen Horden überhaupt von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen. Das Schicksal der ganzen Christenheit könnte im Lande Christi von jedem Einzelnen von uns abhängen, vielleicht sogar von einem von uns … Und wer will sagen, wer dieser eine sein könnte?«
    Sein Blick hielt André in seinem Bann.
    »Also bleiben wir an Bord unserer Schiffe und halten uns unter unsresgleichen, wenn wir an Land gehen. Wir sorgen dafür, dass uns nichts zustößt, und vermeiden es, in bedeutungslose, von Stolz diktierte Streitereien verwickelt zu werden, bei denen gute Männer sinnlos umkommen könnten. Versteht Ihr mich?«
    Vor allem verstand André, dass er erneut und unerwartet auf ein Mitglied des Ordens von Sion gestoßen war, dem sein geheimer Auftrag in Outremer bekannt war. Auch hatte er Aquilas Worte haargenau verstanden, und natürlich sah er die Begründung ein, mit der ihm der Mann seine Bitte verweigerte. Er kam sich töricht und selbstsüchtig vor.
    Das Wortgeklingel über das Schicksal der Christenheit, das von den Templern abhing, war nur für die Ohren jener bestimmt, die ihr Gespräch womöglich mithörten. Die eigentliche Botschaft für André war gewesen, dass er von den Brüdern in Sion unablässig beobachtet und bewacht und notfalls vor sich selbst geschützt

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