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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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schon bald nur noch Augen für ihr Lächeln, ihre glatte Haut und ihr makelloses Gesicht gehabt.
    Das Gleiche galt für Königin Joanna. Er sah keinen Vertrauensbruch in der Vorstellung, sie – mit ihrem Einverständnis – in den Armen zu halten. Diese Frau war Witwe, doch sie war alles andere als alt, und sie war niemandem Rede und Antwort für ihr Handeln schuldig.
    Plötzlich wurde ihm bewusst, dass ihn seine Gedanken erregten, und er richtete sich gerade auf und schüttelte den Kopf, als wollte er seine Gedanken abschütteln wie ein Hund die Wassertropfen in seinem Fell.
    Ihm war es bestimmt, ein Tempelritter zu werden, und ganz gleich, wie wenig er selbst mit dieser Entscheidung zu tun hatte, so bestimmte sie doch sein Tun, und seine Ehre stand auf dem Spiel. Zwei der Gelübde, die er bei der Aufnahme in den Orden ablegen musste, waren nur Varianten der Gelübde, die er bereits im Orden von Sion abgelegt hatte: absoluter Gehorsam gegenüber seinen Vorgesetzten und der Verzicht auf persönlichen Besitz. Nur das dritte Gelübde – das Keuschheitsgelübde – war ihm völlig neu, und es bereitete ihm das meiste Kopfzerbrechen.
    Nie wäre es ihm in den Sinn gekommen, freiwillig einen solchen Eid abzulegen. Doch wenn man ihn dazu zwang, würde er ihn befolgen. Und diese Tatsache verwies seine Fantasien über die Frauen des Königs ins Reich des Undenkbaren.
    Mit großer Anstrengung verbannte er diese Gedanken nun aus seinem Kopf und schritt auf den Hafen zu, um sich in sein Quartier an Bord zu begeben.

6
    D
    ER MORGEN DÄMMERTE grau und drückend, und eine dichte Wolkendecke überzog den Himmel, doch die beiden Königinnen fanden sich zur vereinbarten Stunde in den Stallungen ein. Jede von ihnen wurde nur von einem einzelnen Jäger begleitet, und wie Richard versprochen hatte, trugen sie angemessene Kleidung für den bevorstehenden Tag und waren kaum von den Männern zu unterscheiden. Zu dieser frühen Morgenstunde verhielten sie sich auch genau wie die Männer, die sich schweigend und ausdruckslos bewegten und sich jede Ansprache verbaten, solange sie den Schlaf noch nicht ganz vertrieben und sich auf den neuen Tag eingestellt hatten.
    André beobachtete missmutig, wie sie ihr Sattelzeug überprüften, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, und er musste ihre Konzentration und ihr Geschick widerstrebend bewundern. Selbst Berengarias weibliche Fülle war an diesem Morgen unsichtbar, verbannt mit dem Putz, den Rüschen und Schleiern und den langen Gewändern, die sie trugen, wenn sie einfach nur Frauen waren. Heute Morgen waren sie Aristokraten, gebieterisch und selbstbewusst, zur Jagd geboren und wie zu Hause in ihren schweren, kniehohen Stiefeln, ihren Lederhosen und -hemden und den schlichten Umhängen aus dicker, gewachster Wolle, die sie von Kopf bis Fuß einhüllten.
    Jede von ihnen trug einen Köcher mit Pfeilen und einen kurzen, schweren Jagdbogen kreuzweise über die Schultern geschlungen. Ihre Begleiter trugen ihre Speere und sonstigen Waffen.
    Der vierrädrige Wagen, den André am Vorabend auf Anweisung des Königs requiriert hatte, stand hinter zwei kräftige Arbeitspferde gespannt neben dem Stall am Straßenrand. Das Wagenbett war durch ein rundes Dach aus gegerbtem Leder geschützt und mit fest zusammengerollten Zelten aus Leder und schwerem Tuch sowie mit zahlreichen Bündeln beladen, die wahrscheinlich die Decken enthielten, die André angefordert hatte. Außerdem befanden sich mehrere Truhen im Wagen, von denen André vermutete, dass sie für den Notfall persönliche Gegenstände der Frauen enthielten. Der Wagen wurde von drei Männern aus Joannas Gefolge gefahren, darunter ihr langjähriger Steward Ianni, ein finster blickender Sizilianer. Wahrscheinlich war es seine Idee gewesen, die Truhen mitzunehmen.
    Daneben stand ein weiterer, größerer Wagen, vor den vier Pferde gespannt waren und der mit Metzgern und einem Koch bemannt war. Diese würden sich um die Jagdbeute kümmern, die Tiere abhäuten, säubern und zerlegen und nötigenfalls auch braten.
    Zunächst würden die Jäger bis zur Grenze eines eingezäunten Waldstücks reiten, das für Isaacs persönlichen Gebrauch reserviert war, eine Strecke von etwas weniger als drei Meilen. Von dort würden sie sich entweder zu Fuß oder zu Pferd weiterbewegen, je nachdem, was für Bedingungen sie antrafen. Ihre Jagdbeute konnte von Hasen und Rotwild bis hin zu Hirschen, Wildschweinen und sogar Bären reichen.
    André trat auf Sylvester, den Jagdmeister

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