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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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zu, der abseits stand und den Blick ein letztes Mal prüfend über die Mitglieder der Jagdgesellschaft schweifen ließ, um die Einzelheiten auf der Liste durchzugehen, die er nach jahrelanger Erfahrung mit derartigen Unternehmungen stets im Kopf trug.
    »Fertig?«, fragte André, und der Jäger nickte wortlos. André erwiderte sein Kopfnicken.
    »Nun gut. Dann brechen wir auf. Glaubt Ihr, es wird heftig regnen?«
    Sylvester ging auf die breite Stalltür zu, und während ihm André folgte, dachte er, dass dem Mann zu Recht der Ruf anhaftete, sehr wortkarg zu sein. Doch an der Stalltür angelangt, stützte sich Sylvester mit einer Hand an den Türrahmen und beugte sich vor, um zum bleigrauen Himmel aufzublicken.
    »Das Dumme an solchen Wolken«, sagte er leise, »ist, dass man nie sagen kann, was sie vorhaben. Die Wolkendecke ist geschlossen, also ist es kaum wahrscheinlich, dass die Sonne durchkommt … zumindest nicht am Vormittag. Aber sie ist hoch, also glaube ich nicht, dass es im Lauf der nächsten Stunde regnen wird. Es hängt alles davon ab, was die Windgötter tun. Wenn sie auf die richtige Weise blasen, ist es gut möglich, dass wir den ganzen Nachmittag in der Sonne jagen. Wollen sie es anders, könnten wir ebenso gut alle auf dem Heimweg ertrinken.«
    Er sah André an.
    »Ich weiß auch nicht mehr als Ihr. Aber es ist Eure Jagd.«
    André grunzte und blickte hinter sich, um sicherzugehen, dass ihnen niemand zuhörte.
    »Nun, es kam nie in Frage, nicht zu gehen. Der König hat fest darauf beharrt, die Damen heute nicht in seiner Nähe haben zu wollen. Sehen wir also zu, dass wir aufbrechen.«
    »Master St. Clair, habt Ihr etwa vor, unseren Ausflug für heute abzusagen?«
    Es war Joannas Stimme, und sie klang kühl, deutlich und gebieterisch aus den Tiefen des Stalls zu ihnen herüber. André wandte sich um und setzte dabei ein breites Lächeln auf.
    »Nein, Mylady, ich habe nur mit Master Sylvester einen Blick auf das Wetter geworfen. Wir sind bereit, und das Wetter liegt in Gottes Hand, also steigt bitte auf und lasst uns aufbrechen.«
    Kurz darauf klapperten sie über das Pflaster der Straße, die zum Stadttor führte. Der Kern der Jagdgesellschaft bestand aus Joanna, Berengaria und ihren beiden Jägern in Begleitung von André und Sylvester. Hinter ihnen ritt die militärische Eskorte, die das Protokoll verlangte, zwölf gepanzerte Pikeniere, die von einem Sergeanten und einem Standartenträger mit Richards Löwenbanner angeführt wurden. Die beiden Wagen mit den Metzgern und Knechten bildeten die Nachhut.
    Andrés Blick suchte unterwegs unablässig nach Anzeichen für militärische Aktivitäten, doch obwohl er hier und dort Soldaten sah, spürte er doch nichts von der allgemeinen Erregung, die mit groß angelegten Vorbereitungen auf einen Feldzug oder nur auf eine Schlacht einherging, und er kam rasch zu dem Schluss, dass es in den nächsten Stunden keine bedeutenden Entwicklungen geben würde. Also widmete er sich mit seiner ganzen Aufmerksamkeit der Aufgabe, die man ihm zugeteilt hatte.
    Am späten Vormittag war die Jagd in vollem Gange, und beide Frauen hatten André bereits mit ihrem Geschick beeindruckt. Wenige Minuten nach dem Beginn der Jagd waren sie lautlos in einem nebelverhangenen, taunassen Hain unterwegs gewesen, als Joanna plötzlich erstarrte und ihren Begleitern mit einer Handbewegung gebot zu schweigen. André, der gebückt hinter ihr ging, hatte vorsichtig den Kopf gewandt, um einen Blick mit Sylvester zu wechseln, aber auch dessen Miene zeigte deutlich, dass er keine Ahnung hatte, was Joanna wohl erspäht hatte. Doch im selben Moment war ein prachtvoller Hirsch aus einem Gebüsch gesprungen, in dem er nach Futter gesucht hatte, den Kopf von den Jägern abgewandt, jeden Muskel zur Flucht angespannt. Keine vierzig Schritte trennten das Tier von Joanna. André begann, den Schlag seines eigenen Herzens zu hören, während er sich bemühte stillzuhalten. Dann spürte er, wie seine Nase zu kitzeln begann, als müsste er niesen.
    Joanna, die den Bogen in der linken Hand trug, war mit einem Pfeil im Anschlag unterwegs. Nun begann sie, den Bogen unendlich langsam zu heben. Es schien ewig zu dauern, und der Hirsch verharrte reglos halb von ihr abgewandt und prüfte die Witterung. Wieder sah André Sylvester an und stellte fest, dass der Jäger die Stirn sacht gerunzelt und den Blick auf den Boden gerichtet hatte – auf Joannas Füße. Er folgte der Blickrichtung des anderen Mannes und begriff,

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