Die Brueder des Kreuzes
gefangen genommen, und die Sarazenen haben ihn ohne Umschweife geköpft.«
» Sic transit gloria mundi .«
»So könnte man es ausdrücken. Ihr mochtet ihn nicht, oder?«
»De Ridefort?«
Alec Sinclair verzog angewidert den Mund.
»Mochte ihn nicht, habe ihm nicht über den Weg getraut, konnte ihn nicht riechen. Er hat mich im Laufe der Jahre mit seiner selbstgerechten Sturheit und seiner Bigotterie zu viele gute Freunde gekostet. Ihr mögt es mitreißend nennen, aber ich habe es Erpressung und unverbesserliche Idiotie genannt. Der Mann war der Inbegriff eines Tempelebers. Es gab keinen Gedanken in seinem Kopf, der sich nicht um den Tempel gedreht hat, seinen Ruhm, seine Gebote, sein Dogma, seine Bedürfnisse und wann ihm der Tempel das nächste Bad gebot. Das ist ein ausgesprochen beengter Lebensweg.«
Er legte beide Handflächen auf seine Oberschenkel.
»Nun denn. Euch schickt also der Rat. Seit wann gehört Ihr der Bruderschaft schon an?«
»Seit meinem achtzehnten Geburtstag«, erwiderte André.
»Und wann habt Ihr Euch entschlossen, den Templern beizutreten?«
André winkte ab.
»Gar nicht. Diesen Entschluss hat König Richard für mich getroffen.«
»Löwenherz persönlich? Ich bin beeindruckt.«
»Das braucht Ihr nicht zu sein. Er ist mein Lehnsherr. Und auch das ist eine lange Geschichte für ein andermal. Wichtiger ist jetzt, dass ich Depeschen für Euch habe – Neuigkeiten und Anweisungen, wie ich glaube. Sie sind in meinen Satteltaschen; ich gebe sie Euch, wenn Harry zurückkommt.«
»Wisst Ihr, worum es darin geht?«
»Ja und nein. Sie sind vom Rat. Ich hatte viele Depeschen dabei, einige für den Templerkommandeur des Königreichs Jerusalem, die meisten jedoch für Euch. Ich musste Acht geben, sie nicht zu verwechseln, doch die Euren waren auf Arabisch beschriftet. Ich habe einige Zeit damit verbracht, Arabisch zu lernen.«
»Ihr sprecht Arabisch?«
Das Erstaunen in Sinclairs Stimme war all die Mühsal wert, und André gestattete sich ein kleines Lächeln.
»Kaum. Ich verstehe es sehr viel besser, als ich es spreche, doch ich spreche ein wenig … grauenvoll, wie man mir sagt.«
»Und Ihr habt es drüben gelernt?«
»Ja, in Poitiers und Marseille.«
Sofort wechselte Alec Sinclair die Sprache.
»Dann erzählt mir, was Ihr gelernt habt.«
»Eine große Vielfalt an Dingen. Vor allem natürlich den Koran, die Worte Allahs und Seines Propheten, ohne die nichts in der arabischen Welt einen Sinn ergibt. Vieles über die komplizierte islamische Gesellschaft und ihre Elemente. Außerdem bin ich Experte, was die Differenzen zwischen den Sekten der Shi’a und der Sunni betrifft.«
»Das ist erstaunlich.«
Sinclair hatte ihm grinsend zugehört, doch nun war seine Stimme leise und ernst.
»Vetter, ich schwöre, das dürfte das schlimmste Arabisch sein, das ich je gehört habe, selbst aus dem Munde eines Ferenghi und Templers. Doch warum hat man Euch auf die Suche nach mir geschickt? Euch persönlich meine ich, nicht jemand anderen.«
»Weil die Ratsmitglieder wussten, dass wir verwandt sind und uns kennen. Und weil man lange nichts von Euch gehört hatte und man sich Sorgen machte, Ihr könntet tot sein. Man hat mir zu verstehen gegeben, dass Ihr über geheimes Wissen verfügt, das für die Bruderschaft von großer Bedeutung ist und das Ihr über Jahre hinweg zusammengetragen habt. Meine Aufgabe lautete, Euch zu finden und dem Rat dieses Wissen zukommen zu lassen.«
»Wenn das alles war, bestand doch keine Notwendigkeit, Arabisch zu lernen. Was wisst Ihr über die Dinge, die ich zusammengetragen habe?«
»Nicht das Geringste.«
Sinclair sah ihn scharf an, dann wandte er den Blick ab.
»Dann stimmt hier irgendetwas nicht – etwas, das keiner von uns ahnt. Wie groß sind diese Depeschen, die Ihr mir mitgebracht habt? Sind sie schwer? Unhandlich?«
»Dafür, dass es nur Schriftstücke sind, sind sie schwer. Sie befinden sich in zwei prall gefüllten Ledertaschen.«
»Aha. Und was solltet Ihr im Fall meines Todes damit tun?«
»Sie lesen und versuchen, Eure Aufgabe zu vollenden.«
»Aber dann hättet Ihr ja ganz von vorn beginnen müssen. Und ich war seit Jahren damit beschäftigt. Trotz Eurer Arabischkenntnisse hättet Ihr nicht das Geringste tun können.«
»Vielleicht, aber ich hatte – habe – eine Liste mit den Namen von drei Männern, mit denen Ihr in Verbindung gestanden habt. Ich sollte sie aufsuchen und versuchen, Eure Spur zurückzuverfolgen und hoffentlich die Berichte
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