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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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übergetreten?«
    Die Frage war halb scherzhaft gemeint, doch er setzte dennoch eine bestürzte Miene auf, und Alec lächelte.
    »Nein, das bin ich nicht … nicht ganz. Was ich getan habe, war allerdings genauso verdammenswürdig. Ich habe Teile meiner Gefangenschaft sehr genossen.«
    André warf einen Seitenblick auf Harry, als wollte er sichergehen, dass sie beide dasselbe hörten.
    »Ihr habt sie genossen? Die Gefangenschaft?«
    » Teile davon.«
    »Und welche Teile?«
    »Zum einen die Menschen, die einfachen Dorfbewohner, Frauen, Kinder und alte Männer. Falls wir Franken überhaupt je einen Gedanken an sie verschwenden – was ja selten vorkommt, weil die Männer, die Krieger unsere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen –, stellen wir sie uns als Nomaden vor, als Wanderer ohne feste Heimat. Doch sie sind nicht alle Nomaden. Das Dorf, in dem ich festgehalten wurde, war auf seine Weise sehr wohlhabend, und der Stamm lebte schon seit der Zeit des Großvaters des jetzigen Emirs dort. Sie züchten Ziegen und bauen genügend Getreide an, um sich zu ernährend und etwas zum Tauschen übrig zu haben. Doch ihr Dorf stand über einer unterirdischen Wasserquelle, und es gab dort viele Dattelpalmen, die der eigentliche Grund für ihre Sesshaftigkeit und ihr Vermögen waren. Als ich mich erst einmal damit abgefunden hatte, dass ich dort bleiben musste, sind sie mir ans Herz gewachsen. Ich konnte Ihre Sprache verstehen und sprechen, auch wenn sie nichts davon wussten, doch es hat mir sehr dabei geholfen, ihren Charakter und ihre Lebensweise zu verstehen.«
    Als Gefangenen, so fuhr Sinclair fort, hatten sie ihn natürlich für sich arbeiten lassen – Sklavenarbeit, bei der sie jedoch auch selbst mit Hand angelegt hatten, denn für Faulenzer gab es in einem solchen Dorf keinen Platz. Zunächst hatten sie ihn nicht aus den Augen gelassen und ihn mit Argwohn beobachtet.
    »Vielleicht hatten sie ja auch Angst, ich könnte den Verstand verlieren und sie alle eines Nachts im Schlaf ermorden, während ihre Männer im Krieg waren. Doch mit der Zeit wurde ihnen klar, dass ich hart arbeitete und für niemanden eine Bedrohung darstellte, und sie haben begonnen, mir kleine Freundlichkeiten zu erweisen – eine zusätzliche Schale Suppe oder eine Extraportion Brot oder Hummus. Einer der alten Männer, dem ich einmal freiwillig beim Tragen geholfen hatte, hat mir ein Kopfkissen aus Holz geschnitzt.«
    Mit der Zeit hatte er dann so getan, als lernte er ihre Sprache, indem er bestimmte Wörter laut wiederholt und sich große Mühe gegeben hatte, sie korrekt und zugleich leicht fremdartig klingen zu lassen.
    »Ich weiß noch, dass ich ein schlechtes Gewissen hatte, weil sie sich so über meine Bemühungen und über die Tatsache gefreut haben, dass ich überhaupt versuchte, ihre Sprache zu lernen. Innerhalb weniger Monate konnte ich mich mit ihnen unterhalten. Zuerst musste ich natürlich darauf achten, mich nicht zu verraten, indem ich zu schnell ›lernte‹. Irgendwann wurde ich dann freigelassen und hierher nach Acre gebracht. Und da haben die Schwierigkeiten ihren Anfang genommen.«
    »Inwiefern? Warum? Was habt Ihr getan?«, wollte Harry wissen.
    »Nicht viel. Ich bin noch nie sehr redselig gewesen, also habe ich andere reden lassen und ihnen zugehört. Ich war oft – meistens sogar – anderer Meinung und habe dies laut kundgetan. Und jedes Wort, das ich gesagt habe, ist mir im Mund verdreht und in einen Vorwurf verwandelt worden. Sie haben behauptet, ich hätte mich vom Feind verführen lassen, ich sei ein Freund der Sarazenen, dem man nicht länger trauen könne und den man daher von anständigen Christen isolieren sollte, die sonst womöglich von meinen ketzerischen Gedanken angesteckt werden könnten.«
    »Ketzerisch? So hat man das ausgedrückt?«
    Sinclair brummte angewidert.
    »Natürlich. Allerdings wusste der Dummkopf, der es benutzt hat, gar nicht, was es bedeutet. Er wusste nur, dass die Priester es benutzen, um andere zu beeindrucken und einzuschüchtern. Könnt Ihr lesen, Harry? Könnt Ihr schreiben?«
    Harry schnitt eine Grimasse.
    »Aye, ich kann meinen Namen schreiben, und lesen kann ich ihn ebenfalls. Viel mehr aber auch nicht.«
    »Dann seid Ihr besser dran als die meisten Eurer Kameraden. André kann lesen und schreiben – er konnte es schon als Junge. Doch das ist ungewöhnlich für jemanden, der kein Kirchenmann ist. Die meisten Ritter können nicht lesen – weniger als einer von hundert.«
    Er hielt kurz

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