Die Brueder des Kreuzes
gesattelt, den er Isaac Comnenus gestohlen hatte, und seine vergoldete Prunkrüstung angelegt, über der er Gewänder in Rot, Gold und Königsviolett trug.
Hinter ihm drängte sich sein persönliches Gefolge, etwa dreißig eitle Pfauen und Gecken jeder Façon, zu denen sich wie immer eine Reihe hochdekorierter Ritter und Krieger gesellte, deren Männlichkeit niemand ohne Gefahr für Leib und Leben in Frage stellen konnte.
Etwa fünfzig Schritte hinter ihnen folgte die Phalanx der königlichen Leibgarde in Zwölferreihen, angeführt von einigen Trommlern, die einen regelmäßigen, nicht übermäßig schneilen Schritt vorgaben. Dann folgten die Gefangenen, deren Füße so gefesselt waren, dass sie zwar dahinschlurfen, jedoch nicht schreiten konnten.
Während er ihr Näherkommen beobachtete, fühlte André, wie sich in seiner Magengrube etwas regte, und er spähte zu den Flanken des Tel Keisan hinüber. Er wusste nicht, was er dort zu sehen erwartete, aber irgendetwas verursachte ihm ein dumpfes Gefühl. Doch die Hänge des Hügels schienen völlig menschenleer zu sein. Seine Beklommenheit nahm allerdings zu, denn er wusste, dass das Gegenteil der Fall war. Der Feind war dort. Er ließ sich nur nicht blicken.
Er wandte sich wieder der Kolonne zu und versuchte zu schätzen, wie viele Gefangene es waren. Jede Reihe war vierzehn Mann breit – je zwei Bewacher rechts und links und zehn Gefangene in der Mitte. Er zählte zehn Reihen, bevor ihm der Staub die Sicht versperrte. Eine dichte Wolke, die von den vielen schlurfenden Füßen aufgewirbelt wurde, legte sich über alles, und die Kolonne reichte bis weit in die undurchsichtige Wolke zurück.
Seine bösen Vorahnungen verstärkten sich.
Er sprach seinen Nachbarn an, den Anführer der Blauen Schwadron, einen schweigsamen, humorlosen englischen Ritter.
»Was geht hier vor? Ich bin fünf Wochen auf Patrouille gewesen und erst letzte Nacht zurückgekehrt, deshalb habe ich nichts von den jüngsten Ereignissen mitbekommen. Warum hat man all diese Gefangenen hier hinausgebracht? Habt Ihr denn gar nichts gehört?«
Der Mann sah ihn an und legte den Kopf schief.
»Es sind die Gefangenen aus Acre. Fast dreitausend Mann, die in Acre festgehalten worden sind, damit Saladin sein Versprechen erfüllt, seine eigenen Gefangenen – unsere Männer – freizulassen und uns das Wahre Kreuz zurückzugeben. Das muss es sein. Saladin hat sich in letzter Zeit sehr ruhig verhalten und keine Anstalten gemacht, seine Versprechen einzulösen. Wahrscheinlich trifft er hier mit uns zusammen, um den Gefangenenaustausch durchzuführen.«
»Warum ist dann nichts von ihm zu sehen? Warum sind wir allein hier?«
Der Mann grunzte.
»Wer weiß? Fragt doch Richard. Könige und Sultane tun stets, was sie wollen. Mich fragen sie normalerweise nicht um Rat.«
Über eine halbe Stunde wand sich die Kolonne auf die Front zu. Selbst die Veteranen der beiden Mönchsorden schlossen sich dem allgemeinen Jubel an, der die Ankunft des englischen Königs begrüßte. Richard war bei bester Gesundheit. Von seinem Kampf gegen den Skorbut war nichts mehr zu sehen, und er winkte den Umstehenden lächelnd zu.
Als er die Front erreichte, zog er sein prächtiges Schwert und hob es über seinen Kopf. Die Front öffnete sich vor ihm, um ihn und sein Gefolge durchzulassen. Bei diesem Anblick machte sich Unruhe breit, denn mit jedem Schritt führte Richard die Gefangenen nun näher auf die Freiheit zu. Doch nichts geschah. Auch die Kolonne der Gefangenen löste auf den Hängen des Tel Keisan keine Reaktion aus, und André begann sich zu fragen, wie weit man die Gefangenen gehen lassen würde, bevor man sie anhielt.
Seine unausgesprochene Frage wurde beinahe sofort beantwortet, denn etwa hundert Schritte von ihm entfernt vollzog Richard eine kreisförmige Handbewegung und begab sich mit seinem Gefolge zur Seite, während die Phalanx hinter ihm eine Reihe von Befehlen ausführte, die man im Vorfeld mit ihnen abgesprochen haben musste. Die Wachen hatten auf ebenerdigem Gelände zwischen den beiden Hügeln Halt gemacht und teilten sich nun, um die Gefangenen einzukreisen.
Währenddessen begann der Rest der Wachen, die die Gefangenen flankiert hatten, diese zu Blöcken zu arrangieren, bis die erste Reihe hundert Mann zählte und von neun weiteren Reihen gefolgt wurde. Jeder Mann war in alle Richtungen durch zwei Schritte Abstand von seinem Nachbarn getrennt. Die Sonne funkelte gnadenlos auf sie nieder, und nirgendwo war
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