Die Brueder des Kreuzes
vorhaben.«
»Der Ort, zu dem wir unterwegs sind, heißt Arsuf. Habt Ihr schon einmal davon gehört?«
»Nein.«
»Nun, es ist ein antiker Hafen etwa fünfundsechzig Meilen südlich von Acre. Und ich meine wirklich antik, nicht einfach nur alt. Die Griechen, die die Ortschaft erbaut haben, nannten sie Appollonia. Es ist eine Stadt mit Mauern, nicht sehr groß, aber leicht zu verteidigen, mit einer Festung auf der landwärts gewandten Seite. Es ist einer der Orte, die Saladin nach Hattin eingenommen hat. Nun hat Richard vor, es zurückzuerobern und als Ausgangspunkt für seinen Angriff auf Jaffa zu benutzen, das wiederum sechs Meilen südlich von Arsuf liegt. Wenn er diese beiden Häfen für seine Transportschiffe benutzen kann, kann er sich landeinwärts wenden. Bis Jerusalem sind es dann noch fünfundfünfzig Meilen.«
»Hmm. Und wo ist Saladins Armee? Noch sind wir ja nicht in der Nähe von Jerusalem, also brauchte er die Stadt nicht zu beschützen.«
»Sie sind hier. Saladin liegt dort vorn in den Hügeln, beinahe in Sichtweite. Er beobachtet unseren Vormarsch und wartet auf den richtigen Zeitpunkt für einen Angriff.«
»Was sind denn das für Hügel? Der hohe dort drüben?«
»Das ist der Berg Carmel.«
»Diesen Namen habe ich schon einmal gehört. Liegt er in der Nähe unseres Ziels?«
»Aye, direkt daneben.«
»Und Ihr glaubt, Saladin wird uns dort von oben angreifen?«
»Mit Sicherheit, aber er wird nicht abwarten, bis wir den Berg erreichen. Er wird sich mit aller Macht auf uns stürzen, sobald wir die kleinen Hügel erreichen, auf breiter Front, aber in kleinen Angreifergruppen, die uns überall zugleich angreifen und treffen werden, was sie treffen können. Sie werden über uns kommen, so viel Schaden wie möglich anrichten und wieder flüchten, bevor wir so etwas wie einen Gegenangriff starten können.«
»Können wir denn nichts tun, um sie aufzuhalten?«
»Aye, wir können den Schwanz einziehen und nach Acre zurückmarschieren, doch selbst dann gibt es keine Garantie, dass sie uns nicht folgen werden. Also können wir genauso gut weiter vorwärtsdrängen.«
»Schneller, so hoffe ich, als wir uns bis jetzt fortbewegt haben?«
»Nein.« Alec schüttelte den Kopf und schien lächeln zu wollen. »Ich muss zugeben, dass ich Richard in Zeiten wie diesen bewundere … als General meine ich und als Strategen. Dazu besitzt er wirklich Talent. Er ist beherrscht, bewahrt einen kühlen Kopf, und er denkt weit voraus. Seine Strategie, langsam und ohne Strapazen vorzurücken, ist genial. Wer in den kühlen Morgenstunden marschiert und sich an den langen, heißen Nachmittagen ausruht, bleibt im Vollbesitz seiner Kräfte und seines Reaktionsvermögens, ganz gleich, womit uns der Feind konfrontieren mag. Wenn er mit solchen Taktiken fortfährt, sind wir Saladin immer eine Nasenspitze voraus. Uns mögen vier Meilen am Tag geradezu tödlich langsam erscheinen, doch das Fortkommen einer Armee hängt von ihrem langsamsten Glied ab, und in unserem Fall sind das die Belagerungsmaschinen. Ich glaube, dass wir uns glücklich schätzen können, wenn wir mit diesem Ballast auch weiterhin so vorankommen. Und wir können sie nicht zurücklassen, sonst werden sie am Ende noch irgendwann gegen uns eingesetzt. Also ziehen wir beharrlich weiter und widerstehen der Versuchung, den Feind herauszufordern.«
»Seit wann ist denn ein Angriff eine Taktik, die man meiden sollte?«
Alec Sinclair musterte seinen Vetter leicht erstaunt, doch es lag nicht der geringste Hauch von Spott in seiner Stimme.
»Seit vor vier Jahren Gerard de Rideforts Angriff in Hattin zur Vernichtung der Templer geführt hat. Seit er einen Monat vorher hundertsechzig Templer und ein Häuflein Hospitalritter verloren hat, weil er sie in Cresson gegen tausend sarazenische Reiter geführt hat. Und seit ebenfalls in Hattin zwölftausend fränkische Fußsoldaten auf dieselbe Weise den Tod gefunden haben. Jedes Mal, wenn wir uns an einem Angriff gegen diesen Feind versuchen, erleiden wir eine überwältigende Niederlage, weil die Sarazenen genau wissen, wie sie darauf reagieren müssen. De Ridefort ist tot, und seine Taktik ist es ebenfalls. Es gibt keine törichten Angriffe mehr.«
Er hielt plötzlich inne und legte den Kopf schräg.
»Da! Was ist das?«
Die Trompetenfanfare erscholl erneut.
»Verdammt, ich wusste es doch. Man ruft die Offiziere. Ich muss gehen.«
Er rappelte sich auf und warf André den Weinschlauch zu.
»Den könnt Ihr behalten.
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