Die Brueder des Kreuzes
und hatte eine Weile auf sie gewartet, doch dann hatte er ihnen einen Brief zurückgelassen, der unter einem Vogelkäfig mit einer Taube festgeklemmt war. Oben auf dem Käfig lag ein lederner Zylinder mit Dokumenten.
Er schrieb, dass er einen Tag gewartet habe und nicht länger bleiben könne. Die Dokumente seien für den fränkischen Fidai , ein Wort, das die Assassinen für den Anführer des Templerordens benutzten, derzeit also Robert de Sablé.
Schließlich sah André zu, wie Alec eine kleine rote Perle aus seiner Gürteltasche fischte und sie in das kleine Metallröhrchen steckte, das an einem Bein der Taube befestigt war.
»Ich bin der Einzige, der rote Perlen benutzt. Ich habe immer einige dabei. Wir lassen die Taube frei, und sie wird heimfliegen. Sobald Ibrahim sie sieht, wird er wissen, dass ich seine Nachricht wohlbehalten abgeholt habe.«
Sobald sie die Höhle verlassen hatten, ließ er die Taube frei und sah ihr nach, bis sie verschwand.
»Und nun auf nach Acre, und wenn Gott will, marschieren wir morgen mit Richard nach Jerusalem und beginnen das Werk, die Bruderschaft in Outremer wieder erstarken zu lassen. Reitet voran, Vetter.«
4
A
M FOLGENDEN TAG wurde St. Clair prompt erneut an alles erinnert, was sein Vetter über Keuschheit und Askese gesagt hatte. Kurz vor dem Aufbruch der Armee sah er sich plötzlich Joanna Plantagenet gegenüber.
Die Armee war schon seit Stunden wach. Es war noch dunkel gewesen, als die Trompeten und Glocken der königlichen Herolde die Männer aus dem Schlaf gerissen hatten, damit sie mit den Vorbereitungen für diesen Tag begannen, der ein langer, ermüdender Tag werden sollte. Es war Sonntag, der vierundzwanzigste August, das Fest des heiligen Bartholomäus.
Man hatte an diesem Tag auf das Morgengebet verzichtet, doch kurz vor Tagesanbruch wurden überall heilige Messen gefeiert, und Gebetsgesänge hallten durch das ganze Lager, sodass der Eindruck eines gewaltigen, summenden Bienenstocks entstand.
André, der seinen Stahlhelm in der Hand trug und die Befestigung seiner Kettenkapuze gelöst hatte, um seinen Kopf zu entblößen, war von Kongregation zu Kongregation unterwegs, weil er auf der Suche nach Alec war. Schließlich kam er an eine Stelle, an der mehr Fackeln brannten als irgendwo sonst, mehr Weihrauch in der Luft hing und die Kleidung der Zelebranten, darunter nicht weniger als drei Bischöfe, kostbarer war als bei irgendeiner der anderen Messfeiern.
Zu seiner Linken erblickte er eine Ansammlung sauberer weißer Überröcke mit leuchtenden roten Kreuzen und erkannte Sir Robert de Sablé unter ihnen, der im herrlichen weißen, mit schwarzen Kreuzen geschmückten Wollumhang des Großmeisters nicht zu verkennen war. Alec Sinclair stand neben dem Großmeister, und André war schon in seine Richtung unterwegs, als er sah, dass der König auf der anderen Seite neben de Sablé stand und wiederum neben ihm die beiden Königinnen.
Da er aus der falschen Richtung kam, hatte ihn zunächst niemand aus dem Umfeld des Königs gesehen, doch sein abruptes Anhalten fiel Joanna ins Auge, und sie wandte den Kopf und sah ihn direkt an. André blieb nicht einmal genug Zeit, um den Kopf zu senken, und so senkte er stattdessen den Blick und hoffte, dass sie ihn in der Masse der Gesichter nicht wahrnehmen würde. Doch als er nach einigen Sekunden wieder aufsah, waren ihre Augen immer noch auf ihn gerichtet, und ihre Stirn war leicht gerunzelt. Er zwang sich, nicht zu reagieren, und redete sich stattdessen eine ganze Litanei von Gründen ein, warum nicht zu erwarten war, dass sie ihn erkennen würde: Sie hatte ihn noch nie in der Uniform der Templer gesehen, und bei ihrer letzten Begegnung war er glattrasiert gewesen und hatte das Haar lang getragen, wie es sich für einen Novizen ziemte. Jetzt dagegen trug er die Haare kurz, und er hatte einen dichten Vollbart. Nein, er glaubte nicht, dass sie ihn erkennen würde. Wieder hob er langsam die Lieder und stellte erleichtert fest, dass ihr stirnrunzelnder Blick nicht länger ihm galt, sondern über die Umstehenden hinwegschweifte. Schließlich wandte sie sich wieder dem Altar zu, und er beschloss, sich besser zu entfernen und auf Alec zu warten.
Dennoch ging er nicht sofort. Da er jetzt überzeugt war, dass Joanna ihn nicht erkannt hatte, stellte er sich auf einen flachen Stein und betrachtete die beiden Königinnen nach Herzenslust. Keine der beiden schien unter dem Leben in einem Militärlager zu leiden. Vor allem Berengaria
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