Die Brueder des Kreuzes
zu werden.
»Alec«, zischte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Alec, könnt Ihr mich hören?«
Er bekam keine Antwort und wusste, dass sein Vetter vor Schmerzen in Ohnmacht gefallen war. Er holte tief Luft, atmete heftig aus, holte noch einmal Luft, so tief er konnte, dann richtete er sich auf, hob Alec hoch, so weit er konnte, und trat dann vorsichtig zwei Schritte zurück.
André legte den Bewusstlosen flach auf den Boden und zog seinen Dolch, um die Verschlüsse von Rüstung und Kettenhemd aufzutrennen. Dankbar dafür, dass sein Vetter nichts spüren konnte, nahm er wenig Rücksicht und entfernte Kettenhemd, Polster und Kleidung, bis er nackte Haut sehen konnte, aus der langsam Blut quoll.
Die Waffe, die die Rüstung durchbohrt hatte, war massiv und scharf gewesen. André vermutete, dass es eine Streitaxt gewesen war, denn der Hieb hatte Brustharnisch und Kettenhemd mit solcher Gewalt durchtrennt, dass sich mehrere Metallstückchen in die Wunde gebohrt hatten. André betete, dass die Wunde nicht tödlich war, doch er vermutete, dass sein Vetter mehrere Rippen gebrochen hatte. Welche inneren Verletzungen sein Vetter erlitten hatte, konnte er natürlich nicht sagen.
Als er glaubte, nichts mehr tun zu können, erhob er sich, um nach den Hospitalrittern Ausschau zu halten, doch noch war keiner von ihnen in Sicht, und so kniete er sich wieder neben seinen Vetter, der jetzt wieder bei Bewusstsein war. Alec packte ihn am Unterarm und drückte fest zu.
»Guter Gott, das hat weh getan, Vetter. Bin ich in Ohnmacht gefallen? Das muss ich wohl. Habe ich recht gehabt? Hat Ibn unter mir gelegen?«
André St. Clair schüttelte den Kopf.
»Ich weiß es nicht, Alec. Ich hatte noch keine Zeit nachzusehen. Unter Euch hatte ein Sarazene gelegen, aber woher soll ich wissen, wer er ist?«
»Er hat ein Amulett um den Hals, an einer Silberkette. Es ist grün … die Lieblingsfarbe des Propheten. Hat er ein Amulett? Bitte, seht nach.«
André musste einige Sekunden suchen, bevor er das Amulett am Hals des Mannes fand. Dann kniete er wieder neben Sinclair.
»Aye«, murmelte er. »Ein geschnitztes grünes Amulett an einer schweren Silberkette.«
»Jade, Vetter, es nennt sich Jade. Lebt er noch?«
»Nein. Ich habe gründlich gesucht und keinen Puls gefunden. Euer Freund ist tot. Was ist hier geschehen?«
Im ersten Moment sah es so aus, als wollte Sinclair tatsächlich lachen, doch dann hielt er die Luft an und stöhnte auf, weil ihn der Schmerz erneut überwältigte. André spürte, wie seine Umklammerung fester wurde und dann wieder nachließ, immer noch fest, aber nicht länger panisch.
»Ich habe ihn hier gesehen, als wir unseren Ausfall unternommen haben. Konnte es kaum glauben.«
Er hielt keuchend inne, und André wartete ab.
»Da stand er auf einmal vor mir. Hatte eine Verletzung an der Stirn und musste sich mit dem Handrücken das Blut abwischen. Sein Pferd hat tot neben ihm gelegen …«
Wieder eine gequälte Pause, dann fuhr er fort.
»Er hatte gerade noch ein halbes Dutzend seiner Leibwächter um sich, und genau als ich ihn erkannt habe, kam einer unserer Ritter auf ihn zugestürzt, um ihn zu töten. Doch er war unvorsichtig, und einer der Leibwächter hat ihn mit einem Säbelhieb geköpft. Und dann kamen wieder zwei oder drei unserer Ritter, um Ibn den Garaus zu machen. Er war nicht als Emir zu erkennen, doch er hatte diese besondere Haltung an si–«
Der Hustenanfall überraschte ihn, und eine Weile hielt André Sinclair fest, während sich sein ganzer Körper vor Schmerzen krümmte und von Hustenkrämpfen geschüttelt wurde. Plötzlich quoll ihm das Blut aus dem Mund. Als der Anfall vorüber war, legte ihn André erneut auf den Boden.
»Wartet hier, Alec. Die Hospitalritter sind ganz in der Nähe. Ich hole einen von ihnen her.«
Doch Alec hielt ihn am Handgelenk fest und ließ ihn nicht gehen. Alec spuckte das Blut aus, dann sprach er weiter. Seine Stimme klang zwar noch kräftig, doch sie rasselte jetzt.
»Macht Euch keine Gedanken wegen der Hospitalritter, Vetter. Sie können mir nicht mehr helfen. Ich bin erledigt. Nun hört mir zu. Hört Ihr mir zu?«
André nickte wortlos, und Sinclair fuhr fort.
»Die Leute werden vielleicht über mich reden … über das, was ich getan habe … und sie werden versuchen, mir Schande anzuhängen. Vielleicht war es ja auch schändlich, ich weiß es nicht mehr. Ich habe es gewiss nicht mit Absicht getan … wusste gar nicht, dass ich zu so etwas in der Lage bin.
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