Die Brueder des Kreuzes
weil er sie vor sechzehn Jahren ins Gefängnis gesperrt hat.«
Richards Kopf fuhr zurück, und er sah seinen alten Mentor entsetzt an. Dann zog sich ein Grinsen über sein Gesicht, und er lachte schallend auf.
»Bei Gott, da habt Ihr recht. Das hat wahrscheinlich viel damit zu tun, dass sie beide noch leben.«
»Wie geht es Eurer Mutter denn?«
»Bestens, wie ich von meinen Leuten in England höre. Aber eines nicht allzu fernen Tages wird sie ihre Freiheit zurückerlangen und wahrscheinlich gefährlicher und unberechenbarer werden als je zuvor. Eleanor wird nie damit aufhören, ihre eigenen Pläne zu verfolgen.«
St. Clair neigte den Kopf.
»Dazu kann ich nichts sagen, Mylord, denn wir leben hier sehr ruhig und bekommen nur selten mit, was sich jenseits unserer Tore ereignet. Wir haben nur selten Gäste, und seit dem Tod meiner Frau Amanda vor einem Jahr habe ich nicht mehr viel mit der Welt zu tun gehabt.«
Richard antwortete spontan und energisch – mit Worten, die St. Clair alles andere als gern hörte.
»Dann müsst Ihr eben öfter unter die Leute gehen. Und genau deshalb bin ich hier.«
Nach diesen ominösen Worten verstummte der Herzog. Er knetete ein Brotkügelchen zwischen Daumen und Zeigefinger und starrte nachdenklich in das tosende Kaminfeuer. Als er weitersprach, war Henry von seinen Worten überrascht.
»Ich hatte noch nicht vom Tod Eurer Gemahlin gehört, und ich weiß, wie viel sie Euch bedeutet hat. Das muss Euch schwer getroffen haben, mein Freund, und es erklärt natürlich, warum Ihr nichts davon wisst, was in der Welt vor sich geht. Also wollen wir nicht weiter davon reden.«
Er stand auf, zog sein Lederwams aus und warf es hinter sich, sodass es auf dem Stuhl mit den vom Wetter mitgenommenen Umhängen landete. Sir Henry winkte Ector mit dem Finger und zeigte auf die Kleidungsstücke, und sein Steward nahm sie sofort an sich.
»Eure Schlafkammern müssten bald bereit sein, Herr, und Ihr werdet warm und bequem schlafen. Unterdessen lasse ich Eure Umhänge trocknen und säubern, damit sie bereit sind, wenn Ihr erwacht.«
Richard grunzte und sah zu, wie Ector das Vorzimmer verließ, die Arme mit den beiden schweren Mänteln und dem Wams des Herzogs beladen. Als sich die Türen hinter dem Steward geschlossen hatten, trug er seinen Stuhl vom Tisch zum Feuer hinüber und ließ sich mit ausgestreckten Beinen darauf nieder. Sein rotgoldbärtiges Kinn ruhte auf seiner Brust, seine Unterlippe war nachdenklich vorgeschoben, und seine Finger strichen geistesabwesend über sein persönliches Wappen, den mit Goldfaden gestickten, nach links blickenden Löwen auf blutrotem, schildförmigem Hintergrund, der auf der linken Brust seines Waffenrocks prangte. Die Stille zog sich in die Länge, und als immer klarer wurde, dass der Herzog vorerst nichts mehr zu sagen hatte, räusperte sich St. Clair leise und versuchte, den Hauch von Nervosität zu ignorieren, der in ihm aufstieg, als er jetzt gegen das knisternde Feuer ansprach.
»Ihr hattet angefangen, davon zu sprechen, warum Ihr heute hier seid, Mylord, und davon, dass ich öfter unter die Leute gehen soll. Darf ich genauer nachfragen, was Ihr damit gemeint habt?«
Richard riss so plötzlich die Augen auf, dass man nicht übersehen konnte, dass er im Begriff gewesen war einzunicken. Er räusperte sich nun gleichfalls, setzte sich gerader hin und wandte sich St. Clair zu, der Sablé gegenüber am Tisch saß.
»Aye, das dürft Ihr. Ich brauche Euch, mein Freund. Ich brauche Euch an meiner Seite.«
Henry kämpfte gegen die Bestürzung an, die sich bei diesen Worten in ihm regte. Er setzte eine verständnislose Miene auf und fragte: »Hier, Herr, in Anjou?«
»Nein, verdammt! In Outremer – im Heiligen Land.«
Er funkelte St. Clair an, dann schien ihm wieder einzufallen, dass der ältere Mann nichts von dem wusste, was in der Welt vor sich ging.
»Ich habe in den letzten Monaten in enger Verbindung mit dem neuen Papst Clemens gestanden. Findet Ihr nicht auch, dass wir in letzter Zeit eine ganze Armee von Päpsten hatten? Urban der Dritte, der vorletzten Dezember gestorben ist, dann für zwei kurze Monate bis letzten März Gregor der Zweite und jetzt dieser dritte Clemens, der nach einem knappen Jahr im Amt darauf brennt, diesen neuen Krieg voranzutreiben. Ich vermute, Ihr habt gehört, dass mein Vater letzten Januar versprochen hat, das Königreich Jerusalem und das Heilige Kreuz für Gregor zurückzugewinnen?«
St. Clair schüttelte mit großen
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