Die Brueder des Kreuzes
Vorteil.«
»Warte. Überlege, was du sagst, Junge. Meinst du wirklich, der deutsche Rotbart wird solche Waffen nicht haben?«
»Barbarossa?« André zuckte mit den Schultern. »Vielleicht … wahrscheinlich sogar, wenn ich es recht bedenke, denn er ist der einzige Fürst in der Christenwelt, den das Dekret des Papstes genauso wenig interessiert wie Richard. Doch das beweist nur umso mehr, dass Richard recht hat. Kannst du dir vorstellen, welchen Vorteil die Deutschen gegenüber uns allen hätten, wenn Richard diese Waffen nicht hätte?«
»Hmm«, brummte Henry. »Nun denn, wenn Barbarossa nicht so wichtig ist, willst du mir dann sagen, dass Richard nur daran interessiert ist, hier Überlegenheit zu demonstrieren?«
André blinzelte.
»Verzeihung, aber was heißt ›hier‹? Ich glaube, ich verstehe deine Frage nicht.«
»Hier ist hier «, gab sein Vater ungeduldig zurück, »in der Christenwelt. Meine Frage ist: Was hat Richard in Outremer mit diesen Waffen vor?«
»Nun …« André sah ihn immer noch verständnislos an. »Er wird sie benutzen, gewiss –«
Henry schnitt ihm mit wuterfüllter Stimme das Wort ab.
»Das will ich doch hoffen, dass er sie gewiss benutzen wird, da der Bann ausdrücklich betont, dass es nur verboten ist, sie gegen Christen einzusetzen. Doch der Feind, gegen den wir in Outremer zu Felde ziehen, ist gewiss nicht christlich, und ich weiß, dass er beim letzten Kriegszug fränkischer und christlicher Armeen genau diese Waffen gegen uns eingesetzt hat. Ich bete, dass dein Herzog davon weiß. Und falls dem nicht so sein sollte – was ich mir kaum vorstellen kann –, so werde ich dafür sorgen, dass man ihn darauf aufmerksam macht.«
EINIGE TAGE SPÄTER brach André auf, um wieder zu Sir Robert de Sablé zu stoßen. Er versprach, Ende des Monats zurückzukehren, und die folgenden drei Wochen verstrichen schnell.
Am Morgen des letzten Tages im Juli ritt Sir Henry über seine Ländereien. Er trug eine volle Kettenrüstung nebst Helm und Schild und erfreute sich an dem Gefühl der Jugend, das ihm die harte, entschlossene Arbeit der vergangenen Monate eingebracht hatte. In seiner Rechten trug er eine Lanze, am linken Arm den schlichten, schmucklosen Schild. An seiner Hüfte hing sein Schwert, und der Gürtel, an dem es befestigt war, hielt einen knielangen schwarzen Rock zusammen, der wiederum von seinem Militärumhang mit dem Wappen derer von St. Clair auf dem Rücken und der linken Brust bedeckt wurde.
An diesem Morgen hatte er seinen gesamten Besitz umrundet, eine Strecke von über fünfzehn Meilen, und er war in Hochstimmung, als er nun seinen Pferd die Sporen gab, um es den letzten Hügel hinaufzutreiben, hinter dem sein Haus und die Landstraße in Sicht kommen würden – hatte er doch acht Stunden im Sattel verbracht und hatte den Eindruck, als könnte er weitere acht mit Leichtigkeit bewältigen. Er fühlte sich so gut und so sorglos wie seit Jahren nicht mehr, und er freute sich auf das bevorstehende Wiedersehen mit André.
Sein Pferd galoppierte leichtfüßig den Hang hinauf und dann über den Hügelkamm. Vor dem Abstieg auf der anderen Seite parierte Henry es zum Halten durch und betrachtete die Szenerie, die sich vor ihm entfaltete.
Eine halbe Meile zu seiner Linken stand das Schloss seiner Familie auf einem Felsenhügel, umringt von riesigen Buchen, die ihm den Blick auf eine Flusswindung versperrten. Der hundert Jahre alte, quadratische Burgfried erhob sich aus dem nackten Felsen, umringt und beschützt von hohen, dicken Zinnenmauern, hinter denen in Zeiten der Gefahr all seine Pächter Platz fanden. Die Zugbrücke über den Fluss konnte im Fall eines Angriffs hochgezogen werden und den Burgfried schützen – doch die hohen Buchen zeugten davon, dass es hier keinen Angriff mehr gegeben hatte, seit sie vor fast einem Jahrhundert gepflanzt worden waren. Ein breiter, befestigter Weg verband das Schlosstor mit der Landstraße, die etwa eine Meile weiter östlich an sein Land stieß.
Er wandte sich im Sattel um und blickte nach Süden zurück, weil er hoffte, André von dort kommen zu sehen, doch die Straße war leer. Als er sich wieder umwandte, traf sein Blick zufällig auf die Stelle, an der die Straße im Norden den Kamm eines Hügels überquerte – und er stellte sich abrupt in die Steigbügel, weil er eine Bewegung wahrnahm, wo er keine erwartet hatte.
Drei Männer, von denen er zwei anhand ihrer Schilde und des Federschmucks ihrer Helme als Ritter erkannte,
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