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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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nicht begrüßen? Seid Ihr stumm geworden?«
    »Mylady … Verzeiht mir, Mylady. Ich war so verblüfft. Euer Anblick hat mich geblendet … Ich hatte ja keine Ahnung … Ich … ich wähnte Euch in England.«
    »Hah! Ihr meint im Gefängnis. Nun, dort bin ich auch jahrelang gewesen. Doch jetzt bin ich hier, zu Hause. Doch kommt, begrüßt mich und dann fahrt ein Stück mit mir. Du und du, hinaus mit euch. Sucht euch einen Platz in den anderen Wagen. De Neuville, übernehmt Henrys Pferd. Ihr, Sir, kommt zu mir und erweist mir Eure Ehrerbietung als mein Lehnsmann, und dann erzählt mir, was Ihr in all den Jahren seit unserer letzten Begegnung angestellt habt.«
    Während ihre beiden Zofen gehorsam aus der geöffneten Tür hasteten und dabei ihre ungeordneten Kleider um sich klammerten, trat Sir Henry St. Clair mit offenem Mund vor. Er war immer noch überrumpelt von der Plötzlichkeit, mit der er der Frau gegenüberstand, die einmal die größte Macht in der Christenwelt besessen hatte, Eleanor, Herzogin von Aquitanien, ehemals Königin von Frankreich, später von England.
    Gehorsam stieg er in die Kutsche und nahm wortlos Platz. Dann richtete er den Blick auf die Frau, die ihm gegenübersaß, und wurde einmal mehr von Bewunderung für die kompromisslose Direktheit ergriffen, die sie im Umgang mit ihren Mitmenschen zeigte.
    »Na bitte«, sagte sie, als er saß. »So ist es besser. Ihr könnt den Mund schließen und Euch wieder fassen, Henry, denn wir haben vieles zu bereden, und ich brauche Euch so hellwach und intelligent, wie ich Euch in Erinnerung habe … Apropos, für einen Mann Eures Alters seht Ihr bemerkenswert gut aus. Ihr habt mich früher schon sehr an meinen Heinrich erinnert, und heute seht Ihr nicht viel anders aus. Das muss an Eurer tugendhaften Lebensweise liegen, die sich ja gewiss nicht geändert hat. Schon als junger Mann wart Ihr ja sehr ansehnlich, aber steif und unnachgiebig und sehr altmodisch, was Eure Vorstellungen von Treue betraf. Wie geht es Amanda denn?«
    Endlich fand St. Clair die Sprache wieder.
    »Sie ist tot, Mylady, seit fast zwei Jahren.«
    »Ah, das kann ich Eurem Gesicht ansehen. Fehlt sie Euch noch?«
    »Ja, Mylady. Manchmal unerträglich, aber es wird besser.«
    »Ich weiß. Heinrich liegt kaum unter der Erde, und doch stelle ich fest, dass auch ich schmerzlich um ihn trauere, obwohl ich ihn so lange gehasst habe. Der alte Teufel hat mich sechzehn Jahre in einen Turm gesperrt, könnt Ihr das glauben?«
    Sie prustete, als müsste sie sich das Lachen verkneifen.
    »Oh, sie nennen es Schloss, und es ist durchaus luxuriös, aber Gefängnis ist Gefängnis.«
    Sie zögerte, dann grinste sie.
    »Doch wenn ich ehrlich sein soll, habe ich ihm auch kaum eine andere Wahl gelassen. Er wird mir wirklich fehlen. Über wen soll ich denn ohne ihn in Zukunft spotten?«
    »Dann ist er also wirklich tot, Mylady? Wir haben so viele widersprüchliche Gerüchte gehört, dass wir nicht mehr wussten, was wir glauben sollten.«
    »Oh, er ist tot. Das könnt Ihr mir glauben. Er ist am sechsten Juli in Chinon gestorben – manche sagen, weil Richard ihn zu Tode gequält hat. Das ist absolut nicht wahr; auch dies könnt Ihr mir glauben. Richard ist kein Engel, und er hat stets mit Heinrich im Streit gelegen, doch mein Sohn als Königsmörder und Vatermörder? Das ist unmöglich. Glaubt mir als seiner Mutter.«
    »Das tue ich, Mylady.«
    »Daran habe ich auch nicht gezweifelt. Ach, Henry, wie schön es ist, Euer ehrliches Gesicht zu sehen. Aber Ihr runzelt die Stirn. Warum? Sprecht. Das habt Ihr immer getan, ohne Euch daran zu stören, was ich denken könnte.«
    Ermutigt schüttelte St. Clair den Kopf.
    »Ich habe nur an meine Leute gedacht, Mylady. Ich war schon vor Sonnenaufgang unterwegs, Mylady, und sie werden sich Sorgen machen, wenn ich nicht zurückkehre. Ich habe gedacht, dass ich ihnen ausrichten lassen sollte, wo ich bin. Darf ich fragen, wohin wir unterwegs sind?«
    »Es ist nicht weit, doch Ihr habt natürlich recht, wie immer. Öffnet das Fenster und ruft nach de Neuville.«
    St. Clair verlor keine Zeit. Er zog die Ledervorhänge zurück und beugte sich hinaus. De Neuville, der hinter der Kutsche ritt, trabte herbei, als er Henry sah. Auch Eleanor beugte sich vor.
    »Francis, wie weit ist es noch?«
    »Keine zehn Meilen mehr, Mylady. Die Vorhut sollte inzwischen dort sein und Eure Zelte aufstellen.«
    »Lasst Henrys Leuten ausrichten, dass er aufgehalten wurde, aber bald zurückkehren wird. Ihr

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