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Die Bucht des grünen Mondes

Die Bucht des grünen Mondes

Titel: Die Bucht des grünen Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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geplagt, ob ihre Entscheidung die richtige war, so war sie nun dessen gewiss.
Er darf nicht zurück
.
    Der Schwarm flatterte über sie hinweg ins Sonnenlicht. Sie drehte sich, sah zu, wie sie geblendet taumelten.
    Wie ein Raubtier sprang Ruben sie an. Seine Hand verschloss ihren Mund, seine andere umfasste sie. Erschreckt hätte sie sein sollen, doch sie ließ sich willig auf die Knie nieder. Der warme Rausch, den sie so lieben gelernt hatte, breitete sich in ihrem Körper aus und hüllte sie ein. Ein Tier aus dem Wald war auch sie, da sie es als so natürlich empfand, wie sich alles in ihr nach Ruben sehnte. Jede Sekunde genoss sie, allzu gut wissend, dass es gleich, gleich für eine lange Zeit vorbei sein würde. Er verströmte seinen Atem in ihren Nacken und sich in ihren Leib. Er brüllte. Er drehte sie und warf sich ermattet auf sie.
    Blonde Haarsträhnen strichen über ihre Haut. Die blauschwarze Feder des Tukans, die an seiner Federkette hing, kitzelte ihr Kinn. Sie sah ihn an, dieses schöne wilde Wesen. In seinem Blick las sie den gleichen Schmerz, den sie spürte.
    Sie langte nach den dichten Strähnen hinter seinen knöchern geschmückten Ohren und wollte ihn zu sich herabzwingen. Er hob die Hände, als wolle er sich lösen; doch er packte ihren Kopf und presste die Lippen auf ihre. Seine Zähne gruben sich hinein. Seine Finger bohrten sich in ihre Haut. Sie tat es ebenso. Als wollten sie den Schmerz nutzen, um die Erinnerung an gegenseitige Zärtlichkeiten zu bewahren. Selbst ihrer beider Tränen kamen ihr brennend vor.
    «Sag ihm, dass ich lebe.» Er stemmte sich hoch und zog sie mit sich auf die Füße. «Aber wenn er sich mit mir versöhnen will, muss er zu mir kommen. Im Wald soll er mich sehen, wie ich bin.»
    Sie nickte. Ihr war flau. Nein, schlecht. Sie musste sich an Ruben festhalten. Ihr Entschluss geriet ins Wanken wie sie selbst.
    «Lächle», sagte er. «Lass dein Gold blitzen.»
    «Ach, Ruben.»
    «Wann sehen wir uns wieder? Und wo?»
    «Ich weiß es nicht.»
    «Du bist Yacurona. Du kannst jeden holen, den du dir wünschst. Also rufe mich, und die Geister des Waldes werden es mich wissen lassen.»
    Sie seufzte. Was sollte sie darauf sagen? Also nickte sie nur.
    «Che hayihu, Amely.»
    «Ja», sagte sie. «Ich liebe dich auch. Und das wird sich auch nie ändern.»
    Sie wandte sich von ihm ab und schritt in Richtung der Baustelle.
     
    Der Wald war Gefahr. Doch auch Schutz. Seinen Saum zu verlassen, den Fuß auf den geschändeten, rissigen Boden der Schneise zu setzen, kostete Überwindung. Alles in ihr schrie danach, zurückzulaufen. Sie befahl ihren Füßen, weiterzugehen. Stur sah sie geradeaus, achtete weder auf die Männer, die ihre Arbeit niederlegten und sie wie eine Himmelserscheinung anstarrten, noch auf die schweigende Lokomotive auf ihrem Gleisbett. Nun erst, da sie die unverhohlenen Blicke all dieser scheußlichen Männer über sich ergehen ließ, wurde Amely wieder bewusst, wie sie gekleidet war. Was in den Augen der Yayasacu schicklich war, war in denen der
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schamlos. Jede käufliche Frau in den hintersten Winkeln der schäbigsten Gassen von Manaus hatte mehr am Leib als sie. Wenn das Kilian zu Ohren kam – er wäre außer sich!
    Sie ärgerte sich maßlos über sich selbst.
Kaum bist du zurück in der Zivilisation – und du bist es noch gar nicht –, machst du dich klein und ängstigst dich?
    Die Schultern gestrafft, den Kopf hocherhoben, stieg sie über den Damm. Und ging auf Felipe zu, der eine Hand in die Seite gestemmt hatte und sich mit der anderen den Schweiß vom Gesicht wischte, während er sie anstarrte. Ihn hier zu finden, hatte sie gehasst. Nun war sie doch froh über seine Anwesenheit. Wer sonst sollte ihr Glauben schenken? Ihre Arme zuckten, wollten sich über ihren nur mit dem alten Nachthemdfetzen bedeckten Brüsten schließen. Sie zwang sich zu einer stolzen Haltung, als sie vor ihm stehenblieb.
    «Guten Tag, Senhor da Silva», sagte sie steif und streckte die Hand vor.
    Er ergriff sie und machte einen Diener. «Bom dia, Senhora Wittstock», erwiderte er mit nicht ganz sicherer Stimme. Ein fassungsloses Raunen ging durch die Reihen der Männer.
    «Wie kann es sein …», begann er und schwieg. Es kam sicherlich nicht oft vor, dass einem Mann wie ihm die Worte fehlten. Sein Blick zuckte an ihr hinunter; er zwang ihn wieder aufwärts.
    Amely entzog ihm ihre Hand. «Hätten Sie wohl eine Decke?», bat sie hölzern.
    Nicht weniger nervös rief er einen

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