Die Bücher und das Paradies
Bewegung, die
Jerard bei je dem seiner Besuche in Loisy vollf ührt, zuerst, indem er von Paris aufbricht, um nach einem Tag dorthin
zurückzukehren, dann, indem er aus dem Dorf aufbricht,
um nach einer Waldwanderung über Stock und Stein und
Gewässer dorthin zurückzukehren.
Dieses Im-Kreis-Herumlaufen verdient eine genauere
Untersuchung, die zunächst nur katasterhaft-penibel
anmuten mag, aber sich, glaube ich, lohnt. Ich habe mich
entschlossen, eine Karte jener Gegend zu zeichnen
(Abbildung 2), eher als Hilfe für den Übersetzer denn für
den Leser. Obwohl ich mehrere Karten des Valois vor
Augen hatte, bin ich nicht auf Tüfteleien über Längen- und
Breitengrade eingegangen, sondern habe versucht, einen
Eindruck von den Wechselverhältnissen zwischen Dörfern
und Wäldern zu geben.6 Auf jeden Fall bedenke man, daß
6 In einem Anfall von Genauigkeitsstreben habe ich die Orte auch besucht. Natürlich sind die Straßen nicht mehr dieselben, aber die Wälder gibt es noch und auch viele Teiche (besonders anrührend die von Comelle mit ihren Schwänen und dem Schloß der Königin
Blanche), man kann dem gewundenen Lauf der Thève folgen, der
Grundriß von Ermenonville ist noch mehr oder weniger derselbe
wie damals, mit der Straße über die Launette und den vier Tauben-schlägen, Châalis ist immer noch eindrucksvolle Ruine, und in
Loisy wird einem das Haus gezeigt, in dem Sylvie gewohnt haben könnte. Die größte Gefahr für den romantisch bewegten
Nervalianer ist, daß er zwischen Orry und Mortefontaine auf den Asterix-Park stößt oder in der »Einöde« eine Rekonstruktion des Wilden Westens und der Sahara findet, mit Indianern und
Dromedaren (das französische Disneyland ist nicht weit). Die
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es von Luzarches bis Ermenonville in Luftlinie etwa
zwanzig Kilometer sind, von Ermenonville bis Loisy drei
und von Loisy bis Mortefontaine zwei. In Kapitel 13 heißt
es, daß der Tanz auf der Wiese, wo Jerard zum ersten Mal
Adrienne sah, vor dem Schloß von Orry stattgefunden
habe. Ich identifiziere dagegen die Stätte des ersten und
zweiten Balls von Loisy mit den Teichen unmittelbar
nördlich von Mortefontaine, wo jetzt die Thève beginnt
(die damals offenbar zwischen Loisy und Othys ent-
sprang).
Blickt man beim Lesen auf die Karte, so erscheint einem
der Raum wie ein Stück Kaugummi, das bei jeder
Rückerinnerung seine Form verändert. Es scheint
unmöglich, daß die Postkutsche all die Biegungen macht,
die nötig sind, um Jerard in der Nähe von Loisy
abzusetzen, aber wer weiß, wie damals die Straßen waren.
Der Weg, den Sylvies Bruder in der Nacht von Châalis
nimmt, versetzt die um topographische Nachprüfung
bemühten Kommentatoren in Bestürzung, und sie retten
sich mit der Bemerkung, der junge Mann sei eben
beschwipst gewesen. Mußte man wirklich, wenn man von
Loisy nach Châalis wollte, über Orry fahren und dann den
Wald von Halatte berühren? Oder kamen die beiden gar
nicht aus Loisy? Manchmal hat es den Anschein, als ob
sich Nerval sein eigenes Valois zurechtmacht, dabei
jedoch Überschneidungen mit dem von Labrunie nicht
vermeiden kann. Im Text heißt es, daß Jerards Onkel in
Straße nach Flandern kann man vergessen, denn Gonesse liegt auf der Höhe des Flughafens Charles de Gaulle zwischen Hochhäusern und Raffinerien. Aber hinter Louves kann man anfangen, seinen
Erinnerungen nachzuhängen, und die Nebel sind noch die
gleichen, auch wenn man die Landschaft nur in der Ferne von
einer Autobahn aus sieht.
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Montagny lebte, wir wissen jedoch, daß Labrunies Onkel
in Mortefontaine wohnte. Wenn wir nun die Passage
aufmerksam nachlesen und dabei die Karte verfolgen,
stellen wir fest, daß die Sache – wenn Jerards Onkel in
Montagny lebt – nicht aufgeht, und sehen uns zu der
Annahme gezwungen, daß er in Mortefontaine lebte, es sei
denn, daß – im Valois der Erzählung – Montagny genau
an der Stelle von Mortefontaine liegt.
In Kapitel 5 erzählt Jerard, nach dem Ball habe er Sylvie
und ihren Bruder nach Loisy begleitet und sei dann nach
Montagny »zurückgekehrt«. Es liegt auf der Hand, daß er
nur nach Mortefontaine zurückkehren konnte, zumal er
den Weg durch ein Wäldchen nimmt, das zwischen Loisy
und Saint-S*** liegt (worin sich der Ort Saint-Sulpice
verbirgt, einen Katzensprung von Loisy entfernt); danach
streift er den Rand des Waldes von Ermenonville,
offensichtlich im Südwesten, und am Morgen, nachdem er
geschlafen
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