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Die Bücher und das Paradies

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Titel: Die Bücher und das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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den
    Gedankengang des Erzählers zu verdeutlichen, der ein
    durativer Gang ist: Jerard liebäugelt einen Moment lang
    mit der Idee, die umschwärmte Schauspielerin zu erobern,
    ohne sich jedoch zu entscheiden. Dann plötzlich, und erst

    8 »Journées de lecture«, in Pastiches et mélanges , Paris, Gallimard, 1919, ed. 1958, S. 239, Anm. 1.
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    in diesem Moment, nämlich mit der Rückkehr zum Passe
    simple ( je frémis ), verwirft er die Phantasie definitiv.
    Umgekehrt hieß es in der Fassung von 1853 am Ende
    des zweiten Kapitels: Adrienne repartait , und in der
    Fassung von 1854 steht hier das Passe simple repartit .
    Man lese die Stelle nach. Bisher ist im Imperfekt erzählt
    worden, wie um die Szene ins Zwielicht zu tauchen, und
    erst in diesem Moment geschieht etwas, das nicht zum
    Traum gehört, sondern zur Wirklichkeit, und das ist ein
    punktuelles Geschehen. Tags darauf verschwindet
    Adrienne. Ihre Abreise ist plötzlich und definitiv. Tat-
    sächlich (wenn wir von der undeutlich traumhaften
    Episode in Kapitel 7 absehen) ist es das letzte Mal, daß
    Jerard sie sieht – oder jedenfalls Gelegenheit hat, sich ihr
    zu nähern.
    Im übrigen wird der Leser vom ersten Kapitel an richtig
    eingestimmt, die ersten fünf Absätze enthalten bei ins-
    gesamt 60
    Verbformen 53
    Imperfekte. In diesen fünf
    Absätzen geschieht alles, was beschrieben wird, seit
    langer Zeit jeden Abend. Dann, im sechsten Absatz, heißt
    es: »Un de ceux-la me dit «(»Einer von denen sagte zu mir«), und hier steht das Verb im Passe simple, denn dies
    ist etwas Neues – nämlich die Frage, wegen welcher
    Schauspielerin Jerard jeden Abend ins Theater gehe. Und
    er antwortet ebenfalls mit einem Passe simple: » J’avouai
    un nom« (»Ich gestand einen Namen«). Die nebelhaft
    zerstäubte Zeit verdichtet sich zu einem Punkt, und an
    diesem Punkt beginnt die Geschichte, oder anders gesagt,
    dieser Punkt markiert die Zeit t1, mit der Jerard (der sich in tN daran erinnert) die Geschichte seiner Reise beginnen
    läßt.
    Wie sehr das Imperfekt die Zeit nebelhaft zerstäuben
    kann, sieht man im Kapitel über Châalis. Wer hier
    zweimal im Indikativ Präsens eingreift (einmal, um die
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    Abtei zu beschreiben, und einmal, um uns zu sagen, daß
    der Erzähler sich bei der Rückbesinnung auf diese
    Einzelheiten fragt, ob er das alles wirklich erlebt oder nur
    geträumt hat), ist Nerval – oder Jerard in tN. Alles andere
    geschieht im Imperfekt, außer dort, wo es die Syntax nicht
    zuläßt. Die Analyse der Tempora in diesem Kapitel würde
    zuviel grammatikalische Tüftelei erfordern. Es genügt
    aber, das Kapitel mehrmals zu lesen und auf die Musik
    dieser Tempusformen zu horchen, um zu verstehen,
    warum nicht nur der Leser, sondern auch Nerval selbst
    nicht sicher ist, ob es sich um einen Traum oder eine
    Erinnerung handelt.
    Der Gebrauch des Imperfekts in Sylvie führt uns zurück zu der Unterscheidung zwischen Fabel, Handlungsgang
    und Diskurs. Die Wahl eines Tempus vollzieht sich auf
    der Ebene des Diskurses, aber eine dort hergestellte
    Unbestimmtheit beeinträchtigt unsere Möglichkeit, durch
    den Gang der Handlung die Fabel zu rekonstruieren.
    Daher gelingt es den Interpreten nicht, sich auf eine
    Abfolge der Ereignisse zu einigen, jedenfalls was die
    ersten sieben Kapitel betrifft. Um uns im Wald der
    Tempora zurechtzufinden, nennen wir ersten Tanz den mit Adrienne auf der Wiese vor dem Schloß (vielleicht von
    Orry), zweiten Tanz den des Festes mit dem auffliegenden Schwan (erste Fahrt nach Loisy) und dritten Tanz den, zu welchem Jerard erst am frühen Morgen gelangt, nach der
    Fahrt in der Postkutsche.
    Wann hat nun die Episode der Nacht in Châalis
    stattgefunden? Vor oder nach dem ersten Besuch in Loisy?
    Beachten wir, daß es sich, auch hier wieder, nicht um eine
    klar entscheidbare Frage handelt. Und die unbewußte
    Antwort, die der Leser darauf gibt, ist das, was am meisten
    dazu beiträgt, den Nebeleffekt zu erzeugen.
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    Jemand hat sogar die Hypothese gewagt – was zeigt, wie
    stark dieser Nebeleffekt ist –, daß die Châalis-Episode vor der Szene des Tanzes auf der Wiese stattgefunden habe
    (da es in Kapitel 2 am Ende des fünften Absatzes von
    Adrienne heißt: »wir sollten sie nicht wiedersehen«). Aber
    das kann nicht sein, und zwar aus drei Gründen: erstens,
    weil Jerard Adrienne in Châalis wiedererkennt , während er sie beim Tanz auf der Wiese zum ersten Mal sieht (was im
    dritten Kapitel noch einmal bekräftigt

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