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Die Bücher und das Paradies

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Titel: Die Bücher und das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Verlauf der Zeit, zum Beispiel bei
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    Ausdrücken wie die Linie der Partei, eine häßliche
    Perspektive, in der Mitte der Nacht, er verfolgte den
    Gedankengang Schritt für Schritt, er hat einen üblen Weg
    eingeschlagen – und man sehe sich nur einmal an, wieviel Lakoff und Johnson über diese räumlichen Metaphern
    geschrieben haben.6 Ich denke an substantielle Erschei-
    nungsformen des Ausdrucks, deren Quantität bestimmend
    für die ausgedrückte Räumlichkeit ist. Was ich damit
    sagen will, ist einfach, daß zwischen der bloßen Nennung
    eines lieblichen Tals und seiner Beschreibung auf hundert
    Seiten etwas auf der Inhaltsebene geschehen müßte, daß
    wir, mit anderen Worten, etwas mehr von diesem Tal
    sehen müßten.
    Untersuchen wir nun einige Techniken der verbalen
    Darstellung von Raum.
    1. Denotation
    Dies ist die einfachste, unmittelbarste, mechanischste
    Form, zum Beispiel wenn ausgesagt wird, daß die
    Entfernung zwischen zwei Orten zwanzig Kilometer
    beträgt. Natürlich hat der Adressat die Möglichkeit, mit
    der erhaltenen Information ein Bild zu assoziieren
    (womöglich das eigene Bild als erhitzter Fußgänger, wenn
    die Information eine Gegend ohne öffentliche Transport-
    mittel betrifft), aber man kann nicht sagen, daß die
    Aussage von sich aus etwas tut, um den Adressaten dazu
    zu bringen, sich einen Raum vorzustellen.

    6 George Lakoff/Mark Johnson, Leben in Metaphern: Konstruktion und Gebrauch von Sprachbildern , dt. von Astrid Hildenbrand, Heidelberg, Carl-Auer-Systeme, 1999.
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    2. Minutiöse Beschreibung
    Anders ist es schon, wenn ein Raum in groben Zügen
    beschrieben wird, etwa wenn man von einem Platz sagt, daß rechts eine Kirche und links ein alter Palazzo steht.
    Beachten wir, daß die bloße Erwähnung der jeweiligen
    Lage der beiden Gebäude schon eine ausreichende Angabe
    wäre, um den betreffenden Platz wiedererkennbar zu
    machen, infolgedessen müßte man sagen, daß jede Be-
    schreibung sichtbarer Objekte per se hypotypotisch sei.
    Aber stellen wir uns vor, es gäbe in der Stadt, in der uns
    diese Beschreibung gegeben wird, zwei Plätze mit rechts
    einer Kirche und links einem Palazzo, und schon wäre die
    hypotypotische Kraft der Beschreibung geringer. Es ginge
    also darum, mehr Details zu liefern.
    Damit stehen wir jedoch vor einem Problem der
    Quantität: Wie viele Details müssen es sein? Genug, um
    den Adressaten zu ermutigen, sich ein Bild zusammen-
    zustellen, aber nicht zu viele, da sonst das Bild nicht zu-
    stande kommt. Sehen wir uns die folgende Beschreibung
    der Anlegestelle eines Dampfers in Robbe-Grillets Roman
    Le voyeur an:
    Le bord de pierre – une arète vive, oblique, à l’intersection de deux plans perpendiculaires: la paroi verticale fuyant tout droit vers le quai et la rampe qui rejoint le haut de la digue – se prolonge à son extrémité supérieure, en haut de la digue, par une ligne horizontale fuyant tout droit vers le quai.
    Le quai, rendu plus lointain par l’effet de perspective, émet de part et d’autre de cette ligne principale un faisceau de paralleles qui délimitent, avec une netteté encore accentuée par l’eclairage du matin, une série de plans allongés, alternativement horizontaux et verticaux: le sommet du parapet massif protégeant le passage du coté du large, la paroi intérieure du parapet, la chaussée sur le haut de la digue, le flanc sans garde-fou qui plonge dans l’eau du port.
    Les deux surfaces verticales sont dans l’ombre, les deux autres 238
    sont vivement éclairées par le soleil – le haut du parapet dans toute sa largeur et la chaussée à l’exception d’une étroite bände obscure: l’ombre portée du parapet. Théoriquement on devrait voir encore dans l’eau du port l’image renversée de l’ensemble et, à la surface, toujours dans le même jeu de paralleles, l’ombre portée de la haute paroi verticale qui filerait tout droit vers le quai.

    Der Steinrand – eine scharfe, schräge Kante an der Schnittlinie zweier, einen rechten Winkel bildender Ebenen: der senkrechten, glatt dem Kai zustrebenden Wand und der zur Molenhöhe
    ansteigenden Rampe – geht an seinem oberen Ende, an dem
    Molenrücken, in eine waagerechte, schnurgerade dem Kai
    zustrebende Linie über.
    Der durch die Wirkung der Perspektive ferner weggerückte Kai
    strahlt beiderseits dieser Hauptlinie ein Bündel von Parallelen aus, die, durch das Morgenlicht deutlich hervorgehoben, eine Reihe
    von länglichen, abwechselnd

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