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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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schwirrten um die halb ausgebesserten Stadtmauern und den Turm der Burg, die oben auf dem Hügel von Castillon d’Arbizon thronte.
    «Gott sei mit Euch, Vater», sagte einer der Wachmänner, als er den hochgewachsenen Mönch passieren ließ, doch er sprach Okzitanisch, die Sprache des Südens, und der Mönch verstand ihn nicht. Er lächelte nur vage und schlug das Kreuz, dann hob er den Saum seiner Kutte und ging die steile Hauptstraße entlang, die zur Burg hinaufführte. Ein paar junge Frauen, die ihr Tagwerk beendet hatten, kamen ihm entgegen, und einige kicherten, denn der Mönch war ein gut aussehender Mann, obwohl er leicht hinkte. Er hatte struppiges schwarzes Haar, ein markantes Gesicht und dunkle Augen. Eine Hure stand in der Tür eines Gasthauses und rief ihm etwas zu, was dröhnendes Gelächter bei ein paar Männern hervorrief, die draußen an einem Tisch saßen und tranken. Ein Fleischer trat aus seinem Laden und leerte einen Holzeimer auf die Straße, sodass mit Blut vermischtes Wasser in den Rinnstein spritzte, und über ihm keifte eine Frau, die sich aus dem Fenster gebeugt hatte, um ihre Wäsche an einem langen Stab zum Trocknen aufzuhängen, ihren Nachbarn an. Unten am Ende der Straße wurde das Stadttor geschlossen, und der eiserne Riegel fiel mit einem dumpfen Knall in seine Halterung.
    Der Mönch beachtete nichts von alldem. Er ging zielstrebig auf die Kirche St. Sardos zu, die sich neben die helle Burgmauer duckte, und als er dort angekommen war, kniete er sich vor die Altarstufen, bekreuzigte sich und warf sich dann auf den Steinfliesen nieder. Eine schwarz gekleidete Frau, die am Seitenaltar der heiligen Agnes betete, bekreuzigte sich ihrerseits, aufgeschreckt durch die bedrohliche Gegenwart des Geistlichen, und verließ eilends die Kirche. Der Mönch blieb auf der obersten Altarstufe liegen und wartete.
    Ein Büttel, bekleidet mit dem grau-roten Wappenrock von Castillon d’Arbizon, hatte gesehen, wie der Mönch die Straße hinaufging. Ihm war aufgefallen, dass die Kutte des Dominikaners alt und geflickt, der Geistliche selbst aber jung und kräftig war, und so hatte er sich auf die Suche nach dem obersten Ratsherrn der Stadt gemacht. Der Ratsherr hatte sich den pelzbesetzten Hut auf das graue Haar gedrückt und dem Büttel befohlen, zwei weitere Bewaffnete zu besorgen, während er selbst zu Vater Medous eilte, um ihn und eines seiner zwei Bücher zu holen. Die fünf Männer trafen sich vor der Kirche, und der Ratsherr drängte die Neugierigen zurück, die sich bereits eingefunden hatten. «Es gibt nichts zu sehen», verkündete er wichtigtuerisch.
    Doch das stimmte nicht. Ein Fremder war nach Castillon d’Arbizon gekommen, und jeder Fremde bot schließlich Anlass zu Misstrauen. Also blieben die Leute und schauten zu, wie der Ratsherr seine grau-rote Amtsrobe mit dem Besatz aus Hasenfell anlegte und den drei Bütteln befahl, die Kirchentür zu öffnen.
    Was erwarteten die Leute? Dass ein Teufel aus St. Sardos herausgesprungen kam? Ein riesiges, verkohltes Ungeheuer mit knisternden schwarzen Flügeln, einem gespaltenen Schwanz und einer Rauchwolke im Gefolge? Stattdessen betraten der Pfarrer, der Ratsherr und zwei der Büttel die Kirche, während der dritte Büttel mit dem Amtsstab, der das Stadtwappen trug – einen Falken mit einer Roggengarbe –, die Tür bewachte. Die Menge wartete. Die Frau, die aus der Kirche geflohen war, sagte, der Mönch bete. «Aber er sieht böse aus», fügte sie hinzu. «Wie der Teufel», und hastig bekreuzigte sie sich erneut.
    Als der Pfarrer, der Ratsherr und die beiden Wachen in die Kirche kamen, lag der Dominikaner noch immer bäuchlings vor dem Altar, die Arme seitwärts ausgebreitet, sodass sein Körper ein Kreuz bildete. Er musste die genagelten Stiefel hinter sich gehört haben, aber er rührte sich nicht.
    «Paire?» , sagte der Pfarrer von Castillon d’Arbizon nervös. Er sprach Okzitanisch, und der Mönch antwortete nicht. «Vater?», wiederholte er auf Französisch.
    «Ihr seid Dominikaner?» Der Ratsherr war zu ungeduldig, um die Reaktion auf Vater Medous’ zögerlichen Versuch abzuwarten. «Antwortet mir!» Er sprach ebenfalls Französisch und in einem strengen Tonfall, wie es sich für den obersten Bürger von Castillon d’Arbizon geziemte. «Seid Ihr Dominikaner?»
    Der Mönch betete noch eine Weile, legte die Hände über dem Kopf zusammen und verharrte einen kurzen Moment in dieser Haltung, dann erhob er sich und wandte sich zu den vier

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