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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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lang sah er sehr alt aus. Dann erhob er sich. «Ich kann sogar noch mehr tun», sagte er. «Ich kann Euch etwas zeigen.»
    «Zeigen?», fragte der Graf überrascht und erfreut.
    Der Abbé trat an einen Schrank und nahm eine Hornlaterne heraus. Er entzündete den Docht mit einem Stück Glut aus dem Kamin und führte den aufgeregten Grafen durch einen dunklen Kreuzgang in die Klosterkirche. Unter einer Gipsstatue des heiligen Benedikt brannte eine kleine Kerze, die einzige Dekoration in dem spartanischen Gebäude.
    Planchard nahm einen Schlüssel aus seiner Kutte und ging zu einer schmalen, halb verborgenen Tür in einer Nische neben dem Seitenaltar an der Nordseite der Kirche. Das Schloss sperrte sich, doch schließlich gab es nach, und die Tür öffnete sich knarzend. «Seid vorsichtig», mahnte der Abbé. «Die Stufen sind ausgetreten und sehr schlüpfrig.»
    Mit schwankender Laterne stieg der Abbé eine steile, scharf nach rechts gewundene Steintreppe hinab, die in eine Krypta führte. Zwischen den mächtigen Pfeilern lagerten bis fast hinauf zu der gewölbten Decke Gebeine: Beinknochen, Armknochen und Rippen, gestapelt wie Feuerholz, und dazwischen hohläugige Schädel. «Die Brüder Eures Klosters?», fragte der Graf.
    «Ja. Sie warten auf den geheiligten Tag der Auferstehung.» Planchard ging bis zum hinteren Ende der Krypta und trat geduckt durch einen niedrigen Bogen in eine kleine Kammer, in der sich eine alte Bank und eine Holztruhe mit Eisenbeschlägen befanden. Aus einer Nische holte er ein paar halb abgebrannte Kerzen und zündete sie an, sodass der kleine Raum in flackerndes Licht getaucht war. «Euer Urgroßvater, Gott sei gelobt, hat dieses Haus üppig beschenkt», sagte er und holte einen weiteren Schlüssel hervor. «Es war klein und sehr arm, doch Euer Vorfahre gab uns Land, um Gott für den Untergang des Hauses Vexille zu danken. Dieses Land ist groß genug, um uns zu ernähren, aber wiederum nicht so groß, dass es uns reich macht. Das ist auch gut und richtig so, aber wir besitzen einige wenige Dinge von Wert, und das hier ist sozusagen unsere Schatzkammer.» Er beugte sich über die Truhe, drehte den schweren Schlüssel herum und öffnete den Deckel.
    Im ersten Moment war der Graf enttäuscht, denn er dachte, es sei nichts darin; doch als der Abbé eine der Kerzen darüberhielt, sah der Graf, dass in der Truhe ein angelaufener silberner Hostienteller, ein Lederbeutel und ein Kerzenhalter lagen. Der Abbé deutete auf den Beutel. «Das hier ist ein Geschenk von einem dankbaren Ritter, den wir in unserem Krankensaal geheilt haben. Er schwor, darin befinde sich der Gürtel der heiligen Agnes, aber ich muss gestehen, ich habe den Beutel noch nie geöffnet. Ich entsinne mich, dass ich ihren Gürtel in Basel gesehen habe, aber vielleicht besaß sie ja zwei? Meine Mutter hatte mehrere, aber sie war leider keine Heilige.» Auf die beiden Silbergeräte ging er nicht weiter ein, sondern nahm etwas heraus, das der Graf in der Dunkelheit der Truhe nicht bemerkt hatte. Es war eine kleine Holzkiste, und Planchard stellte sie auf die Bank. «Ihr müsst sie Euch genau ansehen. Sie ist alt, und die Farbe ist verblasst. Eigentlich wundert es mich, dass wir sie noch nicht verbrannt haben, aber aus irgendeinem Grund heben wir sie auf»
    Der Graf setzte sich auf die Bank und nahm die Kiste hoch. Sie war quadratisch und recht flach, gerade groß genug für den Handschuh eines Mannes. Die Scharniere waren rostig, und als er den Deckel öffnete, sah er, dass sie leer war. «Das ist alles?», fragte er enttäuscht.
    «Seht sie Euch genau an», sagte Planchard geduldig.
    Der Graf betrachtete sie erneut. Das Innere der Holzkiste war gelb gestrichen, und diese Farbe war besser erhalten als die an der Außenseite. Dort war sie stark verblichen, doch er konnte erkennen, dass die Kiste einst schwarz gewesen war und ein Wappen auf dem Deckel getragen hatte. Das Wappen war ihm fremd und so alt, dass er kaum Einzelheiten ausmachen konnte, doch es schien einen Löwen oder ein anderes Tier zu zeigen, das aufgerichtet war und etwas in den Klauen hielt. «Ein Greif», sagte der Abbé. «Mit einem Kelch.»
    «Ein Kelch? Ihr meint den Gral?»
    «Das Wappen der Familie Vexille», sagte Planchard, ohne auf die Frage des Grafen einzugehen, «und den Gerüchten zufolge wurde der Kelch erst kurz vor der Zerstörung von Astarac hinzugefügt.»
    «Warum sollten sie einen Kelch hinzufügen?», fragte der Graf, der Erregung in sich aufsteigen

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