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Die Buecherfluesterin

Die Buecherfluesterin

Titel: Die Buecherfluesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anjali Banerjee
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nicht tot, sondern geschieden.«
    Ich seufze. » Manchmal fühle ich mich aber… wie tot.«
    » Findest du diesen Mann nett?«
    » Er nervt. Seit meiner Ankunft habe ich ihn zweimal getroffen… und beide Male wollte er sich mit mir verabreden.«
    Ihre Augen funkeln. » Warum nicht mit dem Strom schwimmen? Sagt man das nicht so?«
    Wieder reibe ich mir die Schläfen. Erschöpfung macht sich in mir breit, und dabei ist der Tag noch jung. » Gut, ich gebe mich geschlagen.«
    » Wir haben nicht viel Zeit. Komm, ich zeige dir den Laden.«
    Rasch erklärt sie mir den Computer und die Kasse. Ich versuche, mir die Tastenkombinationen einzuprägen, bin jedoch etwas abgelenkt.
    » Du übernachtest doch heute hier, oder?«, fragt meine Tante. » Du hast nämlich kein Gepäck dabei.«
    » Ich konnte es ja schlecht über den Strand schleppen«, erwidere ich rasch. » Heute Morgen wollte ich die schönere Strecke nehmen. Ma und Dad bringen mir meine Sachen später.« Ich habe ein schrecklich schlechtes Gewissen, weil ich sie anlüge.
    » Ach so.« Ihre Miene entspannt sich. » Der Himmel weiß, was sonst passieren würde.«
    » Ja, das Haus bekommt schlechte Laune.« Umso mehr Grund, bei meinen Eltern zu wohnen.
    Eine halbe Stunde später habe ich meine Kleider wieder, und wir schleppen die beiden riesigen Koffer meiner Tante die Treppe hinunter und zur Tür hinaus. Inzwischen ist meine Familie eingetroffen und steigt aus dem Auto. Gita im Designer-Trenchcoat und Pumps, Ma und Dad sind konservativer gekleidet. Dad schnappt sich die Koffer der Tante und verstaut sie im Kofferraum.
    Ma schürzt die Lippen. Sie missbilligt die indischen Eskapaden ihrer älteren Schwester. Wenn sie nur den wahren Grund für die Reise meiner Tante wüsste! Die beiden Schwestern sind grundverschieden. Ma, stets beherrscht und kontrolliert. Meine Tante, flüchtig und flatterhaft. Nur ihre strahlenden Augen und das gerundete Kinn verraten, dass sie Geschwister sind. Meine Tante macht einen Schritt auf Ma zu und umarmt sie. Ma lässt es kurz über sich ergehen und weicht dann zurück. » Benimm dich«, sagt sie. » Keine Verrücktheiten.«
    » Ich werde noch verrückter sein als sonst«, antwortet meine Tante augenzwinkernd.
    » Verlier deinen Pass nicht und achte auf Selbstmordattentäter«, fährt Ma fort. Also sind ihre Warnungen nicht nur für mich reserviert, sondern werden freigiebig verteilt.
    » Mach dir nicht ständig Sorgen. Mir passiert schon nichts«, antwortet meine Tante.
    » Hast du alle Geschenke eingepackt?«, fragt Ma.
    » Warum, glaubst du, habe ich zwei Koffer dabei?« Meine Tante deutet auf den Kofferraum. » Schokolade, Shampoo, Kugelschreiber, Kleider, Bücher, Parfüm, Seife.«
    Gita hüpft zitternd vor Kälte auf und ab. » Du wirst dich wundervoll amüsieren, Tante. Viel Spaß. Und vergiss nicht…«
    » Du wirst den schönsten Hochzeitssari von allen bekommen«, erwidert die Tante.
    » Und kurtas und chappals. Ich brauche Kajal und Sandelholzöl und Kurkuma…«
    » Ich bringe dir einen ganzen Basar mit.«
    » Das ist doch ein Wort«, meint Gita.
    Ich bleibe abseits stehen und halte mich von dem Hochzeitswirbel fern. Wenn Gita von den Herzproblemen der Tante wüsste, würde sie nicht solche Forderungen stellen.
    » Habt ihr Bippys Gepäck hier?«, fragt die Tante.
    Ich werfe Ma einen hilfesuchenden Blick zu und halte die Luft an.
    Ma nickt. » Äh, ja… wir bringen es später. Jetzt ist kein Platz im Auto.«
    Ich atme durch.
    » Gut. Sie muss nämlich hier übernachten«, erwidert meine Tante.
    » Komm gesund zurück«, sage ich. » In einem Monat.« Ich umarme sie ein letztes Mal und versuche, mir ihren Geruch nach Pond’s Cold Cream und das pergamentartige Gefühl ihrer Haut einzuprägen.
    Sie tätschelt mir wieder die Wange, bevor sie auf demBeifahrersitz Platz nimmt. Nachdem sie die Türgeschlossen hat, legt Dad ihr den Sicherheitsgurt um.
    Ma und Gita steigen hinten ein. Als Ma mir einen kurzen fragenden Blick zuwirft, zucke ich die Achseln und weiche winkend in Richtung Haus zurück.
    Meine Tante öffnet das Autofenster. » Warte, Bippy. Komm her. Ich habe noch etwas vergessen.«
    Ich laufe zu ihr hinüber. Sie winkt mich heran und flüstert mir ins Ohr: » Denk daran, Spaß zu haben, Bippy!«
    Lächelnd tätschle ich ihr die Schulter. » Einen guten Flug.«
    Dad klopft aufs Lenkrad. » Wir kommen zu spät!«
    » Pass auf dich auf«, raunt meine Tante. » Genieße den Augenblick.«
    Ich mache eine wegwerfende

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