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Die Buecherfluesterin

Die Buecherfluesterin

Titel: Die Buecherfluesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anjali Banerjee
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gehofft, Sie anzutreffen. Sieht aus, als wollten Sie wegfahren.« Er tritt vor und versperrt mir den Weg zur Tür. Er ist unterwegs gewesen. Seinen Kleidern haftet noch ein Hauch frischer Luft und Holzrauch an. Offenbar hat er eine Schwäche für Kapuzenjacken, Cargohosen und Wanderstiefel.
    » Ich schließe gerade den Laden ab.« Ich lasse den Schlüsselbund zwischen uns baumeln. » Ich wohne bei meinen Eltern ein paar Häuser weiter.«
    » Sie haben doch bis acht geöffnet, also noch eine halbe Stunde.«
    » Ich weiß, aber ich muss heute früher zumachen. Könnten Sie morgen wiederkommen? Ich habe es eilig.« Als ich mich an ihm vorbeischieben will, scheint der Koffer plötzlich ein paar Hundert Kilo schwerer geworden zu sein.
    » Und morgen sind Sie wieder hier?«, fragt er. Sein Tonfall klingt besorgt. Er ist von einem blassen Heiligenschein umgeben, der Schein einer Tiffanylampe.
    » Bevor der Laden öffnet.« Die Räder meines Koffers drehen sich zwar inzwischen, doch die Tür ist wie zugeschweißt.
    » Ich versuche, morgen vor der Arbeit hereinzuschauen«, erwidert er. Mühelos öffnet er die Tür und tritt auf die Veranda hinaus. Wie hat er das geschafft? Sein dunkles Haar schimmert im Licht der Verandabeleuchtung.
    Ich zerre den Koffer aus dem Haus und mühe mich mit den Türriegeln ab. » Ich komme noch immer nicht richtig klar damit.« Ich ruckle den Schlüssel hin und her. Drei alte Riegel, drei verschiedene Schlüssel. Endlich habe ich es geschafft, aber als ich mich umdrehe, ist Connor fort. Er steht weder auf der Veranda noch auf dem Gehweg oder auf der Straße, sondern ist wieder verschwunden. Allerdings piepst jetzt mein Mobiltelefon.
    » Mann, ich habe Empfang! Das gibt’s ja gar nicht.« Ich klappe das Telefon auf.
    » Endlich«, sagt meine beste Freundin Carol. » Wo warst du denn? Seit zwei Tagen versuche ich, dich zu erreichen.«
    » In der Wildnis«, antworte ich ihrer weit entfernt klingenden, von Knistern untermalten Stimme. » Die Verbindung kann jeden Moment unterbrochen werden. Normalerweise habe ich hier am Buchladen keinen Empfang.«
    » Hoffentlich kommst du rechtzeitig zurück. Bill Youngerman will das Hoffmann-Konto. Er liegt Scott deshalb in den Ohren und deutet an, dass du unzuverlässig bist.«
    Ich umklammere das Telefon so fest, dass ich beinahe das Metallgehäuse zerdrücke. » Er lügt, ich bin absolut zuverlässig.«
    » Das wissen du und ich, und Scott hat sich noch nicht weichklopfen lassen. Du musst nur eine von deinen üblichen perfekten Präsentationen hinlegen. Bereitest du dich auch vor?«
    » Ich werde heute Abend üben. Außerdem überlege ich, ob ich mich auf die Warteliste setzen und einen früheren Flug nehmen soll.«
    » Du scheinst dich ja prima zu amüsieren.« Ich höre im Hintergrund ihre Kinder schreien. » Ich muss los. Ach, Moment, ich wollte dir noch was erzählen. Don und ich haben gestern Abend einen Babysitter angeheuert und sind ins Andante gegangen. Du weißt schon, der erste Dienstag im Monat und so.«
    » Und?« Meine Haut prickelt. Das Andante ist ein romantisches italienisches Restaurant am Ufer, wo Carol, ihr Mann, Robert und ich an jedem ersten Dienstag des Monats gegessen haben. Ich habe diese Tradition vergessen– oder verdrängt.
    » Du wirst es nicht glauben. Robert war da. Mit dieser Frau.«
    Der Schlüsselbund landet mit einem dumpfen Krach auf der Veranda. Als ich mich bücke, um ihn aufzuheben, zittern meine Finger. Ich stecke die Schlüssel in die Manteltasche. » Ich will das lieber gar nicht hören.«
    » Sie hatte ein trägerloses schwarzes Nichts an. Genauso gut hätte sie nackt sein können, die Schlampe.«
    Das Telefon in meiner Hand bebt. » Carol, ich…«
    » Ich wollte es dir ja nicht sagen, aber Don fand, dass ich es tun sollte. Er ist zu ihnen rübergegangen, um mit ihnen zu reden, und natürlich musste ich mit. Sonst hätte es unhöflich ausgesehen.«
    » Natürlich«, erwidere ich. Meine Lippen fühlen sich taub an. Meine Zähne klappern. Robert macht mich selbst aus der Entfernung noch fertig.
    » Sie haben auf dem Tisch Händchen gehalten, so wie du und Robert früher. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, dass das unser Restaurant ist. Er hätte sie nicht mitbringen sollen.«
    Ich schweige. Vor Schreck hat es mir die Sprache verschlagen.
    » Jasmine? Es tut mir echt leid. Robert hat sich nach dir erkundigt. Er sagte, er müsste mit dir reden, und er könnte dich nicht erreichen. Ich habe ihm erklärt, dass du einen

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