Die Büro-Alltags-Bibel
öffentlich zur Wehr zu setzen, solange man dabei die falschen Nachrichten nur wiederholt. Der Effekt ist, dass sich der Unsinn noch mehr in den Köpfen festsetzt und nach einer gewissen Zeit von allen als wahr erinnert wird. An der Stelle funktioniert unser Gehirn ein bisschen wie das
Google-Cache
: Einmal drin im Netz, kriegt man die Daten kaum noch heraus. Das hat schlicht auch damit zu tun, dass unser Hirn kein »nicht« denken kann: Versuchen Sie doch bitte, jetzt
nicht
an eine Tasse Kaffee zu denken … Klappt nicht, oder? Sie sehen die Tasse erst recht vor Ihrem geistigen Auge. Das ist zwar völlig normal, erklärt aber eben auch, warum zum Beispiel Verteidigungsstrategien, wie sie der ehemalige U S-Präsident Bill Clinton seinerzeit verwendete (»Ich hatte keinen Sex mit dieser Frau!«) völlig sinnlos sind. Hängen bleibt am Ende nur die Konnotation »hatte Sex mit dieser Frau«.
Es ist schon ein bisschen her, dass Thomas Geiger und Alexander Steinbach die
Auswirkungen politischer Skandale auf die Karriere der Skandalierten
(1996) untersuchten. Dazu werteten sie die Laufbahnen von Politikern aus, die im Zeitraum von 1949 bis 1993 in Skandale gerieten. Es wird Sie nicht verwundern, dass die jeweilige Verteidigungsstrategie erheblichen Einfluss auf deren Karriere hatte. Umso überraschender aber ist, dass die Ehrlichen in diesem Fall die Dummen waren. Von den 24 Prozent der Staatsmänner, die ihre Schuld öffentlich eingestanden, blieb nur ein Drittel im Amt. Die anderen fegte der mediale Sturm der Entrüstung aus Ämtern und Würden. Rund 28 Prozent dementierten die Vorwürfe vehement, stritten alles ab oder spielten das Gezeter herunter. Das war schon klüger, von ihnen konnten immerhin knapp 44 Prozent ihre Haut retten, was aber erneut beweist, dass Wiederholungen gefährlich bleiben. Die Mehrheit indes (46 Prozent) wählte instinktiv oder bewusst den erfolgreichsten Weg: Sie rechtfertigten sich, indem sie besondere Umstände oder mangelhafte Informationen anführten beziehungsweise auf höhere Ziele verwiesen. Von ihnen behielten knapp zwei Drittel den Job. Sie können daran zweierlei ablesen. Erstens: Abwarten, aussitzen und hoffen, dass das Donnerwetter vorüberzieht, führt in den Untergang. Zweitens: Dementis ohne glaubhafte Begründung entfalten nur geringe Kraft oder verstärken das Unheil gar noch. Wer sich mit übler Nachrede konfrontiert sieht, hat daher so etwas wie eine Wehrpflicht. Ich weiß, dazu braucht man starke Nerven, sonst passieren Fehler, die die Angreifer sofort nutzen. Aber eine Wahl haben Sie nicht.
Bevor Sie in den Kampf ziehen, die Sache richtigstellen und begründen, prüfen Sie jedoch bitte erst, aus welcher Ecke das Gerücht kommt und worauf es sich bezieht. Denn ist der Vorwurf berechtigt, ist es unerheblich, von wem die Enthüllung stammt: Sie haben Mist gebaut und sind aufgeflogen – entschuldigen Sie sich dafür! Wenn es sein muss, auch öffentlich. Viel wichtiger ist, dabei sachlich und knapp zu bleiben. Sagen Sie kurz (!), wie der Lapsus passieren konnte und wie Sie gedenken, ihn künftig zu verhindern, mehr nicht. Ist das Gerücht indes völlig an den Haaren herbeigezogen, sollten Sie die Vorwürfe sofort zurückweisen. Und sagen Sie auch, warum das Blödsinn ist. Zögern Sie zu lange, sieht es so aus, als könnte doch etwas dran sein; liefern Sie keinen Gegenbeweis,verpufft die Replik. Entscheidend ist, dass Sie sich dabei nicht zum Opfer zu machen. Souveräner und auch sympathischer wirkt es, wenn Sie die kolportierten Unwahrheiten etwa im nächsten Meeting nonchalant ansprechen und kurz deren Gegenteil belegen – aber bitte stets unaufgeregt. Es war ja nichts dran.
Ausschlaggebend für die Wahl Ihrer Strategie ist jedoch auch der Absender. Selbst wenn der nicht immer eindeutig zu ermitteln ist, gibt es doch zumindest Indizien: Was könnte mit dem Gerücht bezweckt werden? Wer profitiert davon am meisten? Dabei muss es sich nicht unmittelbar um einen Konkurrenten im Rennen um einen Job oder eine Beförderung handeln. Manch einer versucht sich auch durch ein Gerücht zu profilieren, zum Beispiel, indem er ein besonders prominentes Ziel attackiert. Die damit verbundene Aufmerksamkeit nutzt vor allem ihm – ohne dass er selbst ein lohnendes Ziel abgäbe. In diesem Fall ist die Teflon-Strategie die wirkungsvollste: Ignorieren Sie den Kläffer. Zeigen Sie ihm die kalte Schulter, während Sie ein paar Freunde diskret bitten, für Sie Stellung zu beziehen und Ihre
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