Die Büro-Alltags-Bibel
unterstellte seinen politischen Gegnern zum Beispiel gerne mal, ihr Geld in jungen Jahren als Strichjungen verdient zu haben. Der britische Lordkanzler Sir Francis Bacon musste 1621 alle Ämter aufgeben, weil seine Feinde herumerzählten, er habe sich bestechen lassen. Und König Edward VIII. wurde 1936 Opfer einer Intrige: Seine Gegner streuten das Gerücht, dass seine Geliebte, die Amerikanerin Wallis Simpson, Naziagentin sei und ihre erotischen Finessen in einem chinesischen Bordell erlernt habe. Edward heiratete sie trotzdem, musste dafür aber auf den Thron verzichten.
Nicht immer endet das so dramatisch. Trotzdem sind unkollegiale Lästereien über peinliche Motivkrawatten oder misslungene Diäten für die Opfer mindestens ärgerlich. Strafbar sind sie jedoch erst, wenn dabei wissentlich unwahre Behauptungen verbreitetwerden (
Verleumdung
) oder unwissentlich falsche Aussagen wiederholt werden, mit dem Ziel, den Ruf des Opfers zu beschädigen (
üble Nachrede
). Von
Mobbing
wiederum sprechen Juristen, wenn solche Gerüchte systematisch und über mindestens ein halbes Jahr verbreitet werden. Dazu aber später mehr.
Intrigantem Getratsche karrieretaktische Vorzüge zu unterstellen, ist allerdings eine Schimäre. Denn die Überbringer solcher Botschaften leben stets gefährlich. Taktischer Tratsch kann sich schnell als Pyrrhussieg erweisen. Erstens, weil immer etwas vom Dreck am Werfer selbst kleben bleibt. Zweitens, weil Lästern nicht gerade von einem noblen Charakter zeugt. Drittens, weil sich die Mitteilung als unwahr herausstellen kann. Dann gilt der Urheber entweder als notorischer Falschmelder oder als ahnungsloser Wichtigtuer. Und kaum etwas schadet der Laufbahn so sehr wie das Image einer verorteten undichten Stelle. »Wer tratscht, verbaut sich Wege«, warnt zum Beispiel der Hamburger Headhunter und Geschäftsführende Gesellschafter der Personalberatung Delta Management Consultants, Stefan Koop.
Für die Belegschaft mag Klatsch ein wunderbares Regulativ sein, um Druck abzubauen und über Chefs und andere Evolutionsfehler herzuziehen. Aber je weiter man in der Hierarchie aufsteigt, desto heimtückischer und justiziabler wird das. Mangelnde Diskretion diskreditiert jeden noch so aussichtsreichen Kandidaten. Der Verdacht wiegt zu schwer, er könnte seiner Neigung auch an empfindlichen Stellen nachgeben, etwa bei Personalien oder Bilanzzahlen. Zudem ist es für Chefs juristisch heikel, über ihre Mitarbeiter oder Ex-Kollegen zu lästern. Die meisten Arbeitsgerichte verstehen dabei keinen Spaß und verdonnern den Arbeitgeber auch schon mal zu einer saftigen Strafe. So geschehen bei einem Mitarbeiter, der den Job wechseln wollte und sich anderweitig bewarb. Als der potenzielle Arbeitgeber sich beim Ex-Chef über den Leumund des Mitarbeiters erkundigte, »bestätigte« der lediglich, dass der Zeugnistext im Verlauf eines arbeitsgerichtlichen Prozesses entstanden war. Der Bewerber wurde daraufhin prompt nicht eingestellt – und verklagte seinen Ex-Chef. Zu Recht, wie das Landesarbeitsgericht Hamburg (AZ 2 Sa 144 / 83) urteilte. Für die Richter stand fest, dass das neue Arbeitsverhältnis aufgrund der »üblen Nachrede« nicht zustande gekommen war. Der Ex-Arbeitgeber musste einhalbes Jahresgehalt an den Kläger zahlen. Wer sich also partout am Spekulations-Pingpong beteiligen möchte, sollte unbedingt zwischen reputierlichem Smalltalk und diffamierender Nachrede unterscheiden. Nur Ersteres ist ein nützliches Instrument zum Eigenmarketing.
Wie Sie mit Gerüchten und Intrigen umgehen sollten
Wer Intrigen ausgesetzt ist, kann diese nur selten bis zur Quelle zurückverfolgen. So geraten die Betroffenen schnell in die Defensive, verbrauchen ihre Energie mit Rechtfertigungen, während ihre Produktivität immer weiter sinkt – und den Intriganten weitere Munition liefert. Gewiss, wenn Sie wissen, von wem die Flüsterpost stammt, können Sie den Urheber direkt und unter vier Augen darauf ansprechen und ihn mit Nachdruck (!) bitten, das sofort einzustellen. Oder Sie stellen ihn indirekt zur Rede, indem Sie behaupten, von jemandem gehört zu haben, dass dies und das über Sie verbreitet wird und ob er eine Ahnung habe, von wem das stammen könnte. Die meisten Flurfunker erkennen darin die unterschwellige Warnung sowie Ihre Bereitschaft zum Kampf und werden daraufhin höchstwahrscheinlich verstummen. Aus den weiter oben genannten Studien geht aber auch hervor, wie wenig es bringt, sich gegen üble Gerüchte
Weitere Kostenlose Bücher