Die Büro-Alltags-Bibel
Post-Chef Klaus Zumwinkel, als bekannt wurde, dass er Steuern hinterzogen hat. Gerüchte lassen sich aber auch positiv nutzen. Sie verbreiten sich schnell und entsprechen in ihrem Wesen einem störrischen Esel, der sich auch den hartnäckigsten Überredungsversuchen entzieht. Allein die Tatsache, dass überhaupt über einen geredet wird, erhöht die Aufmerksamkeit und den Status des Klatschobjektes. Nur wirklich bedeutungslose Menschen sind nicht der Rede wert.
Gut also, wenn positives Gerede über Sie von selbst entsteht. Andernfalls können Sie aber auch nachhelfen. Die oberste Regel dabei lautet allerdings: Geschichten über sich nie selbst in Umlauf bringen! Erstens, weil das wichtigtuerisch wirkt; zweitens, weil es weniger Kraft hat. Profis spielen immer über Bande: Zuerst bauen sie sich ein loyales Netz an Vertrauten und Freunden auf, bieten persönliche Hilfe an und gewähren zahlreiche Gefallen. So können sie sich sicher sein, dass die Leute anschließend positiv über sie reden, ihre Großzügigkeit und Kompetenzen preisen und ihnenim Falle von Unterstellungen zur Seite springen, Motto: »Den habe ich aber ganz anders erlebt.« Es versteht sich von selbst, dass Sie Ihr Netzwerk trotzdem niemals unverblümt auffordern, positiv über Sie zu berichten. Allenfalls enge und gute Freunde kann man um einen solchen Gefallen bitten – und auch dann nur im Notfall. Durchschlagender für Ihre eigene Mundpropaganda sind eher folgende Empfehlungen:
Entwerfen Sie eine regelrechte Erfolgsstory. Es ist das Prinzip des Viralmarketings: Damit Informationen weitergetratscht werden, brauchen sie Nachrichtenwert, eine kleine Sensation und persönliche Betroffenheit beim Empfänger. Niemanden interessiert, dass Sie gerade ein Projekt erfolgreich abgeschlossen haben. Wenn dies aber eine Art Prüfstein war und Sie deshalb nun als Kronprinz gelten, ist das spannender Gesprächsstoff. Verbreiten Sie also keine Erzählungen von abgeschlossenen Ereignissen, sondern verknüpfen Sie diese möglichst mit einer spektakulären Geschichte, die in die Zukunft weist.
Um sich ins Gespräch zu bringen, können Sie auch an ein populäres Gerücht anknüpfen – etwa, dass für den Erfolg des Projektes mehrere Personen verantwortlich waren, Sie freilich eingeschlossen. Einzige Ausnahme: Personalspekulationen. Bei der Besetzung von Schlüsselstellungen fallen anfangs viele Namen, die im Feuer der Spekulationen dann aber schnell verbrennen. Den Job bekommt fast immer der bis dahin unsichtbare Dritte. Das gilt auch unmittelbar nach einer Beförderung. Oft gibt es Kollegen oder Neider, die sich das Maul über die Hintergründe des Aufstiegs zerreißen. Das ist nichts, was man kommentieren müsste. Lächeln Sie souverän und lassen Sie Taten sprechen. Das Schweigen kann sogar gute Spekulationen fördern.
Identifizieren Sie die eifrigsten Flüstertüten im Betrieb und bringen Sie die in eine Rangfolge – sortiert nach Themen, Wahrheitsgehalt und Durchlaufgeschwindigkeit. Der Vorteil dieses Sendersuchlaufs: Sie kennen anschließend zu jedem Ihrer Themen den optimalen Buzz-Verstärker. Wer nur belangloses Zeug schwätzt, den meiden Sie; wer tatsächlich gut verdrahtet ist, den versorgen auch Sie mit Informationen. Und was der weiß,ist bald in aller Munde. Gleichzeitig geben Sie selbst bitte nur positive Nachrichten weiter. Das wirkt nobler.
Nutzen Sie das Internet. Über kein anderes Medium lässt sich derzeit der persönliche Ruf so wirkungsvoll beeinflussen: Werden Sie Mitglied in sozialen Netzwerken, positionieren Sie sich als Experte, betreiben Sie eine eigene Webseite mit Fachartikeln, kommentieren Sie in Fachblogs und vernetzen Sie alle Webauftritte untereinander. Wer auch immer nach Ihnen googelt, findet so die Informationen, die Sie in einem strahlenden Licht erscheinen lassen.
Wiederholen, wiederholen, wiederholen. So kriegt selbst die kühnste Vision die Dynamik einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung.
Warum Tratschmäuler keine gute Sache sind
Die Indiskretion fasziniert. Wir ergötzen uns an dem heimlichen Wissensvorsprung, an dem kurzfristigen Überlegenheitsgefühl, etwas zu verkünden, was noch keiner weiß, und laben uns an der unglaublichen Blödheit der anderen. So weit, so alltäglich. Nicht zuletzt, weil es angeblich einige Vorteile bringt. Die Geschichte ist da ja nicht arm an Beispielen. Seit jeher gehört die üble Nachrede zum Repertoire der Mächtigen und derjenigen, die es werden wollen: Der römische Philosoph Cicero
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