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Die Büro-Alltags-Bibel

Die Büro-Alltags-Bibel

Titel: Die Büro-Alltags-Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Mai
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Stimme das Alter eines Menschen heraushören, fand der Berliner Sprachforscher Markus Brückl heraus. Was wir hören, ist aber weniger das tatsächliche Alter eines Menschen, sondern sein biologisches, also wie fit der Sprecher ist. Dieses biologische Alter kann im Schnitt bis zu vier Jahre vom numerischen abweichen, was zugleich bedeutet: Durch gezieltes Stimmtraining lässt sich das Image um einige Jahre verjüngen.
    Jüngste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass sogar einzelne Charakterzüge einer Person hörbar sind. Die Vermutung steckt bereits im lateinischen
per- sonare
, dem
Durchtönen
. Der Berliner Kommunikationswissenschaftler Walter Sendlmeier wollte es noch etwas genauer wissen und hat dazu eine Versuchsreihe gestartet, in der er untersuchte, ob und wie sehr die in der Psychologie verwendeten
Big Five
der Persönlichkeitsmerkmale – Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, soziale Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit – durch die Stimme reflektiert werden. Bei seinem Versuch mussten sich elf ausgewählte Sprecher zunächst selbst einschätzen und danach drei Stimmproben aufnehmen: einen Vokalton von sechs Sekunden Dauer, einen vorgelesenen Text und einen Freitext. Aus den Textproben wurden jeweils 1 7-sekündige Fragmente kopiert, die inhaltlich so gut wie keine Rückschlüsse auf die Sprecher zuließen. Anschließend wurden alle Aufnahmen 30 Hörern vorgespielt, die die Sprecher charakterisieren sollten. »Schon bei dem gehaltenen Vokal gab es eine erkennbare Korrelation zwischen der Eigen- und der Fremdwahrnehmung«, sagt Sendlmeier. Vor allem aber das Maß an Neurotizismus und Extraversion wurde in den Hörproben deutlich erkannt. Oder anders formuliert: Wer psychisch labil oder stabil, wer introvertiert oder extrovertiert war, der klang auch so – und zwar mit nur einem Buchstaben.
    Man muss sich das so vorstellen: Jede Emotion aktiviert in unserem Gehirn Neuronen, die Impulse in einem spezifischen Rhythmus ausstrahlen und deren Frequenz sich auf die Stimme überträgt. Diese emotionalen Muster können menschliche Ohren hören, aber längst auch Computer interpretieren. Was davon bereits möglich ist, kann jeder im Internet ausprobieren: Auf der Webseite
areyoutalking2me.com
können Interessierte ihre Stimme kostenlos analysieren lassen – etwa, um herauszufinden, wie sie auf andere wirken, warum ihre Präsentationen nicht ankommen oder warum sie den Chef bei der letzten Gehaltsverhandlung partout nicht überzeugen konnten. Die Testsprecher brauchen dazu nur einhochwertiges Mikrofon oder Headset, das sie an den Computer anschließen. Anschließend müssen sie sich eine Gratissoftware zur Stimmerkennung auf den Rechner laden und können dann völlig anonym Texte von sieben oder 26 Sekunden Länge online aufsprechen. Schon nach dieser kurzen Sequenz sei das Programm in der Lage, die aktuelle Gefühlslage zu erkennen sowie welche Motive der Sprecher verfolgt, verspricht der Anbieter – jedenfalls mit einer Trefferquote von rund 85 Prozent. Ich selbst habe es auch ausprobiert und war überrascht, wie genau der Test ausfiel. Aber selbst wenn Sie das alles für Kokolores halten – Spaß macht es allemal.
    So leicht uns die Worte jedoch von der Zunge gehen – so sehr bleibt das Reden für unseren Sprechapparat Schwerstarbeit. Bei jedem Laut, den wir artikulieren, öffnen und schließen sich unsere Stimmlippen (fälschlicherweise oft »Stimmbänder« genannt) mehrmals in der Sekunde. Um zum Beispiel den Ton »A« zu erzeugen – das Freizeichen beim Telefon – braucht es eine Frequenz von 440 Hertz, also eine Schallwelle mit 440 Schwingungen pro Sekunde. Um die auszulösen, müssen sich auch die Stimmlippen 440 Mal pro Sekunde öffnen und schließen. Wobei Männer üblicherweise mit einer Grundfrequenz von 130 Hertz brummen, während es bei Frauen eher 190 Schwingungen pro Sekunde sind. Um unterschiedlich hohe Töne zu erzeugen – ein A kann man schließlich in mehreren Oktaven singen –, müssen sich die Muskeln um die Stimmlippen herum unterschiedlich anspannen: Bei tiefen Tönen bleiben sie lockerer, bei hohen ziehen sie sich zusammen. So entsteht Sprachmelodie. Verantwortlich für die Wirkung unserer Stimme sind aber nicht nur individuelle Sprachmelodie, Sprechtempo, Dehnungen und verschieden hohe Grundtöne, sondern auch diesogenannten Obertöne. Sie schwingen bei jedem Laut mit einer leicht modifizierten Frequenz mit und haben bei jedem Menschen ein anderes Muster.

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