Die Büro-Alltags-Bibel
Robert Propst das sogenannte Action Office der U S-Öffentlichkeit vor. Inzwischen arbeiten rund 70 Prozent der amerikanischen Büroarbeiter in Cubicals. 1970 maß ein solches Würfelbüro noch rund 3,60 Meter im Quadrat, 1995 waren es nur noch drei Quadratmeter. Heute liegt der Durchschnitt bei zwei mal zwei Meter.
Der ist ohnehin das verortete Aufmerksamkeitszentrum eines jeden Büros. Der Tisch bildet bei fast allen Büroräumen den Arbeitsmittelpunkt und damit auch die primäre Projektionsfläche. Das lässt sich schon etymologisch erklären. So leitet sich der »Büro« von dem französischen »Bure« oder »Burel« ab, was auf Deutsch so viel bedeutet wie »grober Wollstoff«. Mit diesem waren früher die Schreibtische oder Pulte bespannt, die mit dem Aufstieg des Kaufmannsberufs gegen Ende des Mittelalters zum bedeutendsten Möbel seines Kontors avancierten. Die britische VerhaltenspsychologinDonna Dawson hat im Laufe ihrer Karriere Hunderte Büros und Schreibtische inspiziert und dabei diagnostiziert, dass sich das Gros auf sechs typische Arbeitsplatten und Persönlichkeitstypen kondensieren lässt:
Die Funktionsfläche. Dieser Arbeitsplatz ist picobello aufgeräumt, durchorganisiert und hochfunktional aufgebaut. Mousepad, Stift und Kalender sind akkurat angeordnet und ergonomisch sinnvoll ausgerichtet. Hier greift ein Rädchen in das andere. Hier haust ein Kontrollfreak, würde man denken. Falsch. Für Dawson sind das vielmehr Signale für einen Bewohner mit starken Stimmungsschwankungen. Jemand, der gebraucht und beachtet werden will – und sich als Organisationstalent empfiehlt. Somit haust hier auch jemand, der gerne hilft, wenn man ihn fragt.
Das Oberflächenchaos. Dieser Schreibtischtäter wäre gerne aufgeräumter, organisierter – schafft es aber nicht. Das Chaos führt hier eine Art Eigenleben mit unbedingtem Überlebenswillen. Das Ergebnis ist ein oberflächliches Tohuwabohu, jedoch mit System. Verloren geht hier nichts. Hunderte von Zeitungsschnipseln und Merkzetteln, die drei Kaffeetassen, die längst eine Spülung vertragen könnten und die Wanderdünen aus Aktendeckeln deuten auf einen liebenswerten Workaholic hin, der immer ein bisschen gestresst wirkt – nicht zuletzt, weil er ein Schwätzchen mit den Kollegen der längst überfälligen Aufräumaktion vorzieht. Dieser Typ ist flexibel einsetzbar und ein brillanter Kopf bei Brainstormings.
Schreibtische können krank machen. Der durchschnittliche Büroarbeitsplatz wird von hundert Mal mehr Bakterien bevölkert als eine Klobrille, haben Forscher entdeckt.
Der Schautisch. Auch hier türmen sich Papierberge, Bücherstapel und Merkzettel. Jedoch bewusst, um Vielseitigkeit und ein breites, kreatives Interesse zu signalisieren. Moderne Technik findet sich hier nur, wenn die Geräte gerade angesagt sind und als trendy gelten. Dieser Schreibtischtyp sieht sich als kreativer Kopf, denkt lateral und in großen Visionen. Details dagegen schätzt er gar nicht. So jemand vernachlässigt gerne seine Sorgfaltspflichten.
Der Trophäentisch. Der Tisch ist übersät mit persönlichen Gegenständen und Erinnerungen: Familienfotos, Urlaubsbildern, Kinderzeichnungen, Kundengeschenken. Das Arrangement setzt sich oft noch an den Wänden fort, und nicht wenige – insbesondere Frauen – neigen gar dazu, Kosmetika auf ihrem Schreibtisch zu drapieren, wie Handcremes oder Vitaminpillen. Nahezu obligat: die Flasche stilles Wasser und andere Erfrischer wie Raumdüfte. Wer ein solches Arbeitsumfeld pflegt, braucht viel Aufmerksamkeit und konstante Unterhaltung im Job, sonst droht Langeweile – und die schätzen diese Typen gar nicht. Immerhin: Sie sind kontaktfreudig, aber selten diskret.
Die Gedenktafel. Diese Arbeitsfläche hat etwas Klinisches und repräsentiert vor allem das Unternehmen, für das dieser Büromensch tätig ist. Keine persönliche Note, kein Einrichtungs-Schnickschnack, nur pure Funktionalität. Wer hier arbeitet, trägt vermutlich eine professionelle Maske. Kaum jemand kennt den Menschen dahinter – und der hat auch nicht vor, das zu ändern. Solche Typen sind meist nett, pflegen die Grundkontakte zu ihrem Team, gehen mit anderen gemeinsam mittagessen. Aber wer sie wirklich sind, was sie denken und wollen, bleibt ihr Geheimnis.
Die Repräsentantenplatte. Auf den ersten Blick wirkt dieser Tisch überfrachtet bis verkramt. Tatsächlich aber erfüllt hier jeder Gegenstand seinen Zweck: Er soll den Bewohner in ein positives Licht rücken. Es wimmelt
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