Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Büro-Alltags-Bibel

Die Büro-Alltags-Bibel

Titel: Die Büro-Alltags-Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Mai
Vom Netzwerk:
sich aber viel leichter verhandeln. Wer es schafft, diese stillen Beweggründe bei seinem Gegenüber zu erkennen und diese zum Gegenstand der Gespräche zu machen, verhandelt erfolgreicher: Psychologisch, weil er demanderen signalisiert, dass er ihn ernst nimmt und versteht. Taktisch, weil er sich mit der eigenen Forderung später fast immer durchsetzt, wenn er zunächst das Problem des anderen löst. Ich gebe allerdings zu, dass es nicht immer leicht ist, die wahren Motive des anderen zu entschlüsseln. Die meisten Menschen feilschen lieber und werden persönlich. Deshalb ist zum Beispiel der Smalltalk am Anfang schwieriger Verhandlungen enorm wichtig: Er kann wichtige Hinweise auf die Motive geben. Das ist zugleich aber auch dessen Gefahr. Wer es damit übertreibt, kann sich dabei um den Verhandlungserfolg quatschen. Insbesondere, wer vorab zu viele taktisch relevante Informationen preisgibt. Bei festgefahrenen Gesprächen hilft hingegen der direkte Exkurs in die Metaebene: Was möchten Sie damit eigentlich erreichen?

    Bei aller Sympathie: Die Harvard-Methode ist nicht perfekt. Denn sie setzt voraus, was in der Realität nur selten der Fall ist: Beide Seiten meinen es gut miteinander. Weiß Ihr Gegenüber nicht, dass es Ihrem Unternehmen gerade blendend geht und er für Ihren Laden eine wichtige Rolle spielt, wird er auf den Hinweis auf schmale Budgets und die angespannte Marktlage womöglich eingehen. Kurzum: Der Kunde wird ausgenutzt und verschaukelt – nach Strich und Faden. Das Problem nennt die Wissenschaft
asymmetrische Information
– die eine Seite weiß mehr als die andere annimmt. In der Realität ist das fast immer der Fall. So ist automatisch derjenige im Vorteil, der mehr weiß. Und nicht wenige nutzen das auch sofort aus. Das Ergebnis ist eine Win-lose-Lösung. Es sei denn, der andere ist wirklich sehr, sehr gutwillig.
    Wie leicht wir zu manipulieren sind
    Kennen Sie das Kontrastprinzip? Ich bin mir sicher, Sie kennen es. Wahrscheinlich wenden Sie es sogar häufiger an – oder gehen ihm regelmäßig auf den Leim. Nur ist Ihnen das nicht bewusst.
    Von Albert Einstein stammt zum Beispiel die Erkenntnis: »Allesist relativ.« Er meinte damit zwar vor allem Zeit, Masse und Raum. Das gilt aber auch für unsere Bewertungsmuster. Unsere Wahrnehmung reagiert nämlich alles andere als objektiv, wenn uns zwei Reize unmittelbar nacheinander dargeboten werden. Wenn Sie zum Beispiel zuerst ein paar Mal schwere Gewichte heben, wird Ihnen die Flasche Wasser danach unendlich leicht vorkommen. Wenn Sie Ihre Hand zuerst in kaltes Wasser tauchen und anschließend in heißes, wird es Ihnen nur noch lauwarm erscheinen. Anfangs jedenfalls. Und wenn Sie Ihrem Chef eine schlechte Nachricht zusammen mit einer guten überbringen, wirkt die schlechte nur noch halb so schlimm. Die gute allerdings auch nicht mehr ganz so gut. Das nennt man dann
Kollateralschaden
. Ist aber ein anderes Thema.
    Pfiffige Verkäufer machen sich dieses Kontrastprinzip gerne zunutze. Von dem Kulturforscher Leo Rosten stammt das Exempel der beiden Brüder Sid und Harry Drubeck, die in den Dreißigerjahren eine Herrenschneiderei in seiner Nachbarschaft besaßen. Jedes Mal, wenn ein neuer Kunde einen Anzug anprobierte, der ihm gefiel, fragte Sid seinen Bruder, der am anderen Ende des Raumes saß: »Harry, was kostet der Anzug?« Der wiederum soll daraufhin zurückgefragt haben: »Dieses wunderbare Stück aus reiner Wolle? 42 Dollar.« Sid tat dann so, als hätte er nicht genau verstanden, legte die Hand ans Ohr und wiederholte die Frage. Diesmal gab Harry etwas lauter zurück: »42 Dollar!« Daraufhin wandte sich Sid an den Kunden: »Harry sagt, er kostet 22 Dollar.« Was zur Folge hatte, dass so mancher sofort zur Geldbörse griff, um sich mit dem vermeintlichen Schnäppchen aus dem Staub zu machen. Dabei war die Show ein reines Kontrastprogramm.
    Aus demselben Grund zeigen Immobilienhändler ihren Kunden immer wieder zunächst ein paar schäbige und völlig überteuerte Häuser, bevor sie mit ihnen zum eigentlichen Verkaufsobjekt pilgern. Das erstrahlt so in einem deutlich besseren Licht.
    Jens Weidner, Autor der
Peperoni-Strategie
, erzählte mir mal eine reizende Geschichte von seinem Ex-Chef. Damals war Weidner Abteilungsleiter in einem Jugendgefängnis und hasste – genauso wie heute – Aktenarbeit. Jedes Mal, wenn sein Chef etwas von ihm wollte, sagte der: »Ich habe zwei Aufgaben zu erledigen und eine davon müssten Sie übernehmen.« Dabei

Weitere Kostenlose Bücher