Die Burg der flammenden Herzen
Leben von Männern schlecht behandelt worden, auch von ihm selbst, denn er hatte es versäumt, sie für sich zu beanspruchen. Ihrem Vater war es nicht gelungen, seine Tochter vor Manners zu beschützen, der sie weder höflich noch freundlich behandelt hatte, und Conyers hatte sie nicht in Ehren gehalten. Wie konnte sie da jetzt lächeln, als wäre die Sonne nach vielen Regentagen zum Vorschein gekommen?
Er nahm ihre Hand und legte sie auf seinen angewinkelten Ellbogen, wobei er ihre Fingerspitzen mit der Hand bedeckte. Unbändiges Verlangen war eine der Kräfte, die ihn bewogen, sie zu berühren, aber es war nicht die einzige Kraft. Sie zu berühren, befriedigte ein anderes Verlangen, das er nicht so ohne weiteres benennen konnte.
In der Halle trennten sie sich. Beatrice begab sich zu ihrer Mutter in die Kemenate, und er suchte Lord Wednesfields Gemach auf. Am Fuße der Treppe drehte Beatrice sich um, als wollte sie einen letzten Blick von ihm erhaschen. Da sie sah, dass er ihr nachblickte, lächelte sie, als habe er ihr ein großes Geschenk gemacht. Sein Herz verkrampfte sich wieder. Er musste all seine Kraft aufbringen, ihr nicht nachzugehen. Immer noch lächelnd, kehrte sie sich ab und entschwand seinen Blicken. Erst ihre Abwesenheit schien ihn zu erlösen, und Sebastian machte sich auf, ihren Vater aufzusuchen.
Der Earl saß allein in seinem Gemach und schrieb etwas nieder. Sebastian trat ein und schloss die Tür.
“Sir, ich bin gekommen, wie Ihr es wünscht.”
Lord Wednesfield warf ihm einen Blick zu, nickte kurz und schrieb mit finsterer Miene weiter. Sein Mund war nicht mehr als ein dünner Strich. Nach zwei weiteren Zeilen legte er die Feder zur Seite und streute Sand auf das Schreiben. Dann überflog er den Brief noch einmal, legte ihn weg und schaute Sebastian an. Der finstere Blick wich einer Miene, die den Besucher willkommen hieß.
“Komm, setz dich, Junge.”
Als Sebastian auf dem Stuhl Platz genommen hatte, der ihm bereits bei seiner Ankunft vor vierzehn Tagen angeboten worden war, begann der Earl.
“Ich habe einen Brief von meinem Verwalter erhalten, der alsbald dein Verwalter auf Herron sein wird. Offenbar ist es zwischen zwei Pächtern zu einer Art Streit gekommen, den der arme Bursche nicht in der Lage ist, beizulegen. Vor einem Monat wäre ich selbst dort hingeritten, um einige der Dickköpfe wieder zu Verstand zu bringen, aber der Landsitz wird bald dir gehören. Ich halte es für klug, wenn du mich begleiten würdest, um zu entscheiden, wie der Streit aus der Welt geschafft werden kann. Du wirst mit der Entscheidung leben müssen, nicht ich.”
“Es wäre mir eine Freude, Euch begleiten zu dürfen, Sir. Wann brechen wir auf?”
“Sobald es morgen hell wird.”
So rasch? Wie konnte er Beatrice verlassen? “Das kommt mir sehr schnell vor.”
“Ich möchte nicht, dass dieser Streit länger als nötig schwelt. Je eher wir aufbrechen, desto schneller wird wieder Frieden auf deinem Land herrschen.”
Der Earl hatte Recht und traf weise Entscheidungen. Sebastian wusste das seit langem, aber er wollte nicht klug und umsichtig sein, wenn dies bedeutete, Wednesfield zu verlassen. Beatrice würde hier sein, und das allein war Grund genug zu bleiben.
Aber es war nicht Grund genug, dem klugen Ratschlag des Earl den Rücken zu kehren.
“Das ist wahr, Sir. Ich werde bereit sein.”
“Gut.” Lord Wednesfield lehnte sich zurück. “Ich habe gehört, dass du dich heute Morgen mit John dem Schwertkampf gewidmet hast.”
“Wie die Maus mit der Katze zu spielen pflegt, Sir. Ich bin ihm nicht gewachsen.”
“Er wird dir zweifelsohne den ein oder anderen Trick beibringen können.”
“Ich hoffe es, Sir.”
“Der kluge Mann lernt von demjenigen, der etwas zu lehren weiß, und nur der stolze Mann denkt zuerst an den Stand seines Lehrers, bevor er an den Verstand seines Lehrers denkt.”
“Ja, Sir”, entgegnete Sebastian verwirrt.
“Ich will damit sagen, dass es klug von dir ist, von John etwas lernen zu wollen, obwohl dir die Umstände missfallen, die ihm zu seiner Fertigkeit mit der Waffe verholfen haben.”
Aha.
Gewiss hatte da John seine Hände mit im Spiel; er hatte es stets vorgezogen, um jeden Preis offen zu sprechen, anstatt sich zu verstellen. Nun, Sebastian wollte ihm in diesem Punkt in nichts nachstehen. “Es schickt sich nicht für den Sohn eines Earl, sich mit der Waffe zu verdingen, als sei er ein gewöhnlicher Söldner.”
“In der Tat.” Lord Wednesfield
Weitere Kostenlose Bücher