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Die Burg

Die Burg

Titel: Die Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Leute.»
    «Das mag ja sein», dachte Schnittges, «aber dass du in diesem Kaff, nach diesem Knall, bei dem du selbst dabei warst, von Tuten und Blasen keine Ahnung haben willst, das kannst du mir nicht weismachen.»
    Der Mann wollte anscheinend etwas loswerden, am besten, er ließ ihn reden.
    «Was ist eigentlich mit Ihnen passiert?»
    «Meinen Sie das Bein oder das hier, die Hartz-IV-Bude?»
    «Alles.»
    Lahm lehnte sich zurück und verzog das Gesicht. «Mein Rücken», erklärte er und suchte nach einer bequemen Position. «Gott, wo soll man anfangen? Ich war mal Lagerleiter bei der Margarine Union, aber dann hatte ich auf dem Weg zur Arbeit einen Mopedunfall, vor fuffzehn Jahren, da war ich gerade vierzig geworden.» Er klopfte auf sein Bein. «Davon hab ich das hier. Und damit konnte ich ja nicht mehr körperlich arbeiten, also haben sie mich umgeschult auf Einzelhandelskaufmann. War schwer genug, ich hatte es nämlich nie so mit dem Rechnen und dem Schriftlichen. Aber es ging, und ich konnte in der Firma bleiben, zehn Jahre lang, bis der Betrieb dichtgemacht wurde. Ich glaub, Sie sind nicht von hier, oder?»
    «Aus Krefeld», sagte Schnittges.
    «Dann können Sie das wahrscheinlich nicht wissen, aber die Fabrik ist von den Asiaten aufgekauft worden. Es gab keine Ausgleichszahlungen, und ich stand auf der Straße. Ein Jahr lang hab ich Arbeitslosengeld I kassiert, aber da war ja noch mein Haus, das war schon fast abgezahlt, und das musste ich dann verkaufen. Die erwarten ja von dir, dass du erst mal alles flüssig machst und davon lebst, bis nichts mehr da ist, bevor du auch nur einen Pfennig siehst vom Staat.» Er ließ die Schultern nach vorn fallen und schaute auf seine Hände. «Und wie das dann so geht, wenn du in der Scheiße steckst, will keiner mehr was mit dir zu tun haben: Frau weg, Kinder weg – das Ende vom Lied. Und ich muss vielleicht noch froh sein, dass ich den Unfall hatte damals, war ja ein Berufsunfall. Jetzt zahlt mir die BG eine Dauerrente von sage und schreibe 260   Euro! Ist das nicht großzügig?»
    «Scheißspiel», brummte Schnittges. In den letzten Monaten waren ihm so einige Hartz-IV-Karrieren untergekommen, und manche gingen ihm wirklich an die Nieren. Lahm nickte dumpf. Jetzt, nachdem er seine Leidensgeschichte losgeworden war, saß er da, als hätte man ihm die Luft herausgelassen.
    «Dr.   Pannier war also Ihr behandelnder Arzt?», versuchte Schnittges wieder zur Vernehmung zurückzukommen.
    «Für die Schuhrezepte? Ja, immer Pannier. Den kannte ich noch aus dem Krankenhaus. Als ich wegen meinem Unfall drin lag, war er da Oberarzt.»
    «Und? War Pannier ein guter Doktor? Oder hatten Sie schon mal Probleme mit ihm?»
    «Mit Pannier? Auf keinen Fall. Der war ein feiner Kerl.»
    Lahms Blick wurde unstet, flackerte hin und her. Irgendetwas stimmte hier nicht, aber Schnittges beschloss, es ruhig angehen zu lassen. «Haben Sie ein Handy?»
    «Was? Ja, habe ich.» Lahm schob das Becken vor und zog den Apparat aus der Hosentasche. «Mit Karte», sagte er, «da habe ich mehr Kontrolle.»
    «Ich schau es mir mal an.» Schnittges nahm das Telefon, drückte ein paar Tasten und machte sich Notizen.
    «Was machen Sie denn da?» Lahm klang alarmiert. «Wofür soll das gut sein?»
    «Ermittlungen», sagte Schnittges nur und gab ihm das Telefon zurück. «Und jetzt erzählen Sie mir von Sonntag.»
    «Wie, Sonntag?»
    Bernie Schnittges antwortete nicht.
    «Ach so, an der Burg meinen Sie. Ja, was soll ich da sagen? Mein Nachbar hatte mir von den Engländern erzählt, und ich habe gedacht, das guck ich mir mal an. Ich hab ja sonst nichts zu tun. Aber viel hab ich nicht zu sehen gekriegt, weil ich in der Stadt meinen Schwager getroffen habe, und der hat mir ein Bier ausgegeben. Und wie das dann so geht … Ich hab Trommeln gehört und Schüsse und Geschrei. Und gerade wie ich aus der Kneipe komm und fast schon an der Burg bin, gibt es einen Riesenknall, und die ganzen Menschen kommen angerannt und schreien vor Angst. Da bin ich einfach mitgerannt, und dabei hab ich dann meinen Schuh verloren. Unten am Fischmarkt bin ich stehengeblieben und hab die Krankenwagen kommen sehen, Polizei und alles. Ich hab noch gewartet, aber keiner wusste was Genaues. Da bin ich dann nach Hause, auf Socken.»
    Schnittges notierte sich Namen und Adresse des Schwagers und klappte seinen Block zu. Er würde sich auf jeden Fall in Panniers Praxis nach Lahm erkundigen, denn irgendetwas verschwieg der Mann.
    «War das

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