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Die Burg

Die Burg

Titel: Die Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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auf den Frühstückstisch. «Aber ich glaube, essen kann ich nichts.»
    «Ach komm.» Astrid setzte sich. «Wenigstens eine Tasse Tee und eine Scheibe Toast.»
    Der Wecker klingelte, und Toppe nahm die Teebeutel aus der Kanne, goss zwei Becher voll, stellte sie auf den Tisch und setzte sich Astrid gegenüber. Sie hatte eine Scheibe warmen Toast mit Butter bestrichen und legte sie ihm auf den Teller. «Ziehst du den schwarzen Anzug an?»
    «Nein, ich bin ja nicht als Trauergast auf dem Begräbnis. Und wenn irgendwas passieren sollte …»
    Er fasste sich an die Seite.
    «Du nimmst deine Waffe mit?»
    «Ja, ja, natürlich.»
     
    Als er gegen neun Uhr am Friedhof ankam, waren schon alle auf ihrem Posten, es herrschte konzentrierte Ruhe. Die Kollegen sprachen nur das Nötigste.
    Ackermann wartete an der Schleuse. Er trug Jeans, bequeme Stiefel mit Profilsohlen und eine Steppjacke, die sich an der Seite leicht ausbeulte – auch er war bewaffnet.
    «Ich hatte einfach keine Ruhe mehr», empfing er Toppe. «Hab gesehen, du has’ oben anner Tennishalle hinter der Friedhofsmauer ’ne zweite Reihe postiert – guter Plan. Is’ mir die Nacht durch den Kopp gegangen: Wenn dieser Bekloppte einigermaßen schießen kann … Also ich glaub, wenn ich der wär, ich würd et diesmal mit ’ner Knarre probieren. Sollen wir noch ’ne Runde drehen?»
    Die ersten Trauergäste trafen um zehn Uhr ein. Wie man an den Autokennzeichen erkennen konnte, waren es alles Leute, die von weiter her kamen – Düsseldorf, Memmingen, Salzburg, Graz. Sie blieben auf dem Parkplatz, gaben sich die Hände, redeten leise miteinander, wischten sich verstohlen die Augen. Wenn sie sich über die Polizeipräsenz wunderten, ließen sie es sich nicht anmerken.
    «Wär’ et nich’ besser, ich würd mich da ma’ unter ’t Volk mischen un’ denen erzählen, wat Sache is’?», fragte Ackermann.
    «Um Gottes willen!», meinte Toppe. «Mach mir nur nicht die Pferde scheu.»
    «Ich mein doch bloß so allgemeines Blabla, von wegen erhöhte Sicherheitsmaßnahmen wegen all der Prominenz, die kommen soll.»
    «Na gut», entschied Toppe. «Es wäre nicht schlecht, wenn sie schon durch die Schleuse gingen, damit es nachher nicht so ein Gedränge gibt.»
    «Dat werd ich denen schon beibiegen. Da kommt übrigens dein Weib.»
    Astrid hatte zwar einen eleganten schwarzen Mantel übergezogen, aber auch sie trug feste Schuhe, in denen sie, wenn es nötig sein sollte, schnell und sicher laufen konnte.
    Um halb elf kamen Panniers Kinder, Tonis Bruder und die Schwägerin. Astrid brachte sie schnell durch die Schleuse in die Kapelle. Der Blick der beiden Jungen war nach innen gerichtet, sie nahmen nichts und niemanden wahr.
    Inzwischen war der Parkplatz voll, Neuankömmlinge fuhren wieder weg und suchten in den umliegenden Straßen nach einem Platz für ihr Auto. Mindestens zweihundertfünfzig Leute waren inzwischen gekommen, schätzte Toppe.
    Als der Bürgermeister um zehn vor elf in seiner Limousine mit Chauffeur vorfuhr, hatte sich vor der Schleuse eine dicke Menschentraube gebildet.
    «Sie warten am besten hier im Wagen, bis alle drin sind», sagte Toppe.
     
    Das Schwein war im Rathaus verschwunden. Würde jetzt ein, zwei Stunden in seinem Büro hängen, bevor es sich auf die Pirsch machte und den kleinen Jungs an den Arsch packte.
    Er kurbelte das Fenster runter, legte die Beine aufs Armaturenbrett und zündete sich eine Zigarette an.
    Netter, kleiner Wagen, schön unscheinbar. Würde auch auf dem Waldparkplatz nicht auffallen.
    Der Wald – er war jetzt fast sicher.
    Das Schwein hatte offenbar eine Uhr verschluckt: jeden zweiten Tag laufen, immer dieselbe Runde.
    Mit einem Gewehr hätte er ihn längst abknallen können.
    Aber das war nicht mehr genug, jetzt nicht mehr.
    Das Schwein sollte ihm in die Augen sehen, wenn es starb, sollte Bescheid wissen.
    Schweine wollten geschlachtet werden.
    Ihm den angespitzten Ast in den Arsch rammen.
    Wenn es nötig war, wenn er es wollte, konnte er lautlos töten. Er hatte gelernt, wie man mit den bloßen Händen ein Genick brach.
    Aber er wollte winselndes Grunzen hören, wollte Blut riechen und warmes Gedärm, wollte dem Schwein in die Augen blicken, wenn sie brachen.
    Scheiße! Er nahm die Beine herunter und flippte die Zigarette aus dem Fenster.
    Das Schwein war schon wieder draußen und ging zu seinem Auto. Hatte einen komischen Blumenstrauß dabei. Fuhr los. Er konnte direkt hinter ihm bleiben – noch kannte es den Wagen

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