Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby

Titel: Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
Vom Netzwerk:
Licht tünchte alles im Auto: ihre Hände, die Luft, Gabes kantiges, wie in Stein gemeißeltes Gesicht.
    Sie musste sich zusammennehmen, durfte nicht weinen. »Was ist passiert?«
    »Das US-Militär ist eine riesige, gnadenlose bürokratische Maschinerie. Jemand hat meine Einberufung umgeschrieben. Und ich sage: Ja, Sir. Zu Befehl. Egal, wo es hingeht. «
    Sie hielt sein Bein so fest gepackt, dass ihre Hand zitterte. Nur mit Mühe konnte sie loslassen und sie in den Schoß legen. Komm wieder zu dir. Sie kämpfte gegen das weiße Rauschen an, das hell und harsch den Wagen erfüllte und gegen sie presste, bis sie nicht mehr atmen konnte.
    Das musste ein Fehler sein. Er konnte mit seinem befehlshabenden
Offizier sprechen, um herauszufinden, was da bei der Erstellung der schriftlichen Unterlagen schiefgelaufen war.
    Wie kaltes Fieber peitschte die Panik durch sie. Gähnend öffnete sich ein Abgrund und ließ seine unendliche schwarze Tiefe ahnen, die Menschen mit Haut und Haar verschlang und ihren Atem, ihr Herz, ihre Hoffnungen auslöschte.
    Sie bohrte die Fingernägel in die Handflächen. Kurz tauchte Daniels Gesicht vor ihr auf, und seine Augen richteten sich auf sie wie damals in den letzten Sekunden, ehe ihn der Abgrund für immer in den Tod riss.
    Sie schloss die Augen. Schluss damit, Beckett. »Hast du Sophie schon Bescheid gesagt?«
    »Nein. Der Anruf kam, als ich im Krankenhaus war.«
    Mit Gewimmer konnte sie Gabe nicht helfen. Er war zu ihr gekommen, und sie musste Stärke beweisen. »Halt an.«
    Er sah sie an. Sie nickte in Richtung Bordstein, er stoppte. Jo stieg aus, und er folgte ihr zum Gehsteig.
    Sie umklammerte seine Hände und hob sie an die Lippen. »Alles, was du brauchst«, flüsterte sie. »Du musst es nur sagen. Und wenn du nichts sagst, gilt es trotzdem. Ich halte zu dir.«
    Er nickte.
    Sie schluckte und öffnete den Mund, um zu reden. Doch er zog sie an sich. Drückte ihren Kopf an seine Schulter, hielt sie fest, legte seine Wange an ihre.
    Zweiundsiebzig Stunden. Wie konnte ein Befehl so schnell und so einschneidend abgeändert werden? Sie dachte daran, wie mühsam er alles geplant hatte. Dass Sophie bei seiner Schwester wohnen konnte. Und Dawn. Würde Dawn nun versuchen, das Sorgerecht für Sophie zu bekommen?

    »Alles wird gut«, wisperte er ihr ins Ohr.
    Sie nickte. Zweiundsiebzig Stunden. Nichts daran war gut.
    »Ich komme wieder. Zusammen schaffen wir es. Ich liebe dich, Jo.«
    Sie klammerte sich an ihn. Der Wind zerrte an ihrem Rücken.

KAPITEL 29
    Paine saß an der Tastatur und blätterte durch die Fotos, die ihm Keyes gesandt hatte. Im Fernsehen lief ein Nachrichtenkanal, der konstante, flimmernde Hintergrund seines Lebens. Nachrichtensender boten nur eine Ahnung der Realität, eine Verzerrung, die das verborgen darunter lauernde Brodeln, Fauchen und Rasseln kaum abbildete. Nachrichten waren kein Mittel wirksamer Massenkommunikation; sie waren Opium für die Schafe.
    Die einzig wahre Form der Massenkommunikation war politische Gewalt. Und Paine war ihr Bote.
    Er konnte auszgezeichnet mit Worten umgehen, aber die größte Wirkung hatte er nicht mit seinen Abhandlungen erzielt, sondern als … Aktionskünstler. Hier ein Brand, dort ein kleiner elekrischer Defekt und woanders eine versagende Bremse. Entscheidend war, dass er die Zielperson nie direkt attackierte. Seine Auftraggeber legten größten Wert darauf, dass kein Aufsehen entstand. Sie zahlten viel Geld dafür, wenn er einen Senator davon überzeugte, dass sein Votum gegen das Highway-Gesetz unangemessen war, oder wenn er einer Umweltaktivistin vermitteln konnte, dass sie nicht gegen
Chemieabfälle in geschützten Feuchtgebieten protestieren sollte.
    Paine verrichtete diese Lobbyarbeit, wenn auch nicht unter diesem Namen. Er brachte den Senator dazu, intelligent abzustimmen. Vielleicht stellte seine Enkelin bei der Ankunft vor dem Kindergarten fest, dass das Gebäude abgebrannt war. Mehr war nicht nötig. Das und ein Streichholzheft, das am selben Tag per Post im Büro des Senators eintraf.
    Doch nun hatte er ein Riesenproblem.
    Er war in San Francisco und arbeitete an der größten Botschaft seiner Karriere. Sie sollte zugleich sein Vermächtnis, sein Geschenk an die Nation und seine Altersversorgung sein - alles in einem einzigen spektakulären Paket. Aber jetzt hatte er es Verrätern, Geiern und Legions Legionen zu verdanken, dass sein sorgfältig konstruiertes Projekt vor dem Kollaps stand. Plan A hatte sich in Luft

Weitere Kostenlose Bücher