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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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Kombination der erwähnten Elemente mit holographischen
Projektionen waren; und dass dies alles nicht bloß
dekorativen Zwecken oder dem persönlichen Ausdruck diente,
sondern auch ein Mittel der Verständigung war, eine Sprache
des Lichts. Der Kern des Jupiter-Individuums, sein Gehirn und
seine Antriebsmaschine, befand sich in dem kunstvollen Gebilde,
das bei den Engelserscheinungen wie eine juwelenbesetzte
Brustplatte ausgesehen hatte. Dieses Objekt verfügte
über aerodynamische Eigenschaften und bezog seine Energie
unmittelbar aus den Winden und den starken elektrischen Impulsen
der Jupiteratmosphäre, die selbst dann, wenn es sich nach
Jupitermaßstäben um ein laues Lüftchen handelte,
Orkangewalt hatten.
    Mir ging durch den Sinn, dass der Körper der Jupiteraner
ganz schön zäh sein musste. Die Projektionen zu
zerstören und die Diamantblasen zu knacken, könnte
tatsächlich so leicht sein, wie die Nuklearenthusiasten, mit
denen ich gesprochen hatte, glaubten. Ihren Ursprung zu
zerstören, würde allerdings die geplanten
Maßnahmen erforderlich machen.
    *
    Malley und Suze tauchten um 9 Uhr GMT auf und hatten das
selbstgefällige und verschlafene Aussehen eines Paares, das
die erste gemeinsame Nacht hinter sich hatte. Ich klinkte mich
aus und erhob mich.
    »Guten Morgen«, sagte ich.
    Suze lächelte verlegen; Malley grinste.
»Hallo«, sagte er. Er reichte mir die Hand; seine
Augen waren gerötet. »Mein Gott, gibt es hier
Kaffee?«
    Ich holte drei Becher, dann begaben wir uns zu Malleys
Arbeitsplatz. Suze zog zwei zusätzliche Stühle heran,
dann nahmen wir Platz. Die Stühle hatten Storchenbeine; auf
der Erde wären sie unter uns zusammengebrochen.
    »Na, wie war’s?«, fragte ich.
    »Ach«, meinte Suze, »wir haben alle
möglichen…«
    Sie verstummte kichernd.
    »Nun ja«, sagte Malley. Er lächelte Suze an.
»Sie hat die charmante Vorstellung, mit einem NiKo ins Bett
zu gehen, sei eine Art dekadente Perversion…«
    »Das stimmt nicht!«
    »Ich muss sagen, das wirkt sich positiv auf die
Leidenschaft aus. Nicht dass ich eine Steigerung nötig
hätte – Sie hatten Recht mit Ihren Bemerkungen zur
Verjüngungsbehandlung. Ich hatte ganz vergessen, wie gut man
sich fühlen kann.« Er streckte sich und seufzte.
»Andererseits – ich fühle mich sehr eigenartig.
Teilweise liegt es an der niedrigen Schwerkraft und den
Umständen, teilweise aber auch… an den Menschen hier.
Sie sind anders als erwartet, obwohl ich an Bord Ihres Schiffes
schon einige Tage mit Ihnen zusammen war. Die Menschen auf den
Gängen sind so…« Er schüttelte den Kopf.
»Die Leute von der Division sind anders als die Menschen
der Union, zumindest so weit ich das nach den ersten
Eindrücken beurteilen kann. Die Unionsbewohner wirken
glücklich und auf ihre Art frei, aber die Menschen hier
haben mehr Biss und wirken unzufriedener mit sich. Sie,
Ellen, und Ihre Crew, also… ich weiß nicht, wie
ich’s sagen soll, aber Sie sind wiederum anders, als
hätten Sie mehr von der Vergangenheit bewahrt.«
    »Das stimmt auch«, sagte ich. »Einige von
uns sind fast so alt wie Sie.«
    Er blickte mich merkwürdig an. »Nein, sogar Yeng
hat… eine Art Härte im Blick.«
    »Ja«, sagte Suze. »Das ist der
Alte-Genossen-Blick, von dem ich dir erzählt
habe.«
    »Hm«, machte ich. »Ich weiß nicht. Sie
machen auch einen ziemlich harten Eindruck auf mich, Sam.«
Ich schwenkte die Hand. »Ein andermal… Was ich Sie
fragen wollte, wie kommen Sie mit der Mathematik voran? Schaffen
es unsere Wunderwerke neuraler Nanotech, ihr Genie
wiederzubeleben?«
    Malley lachte. »Genau das habe ich gemeint, Ellen. Sie
sind fähig, eine solche Bemerkung ohne den Anflug eines
Lächelns zu machen, während Sie andere Dinge mit
erschreckender Beiläufigkeit aussprechenden. Aber Sie haben
Recht. Für Psychologie ist später noch Zeit. Die
Antwort auf Ihre Frage lautet, ja, ich komme voran, allerdings
nur langsam – und ich glaube, das liegt nicht am Alter
meines Gehirns. Die ›Anmerkungen zur praktischen
Umsetzung‹, von der ich seinerzeit leichtfertig behauptet
habe, sie überstiege unseren Horizont, gewinnen
schärfere Konturen, und was die Theorie der
quanten-chaotischen Mannigfaltigkeit angeht, beginne ich
allmählich, sogar meine alten Schriften wieder zu
verstehen.«
    Ich war mir nicht sicher, ob das ironisch gemeint war.
    »Okay«, sagte ich. »Sie haben gehört,
was der Mann gestern Abend

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