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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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ist sehr beeindruckt davon, wie gut Sie sich in der kurzen Zeit ins Tagesgeschäft des Weinguts eingearbeitet haben. Der Anfang ist also schon gemacht.«
    »Dass ich weiß, wann der Hühnerstall ausgemistet werden muss und wann die Pferde zum Hufschmied müssen, heißt noch lange nicht, dass ich in der Lage bin, die Weinberge zu bestellen oder gar die Champagnerherstellung zu überwachen. Und in Gustave Grosse habe ich leider auch keine große Hilfe«, sagte Isabelle und spürte, wie der Keim Hoffnung, den sie bei Michelines Rede gespürt hatte, wieder verdorrte.
    »Alles kann man lernen. Ich helfe Ihnen gern mit Rat und Tat. Und Claude ebenfalls. Er weiß mehr über den Weinanbau, als er preisgibt.«
    Isabelle runzelte die Stirn. »Ach ja?«
    Micheline nickte. »Er hat es bisher lediglich vorgezogen, sich nicht in die Arbeit von Gustave Grosse einzumischen. Die Kellermeister sind allesamt ein wenig … kapriziös, sie verstehen sich nicht als Arbeiter, sondern halten sich für Künstler. Und ein Künstler lässt sich nur ungern in die Arbeit reinreden. Der Verschnitt der einzelnen Rebsorten miteinander, das Mischen der unterschiedlichen Jahrgänge – das ist, als würde ein Maler in einen großen Farbkasten greifen und immer neue, gewagte oder auch weniger gewagte oder gelungene Farbkombinationen hervorbringen, verstehen Sie? Ein guter Champagner ist wie ein Gemälde, das Visionen hervorruft und zum Träumen verführt.«
    »Dann malt unser ›Künstler‹ aber mit ziemlich grobem Pinselstrich, und die einzige Vision, die er hat, ist ein Vollrausch«, sagte Isabelle spöttisch. Kritisch schaute sie die Nachbarin an. »Aber Sie haben recht, Grosse ist nicht der einzige Kellermeister der Champagne. Ich könnte mich nach einem fähigeren Mann umschauen, nach einem, der moderne, trockene Champagner herstellt.« Noch während sie sprach, spürte sie, wie das kleine Samenkorn Hoffnung erneut in ihr heranwuchs. Sie legte den Kopf ein wenig schräg und fuhr fort: »Wer ist bei Ihnen im Haus eigentlich für die Kreation Ihres Champagners zuständig?«
    »Ich«, sagte Micheline schlicht, aber mit Stolz in der Stimme.
    Isabelle warf der Frau einen bewundernden Blick zu. Obwohl sie fast schon wie Freundinnen waren, wusste sie ziemlich wenig über das Weingut der Guenins.
    »Kommen wir zurück zu Ihrem Problem«, sagte Micheline bestimmt. »Trauen Sie sich etwas, junge Frau! Sie werden überrascht sein, was man alles hinbekommt, wenn man es nur wagt. Oder …« Sie runzelte die Stirn. »Erzählt man euch deutschen Frauen etwa noch immer, dass man als schwaches Geschlecht nur an der Seite eines Mannes überleben kann? Falls Sie es nicht gemerkt haben, meine Liebe, es weht längst ein anderer Wind!«
    Urplötzlich verwandelte sich Isabelles verzagte Miene in ein breites Grinsen, woraufhin die Nachbarin sie verdutzt anschaute.
    »Einen frischen Wind – den haben sich meine Freundinnen und ich in Berlin so sehr herbeigesehnt. Wir bräuchten einen ›Jahrhundertwind‹, hat Clara immer gesagt. Einen, der all die verstaubten Ansichten über uns, das schwache Geschlecht, fortfegt!« Sie nickte gedankenverloren, als sie sich an die Jungmädchengespräche von einst erinnerte. »Eine neue Zeit haben wir uns gewünscht, in der Frauen nicht mehr Menschen zweiter Klasse sind, sondern ihre Stärken ausleben können wie die Männer. Eine Zeit, in der Frauen ihre Träume verwirklichen dürfen.«
    »Aber weht dieser Jahrhundertwind nicht längst schon durch alle Lande?«, fragte Micheline nachsichtig, als spräche sie mit einem begriffsstutzigen Kind.
    »Wenn man mich anschaut, bestimmt nicht«, erwiderte Isabelle. Ärger stieg in ihr auf, Ärger über ihr ängstliches Zögern. »Ich bin mit so großen Träumen hierher gekommen, und was ist daraus geworden? Der ganzen Welt wollte ich beweisen, was in mir steckt. Doch insgeheim habe ich mich darauf verlassen, dass Leon als Herr im Haus schon alles richten wird.« Sie schaute Micheline niedergeschlagen an. »Aber für diese Erkenntnis ist es jetzt wohl leider zu spät. Dabei hätte ich Henriette Trubert so gern die Stirn geboten! Eigentlich geschieht es mir ganz recht, dass ich jetzt die Rechnung dafür bekomme.«
    »So ein Blödsinn, es ist nie zu spät, die Zügel in die Hand zu nehmen«, erwiderte Micheline schroff. »Wenn Sie wollen, können Sie von heute auf morgen ein halbes Dutzend Kunden haben.«
    Als Isabelle ins Haus zurückging, fand sie Leon ausgerechnet an Jacques’ Schreibtisch

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