Die Chaos-Kompanie
denn nun?«
»Spende?« Narrisch runzelte die Stirn. »Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor, Herr Gouverneur. Ich habe nicht von einer Spende für Ihren ... Wahlkampf gesprochen. Jedenfalls nicht, wenn Sie sowieso schon über Ihre Verhältnisse leben.«
Wieney lief dunkelrot an. »Wer sagt Ihnen, dass ich über meine Verhältnisse lebe?« verlangte er zu wissen.
»Nicht wer, Herr Gouverneur«, sagte der Kommandant, »eher schon was - speziell, wie Sie es schaffen wollen, bis zum Ende des Jahres nicht bankrott zu sein, wenn sie keinen Kredit eingeräumt bekommen.«
»Es geht nur um ein Überbrückungsgeld, damit ich ... He, Moment mal! Diese Information sollte doch eigentlich vertraulich sein! Welches Recht haben Sie, in meinen privaten Geldangelegenheiten herumzuschnüffeln?«
»Oh, diese Information ist schon vertraulich«, versicherte ihm Narrisch. »Ich sitze nur zufällig im Aufsichtsrat der Bank, die Ihren Antrag prüft, und in dieser Funktion habe ich all meine Urteilsfähigkeit einzusetzen, um das Risiko bei Großkrediten einzuschätzen, und ein solcher ist Ihr Kredit, fürchte ich.«
Der Gouverneur fiel in seinen Sessel zurück, als wäre er geschlagen worden.
»Wollen Sie damit sagen, dass Sie meine Kreditgewährung blockieren, wenn ich die Legion nicht mit der Ehrengarde betraue?«
»Sagen wir, es fiele mir schwer, das nicht in meine Einschätzung Ihrer Urteilsfähigkeit und Verlässlichkeit einfließen zu lassen.« Der Kommandant lächelte.
»Ich verstehe.«
»Indes möchte ich eine Sache, die Sie eben sagten, klarstellen. Ich bitte Sie nicht, der Legion den Kontrakt auf dem Silbertablett zu servieren. Geben Sie ihnen einfach die gleiche Chance wie der Armee, sich den Auftrag zu verdienen.«
Wieney legte den Kopf schräg und sah Narrisch aus zusammengekniffenen Augen an.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Hauptmann: Darf ich fragen, warum Sie sich den Kontrakt nicht einfach nehmen? Ich bin nicht gerade in einer günstigen Position, um mit Ihnen zu argumentieren.«
»Das ist eine berechtigte Frage, Herr Gouverneur«, sagte der Kommandant. »Sehen Sie, ich versuche, das Selbstvertrauen meiner Legionäre aufzubauen. Wenn sie sich den Kontrakt in einem fairen Wettbewerb mit der regulären Armee verdienen können oder auch nur eine in ihren eigenen Augen passable Vorstellung abliefern, sollte das ihr Selbstbewusstsein steigern. Den Kontrakt zu kaufen oder Ihnen abzupressen könnte tendenziell den gegenteiligen Effekt haben. Es sähe unweigerlich so aus, als glaubte ich, dass die einzige Möglichkeit, ihnen den Auftrag zu verschaffen, bestünde darin, ihn für sie zu kaufen. In Wirklichkeit aber traue ich meinen Leuten zu, in einem offenen, fairen Wettkampf genauso gut oder besser abzuschneiden als alles, was die reguläre Armee aufzubieten hat.«
»Interessant«, murmelte der Gouverneur gedankenvoll.
Er blickte aus dem Fenster, dann schüttelte er den Kopf.
»Nein. Das kann ich nicht machen. Da Sie mir die Pistole auf die Brust gesetzt haben, kann ich genauso gut ehrlich zu Ihnen sein. Normalerweise würde ich Ihr Geld nehmen, um Ihnen dann irgendwann zu erzählen, dass ich ausgetrickst worden sei. So, wie die Sache steht, würden Sie das aber wahrscheinlich für doppeltes Spiel halten und mir was auf meinen Kreditantrag scheißen. Konkret sieht die Situation so aus, dass ich Ihren Jungs nicht helfen kann, nicht einmal soweit, ihnen eine Chance zu geben. Ich habe den Vertrag mit der Armee bereits unterschrieben, und ich könnte da nicht mehr raus, selbst wenn ich wollte.«
»Oh, das habe ich erwartet, Herr Gouverneur«, sagte Narrisch leichthin. »Ich denke, es gibt eine Hintertür, durch die sie hinausschlüpfen könnten ... sofern Sie das wollten.«
»Und das wäre?«
»Na, natürlich die Verordnung, die die einseitige Vergabe von Aufträgen ohne vorherige Prüfung von Konkurrenzangeboten verbietet.«
»Tut mir leid, an eine solche Verordnung kann ich mich nicht ...«
»Zufällig habe ich gerade ein Exemplar des Verordnungstextes bei mir, Herr Gouverneur.«
Der Kommandant zog ein Stück Papier aus der Tasche und breitete es vor dem Gouverneur auf dem Tisch aus.
»Sie werden bemerken, dass es von den Mitgliedern des Kolonierates unterschrieben ist und dass es auf eine Woche vor Ihrem Vertrag mit der regulären Armee datiert ist ... Herr Gouverneur.«
Wieney machte keine Anstalten, das Dokument in die Hand zu nehmen. Statt dessen verengten sich seine Augen, als er Narrisch
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