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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Formular, das für alle Fälle vorgesehen ist, die nicht in die üblichen Kategorien wie Raub, Einbruch oder Fahrzeugdiebstahl passen.
    »Und vergiß eines nicht, Partner«, schärfte Roscoe ihm ein, als sie allein in der Cafeteria saßen. »Sobald der Portier weg ist, ist sie einfach gesprungen. Niemand hat auch nur ein Wort gesagt. Sie ist einfach gesprungen!« Dean Pratt nickte und nippte an einer Limonade, während er sich nach einem Glas voll Bourbon sehnte, wie er sich noch nie in seinem Leben nach etwas gesehnt hatte. Er hoffte, daß in der hintersten Ecke seines Kleiderschranks zu Hause, wo seine Freundin ihre Medikamente aufbewahrte, noch ein paar Beruhigungspillen herumlagen. Schlaftabletten waren ihm nicht ganz geheuer, da Drogenmißbrauch ein unwiderruflicher Entlassungsgrund war. Aber im Augenblick wollte er nur vergessen und schlafen.
    Um elf Uhr zerrte Roscoe seinen Partner aus der Cafeteria und sagte: »Los, Partner, fahren wir wieder los. Es gibt noch einiges zu tun.«
    »Wie bitte?«
    »Los, komm schon, verdammt noch mal; an die Arbeit«, grinste Roscoe. »Wir haben noch nicht Feierabend; bis dahin sind's noch fünfundvierzig Minuten.«
    »Das kann doch nicht dein Ernst sein«, stöhnte Dean. »Los, jetzt stell dich nicht so an«, befahl Roscoe barsch, und sein Grinsen verflog. Er nahm Wasmeinstdu-Dean sehr fest am Arm und führte ihn nach draußen zum Streifenwagen.
    »Jetzt mach bloß keine Geschichten!« knurrte Roscoe, als er losfuhr. »Meiner Meinung nach können wir uns keinen Vorwurf machen. Was hätten wir schon machen sollen? Wenn diese blöde Kuh schon unbedingt ein bißchen frische Luft schnappen wollte, verdammte Scheiße, dann ist das nicht unser Problem.«
    Dean erwiderte nichts, was Roscoes Wut nur noch steigerte. Seine haarlosen Brauen wurden weiß und begannen zu zucken.
    »Verdammt noch mal! Wen kümmert es schon, wenn alle diese blöden Arschlöcher Schluß machen wollen. Das sind doch sowieso nur miese, stinkende Scheißbullen. Was soll ein Menschenleben schon, wenn es nicht gerade deines ist?«
    Da Dean immer noch nichts antwortete, zerrte Roscoe unbewußt an seinem Hodensack und schimpfte weiter. »Du schnappst einen Gauner und sagst ihm, er soll die Pfoten hochnehmen. Das macht er nicht, und es sind keine Zeugen da; dann lege ich den Kerl doch um. Hast du verstanden? Knall dieses Drecksvolk einfach ab wie die Tauben, die dir aufs Dach scheißen. Kannst du dich noch an diesen Nigger und den Mexikaner erinnern, an dem Abend, als meine Eier explodiert sind? Eines Tages werde ich mir die beiden schnappen. Und du kannst mir glauben, daß die zwei nichts zu lachen haben werden. Du würdest die beiden doch auch gern umlegen, oder vielleicht nicht?«
    »Kann schon sein«, nickte Dean.
    »So ist es richtig!« redete sich Roscoe weiter in Fahrt. »Eines Tages werden wir uns ein paar Säcke schnappen, die es auf die harte Tour versuchen wollen. Und denen werden wir's dann zeigen, wozu so ein paar abgebrühte Jungs wie wir noch in der Lage sind. Denen werden wir dann mal vorführen, was rückwirkende Geburtenkontrolle ist. Diese Scheißwichser werden wir mit meiner Magnum und deinem Erbsenstreuer regelrecht aus den Socken ballern!«
    »Kann schon sein, Roscoe«, murmelte Dean.
    Roscoe merkte gar nicht, daß er mit seinem Streifenwagen mit hundertdreißig Stundenkilometern ziellos über den Santa Monica Freeway jagte. Er spürte nur den kühlenden Fahrtwind, während Dean vorsichtig nach dem Tachometer schielte. Und dann kam der letzte Funkspruch jener Nacht herein. »Sieben-A-Fünfundachtzig, Sieben-A-Fünfundachtzig, kommen Sie Verkehrsstreife, Venice und Hauser, zu Hilfe. Code zwei.«
    »Sieben-A-Fünfundachtzig, Roger.« Dean knallte das Mikrofon in die Halterung zurück und notierte sich angewidert die Adresse.
    »Verdammte Scheiße!« Diesen Fluch brachte Roscoe nur sehr selten an, seit ihn ein früherer Partner darauf aufmerksam gemacht hatte, daß das bei ihm klang wie bei einem Nigger von der Central Avenue.
    »Für heute langt's mir wirklich«, brummte Dean. »Ich wäre für Code sieben bereit gewesen.«
    »Ich könnte auch was zu mampfen vertragen«, murrte Roscoe.
    »Haben diese Scheißsäcke in der Zentrale keinen anderen Wagen, den sie dorthin schicken können? Verdammte Scheiße! Zeig's ihr mit den Handschellen, Partner.« Wie Roscoe Rules es ihm beigebracht hatte, öffnete Dean Pratt den Verschluß seiner Handschellen, hielt sie direkt vor das Mikrofon und drückte sie

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