Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
begann er.
»Ich weiß – du würdest lieber gegen Lebewesen kämpfen«, unterbrach Tanis. »Und wie fandest du das gerade?«
Der Krieger antwortete nicht. »Von diesen Kreaturen kommen immer mehr aus beiden Richtungen.Wir könnten keinem weiteren Angriff standhalten. Aber wir werden den Düsterwald nicht betreten, wenn es nicht notwendig ist. Nicht weit von hier ist ein Wildpfad, auf dem wir die Betenden Gipfel erreichen können. Von dort aus haben wir einen guten Ausblick auf die Straße zum Norden und auch in die anderen Richtungen.«
»Wir könnten auch wieder zur Höhle zurück. Das Boot ist dort versteckt«, schlug Flußwind vor.
»Nein!« rief Flint mit erstickter Stimme. Ohne ein weiteres Wort drehte sich der Zwerg um, verschwand im Wald und rannte so schnell südwärts, wie ihn seine kurzen Beine tragen konnten.
Flucht - Der weiße Hirsch
D ie Gefährten stolperten so schnell sie konnten durch den dichten Wald und erreichten bald den Wildpfad. Caramon übernahm die Führung, das Schwert in der Hand. Sein Bruder folgte und hielt eine Hand auf Caramons Schulter, seine Lippen in grimmiger Entschlossenheit zusammengepreßt. Die anderen kamen mit gezogenen Waffen hinterher.
Aber von den Kreaturen war nichts mehr zu sehen. »Warum verfolgen sie uns nicht?« fragte Flint nach einer Stunde.
Tanis kratzte sich den Bart – dasselbe hatte er sich auch gefragt.
»Das haben sie nicht nötig«, antwortete er schließlich. »Wir sitzen sowieso in der Falle. Ich bin sicher, daß sie alle Ausgänge dieses Waldes blockiert haben, ausgenommen den Düsterwald...«
»Düsterwald!« wiederholte Goldmond leise. »Müssen wir wirklich diesen Weg nehmen?«
»Vielleicht nicht«, antwortete Tanis. »Wir werden vom Betenden Gipfel einen guten Ausblick haben.«
Plötzlich hörten sie Caramon rufen. Tanis lief nach vorn. Raistlin war zusammengebrochen.
»Es ist alles in Ordnung«, wisperte der Magier. »Aber ich muß mich ausruhen.«
»Eine Rast können wir alle gebrauchen«, sagte Tanis.
Keiner sagte etwas. Alle sanken müde nieder und schöpften in schnellen Zügen Atem. Sturm schloß seine Augen und lehnte sich gegen einen mit Moos bewachsenen Stein. Sein Gesicht war leichenblaß. An seinem langen Schnurrbart und in seinen Haaren klebte Blut. Tanis wußte, daß der Ritter eher sterben würde, als ein Wort der Klage von sich zu geben.
»Keine Sorge«, sagte Sturm plötzlich barsch. »Laßt mir nur einen Augenblick Ruhe.« Tanis ergriff kurz die Hand des Ritters, dann setzte er sich zu Flußwind.
Beide sprachen einige Minuten kein Wort, dann fragte Tanis: »Du hast schon einmal gegen diese Kreaturen gekämpft, nicht wahr?«
»In der zerstörten Stadt.« Flußwind erschauerte. »Es kam mir alles wieder zu Bewußtsein, als ich in den Karren sah und dieses... Ding mich höhnisch angrinste! Zumindest...« Er hielt inne und schüttelte den Kopf. Dann lächelte er Tanis zu. »Zumindest weiß ich jetzt, daß ich nicht verrückt bin. Diese entsetzlichen Kreaturen existieren wirklich.«
»Ohne Zweifel«, murmelte Tanis. »Diese Kreaturen verbreiten sich also auf ganz Krynn, oder deine zerstörte Stadt ist hier in der Nähe.«
»Nein. Ich kam aus dem Osten nach Que-Shu. Sie war von Solace weit entfernt, hinter den Ebenen meiner Heimat.«
»Was haben diese Kreaturen wohl gemeint, als sie davon sprachen, sie hätten dich bis zu unserem Dorf verfolgt?« fragte Goldmond langsam, während sie eine Hand auf seinen Arm legte.
»Sorge dich nicht«, sagte Flußwind und nahm ihre Hand in seine. »Die Kämpfer dort sind sicher mit ihnen fertig geworden.«
»Flußwind, du wolltest etwas sagen ...«, half sie nach.
»Ja, du hast recht«, erwiderte Flußwind und streichelte ihr silbriggoldenes Haar. Er sah zu Tanis und lächelte. Für einen Moment lüftete sich die ausdruckslose Maske, und Tanis sah eine tiefe Wärme in den braunen Augen des Mannes. »Ich danke dir, Halb-Elf, und auch euch anderen.« Sein Blick fiel auf die Freunde. »Ihr habt unser Leben mehr als einmal gerettet, und ich bin euch sehr dankbar dafür. Aber« – er stockte – »es ist alles so seltsam!«
»Und es wird noch seltsamer werden.« Raistlins Stimme klang unheilvoll.
Die Gefährten kamen dem Betenden Gipfel immer näher. Sie konnten ihn schon vom Weg aus erkennen, wie er sich über die Wälder emporhob. Sein gespaltenes Haupt sah wie zwei im Gebet zusammengelegte Hände aus – daher der Name. Der Regen hatte aufgehört. Der Wald war von einer
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