Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
doch«, grummelte Flint mit düsterem Blick. »Dieser Gossenzwerg führt uns direkt zu diesen Echsen!«
»Warte!« Goldmond ergriffTanis’Arm. »Schau mal zu ihr!«
Der Halb-Elf drehte sich um und sah, wie Bupu etwas Schlaffes und Formloses aus ihrer Tasche zog. Sie trat zur Wand, rieb das Etwas vor dem Stein und murmelte einige Worte. Die Wand erbebte, und in Sekundenschnelle wurde ein Zugang sichtbar, der ins Dunkle führte.
Die Gefährten sahen einander beunruhigt an.
»Es muß sein«, murmelte Tanis. Das Geklingel der Drakonierrüstungen konnte man nun deutlich hören. »Raistlin, Licht«, sagte Tanis.
Der Magier murmelte den Befehl, und der Kristall an seinem Stab leuchtete auf. Er und Bupu und Tanis passierten schnell die Geheimtür. Die anderen folgten, und die Tür schloß sich hinter ihnen. Das Licht erhellte einen kleinen quadratischen Raum mit Wandschnitzereien, die mit grünem Schleim überzogen waren, so daß sie unmöglich genau zu erkennen waren. Sie standen schweigend da und hörten, wie die Drakonier im Korridor vorbeiliefen.
»Sie müssen den Kampf gehört haben«, flüsterte Sturm. »Es wird nicht lange dauern, bis sie den Aufzug in Bewegung setzen, und dann haben wir die ganze Drakonierstreitmacht auf den Fersen!«
»Ich weiß Weg unten.« Bupu winkte entschuldigend mit einer Hand. »KeineAngst.«
»Wie hast du denn die Tür geöffnet, Kleine?« fragte Raistlin neugierig und kniete sich neben Bupu nieder.
»Magie«, sagte sie schüchtern und streckte die Hand aus. In der schmutzigen Hand der Gossenzwergin lag eine tote Ratte, die spitzen Zähne waren zu einer ewigen Grimasse gefletscht. Raistlin zog die Augenbrauen hoch, als Tolpan seinen Arm berührte.
»Es hat mit Magie nichts zu tun, Raistlin«,flüsterte der Kender. »Es ist ein einfaches verborgenes Schloß am Boden. Ich sah es, als sie zur Wand zeigte, und da wollte ich schon was sagen. Sie trat auf dieses Schloß, als sie sich an die Wand stellte und mit dem Ding wedelte.« Der Kender kicherte. »Sie ist vermutlich zufällig darauf getreten und hatte die Ratte gerade bei sich.«
Bupu warf dem Kender einen vernichtenden Blick zu. »Magie!« wiederholte sie und streichelte liebevoll die tote Ratte. Sie steckte sie wieder in den Beutel zurück und sagte: »Komm, du gehst.« Sie führte sie durch zerstörte, schleimverhangene Räume. Schließlich hielt sie in einem Raum an, der mit Gesteinsstaub und Schutt gefüllt war. Ein Teil der Decke war herausgerissen, und auf dem Boden lagen zerbrochene Kacheln herum. Sie plapperte und zeigte auf etwas in der nordöstlichen Ecke des Raumes.
»Geht unten!« sagte sie.
Tanis und Raistlin gingen hinüber. Sie fanden eine etwa drei Meter breite Röhre, ein Ende stak aus dem zerfallenen Boden. Offenbar war die Röhre durch die Decke gefallen und hatte sich hier eingegraben. Raistlin ließ seinen Stab ins Innere gleiten und spähte hinein.
»Komm, du gehst!« sagte Bupu und zog wieder an Raistlins Ärmel. »Herren können nicht folgen.«
»Das ist wohl wahr«, sagteTanis. »Nicht mit ihren Flügeln.«
»Aber es gibt nicht genügend Platz, um ein Schwert zu schwingen«, sagte Sturm stirnrunzelnd. »Mir gefällt das nicht ...«
Plötzlich verstummten alle. Sie hörten das Rad quietschen und die Kette rasseln. Die Gefährten sahen sich an.
»Ich zuerst!« grinste Tolpan. Er steckte den Kopf in die Röhre und kroch auf allen vieren hinein.
»Bist du sicher, daß ich da durchkomme?« fragte Caramon, ängstlich auf die Öffnung starrend.
»Mach dir keine Sorgen«, ertönte Tolpans Stimme. »Der Schleim ist hier so dick, daß du wie ein eingefettetes Schwein durchrutschen wirst.«
Seine fröhliche Erklärung schien Caramon nicht zu beruhigen. Er sah die Röhre weiterhin düster an, während Raistlin, von Bupu geführt, sein Gewand eng um sich wickelte und hineinglitt, sein Stab beleuchtete den Weg. Flint kletterte als nächster. Goldmond folgte, ihr Gesicht verzog sich vor Ekel, als ihre Hände in den dicken grünen Schleim faßten. Flußwind kam hinterher.
»Das ist krankhaft, ich hoffe, das ist dir klar!« murrte Sturm voller Abscheu.
Tanis antwortete nicht. Er klopfte Caramon auf den Rücken. »Du bist dran«, sagte er und lauschte dem Geräusch der Kette, die sich immer schneller bewegte.
Caramon stöhnte auf und kroch auf allen vieren in die Öffnung. Sein Schwertknauf blieb am Rand hängen. Er kam zurück, legte das Schwert noch einmal richtig an und startete einen
neuen Versuch.
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