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Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)

Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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lange?«
    Der Rabenführer hob die Hände. »Nachdem deine Mutter gestorben ist, hat es viele Winter gedauert, bis mein Geist geheilt war.«
    »Was hat dir dabei geholfen?«
    »Dass ich mich um meinen Clan kümmern musste. Und auf Renn aufpassen.«
    Ihr Name schwebte zwischen ihnen in der frostigen Nacht.
    Torak stand auf und ging davon, kehrte wieder zurück. »Ich weiß, dass sie bleiben muss. Vielleicht hat der Streuner sogar recht und ich werde für immer weiterziehen. Aber ich kann … ich will sie nicht verlieren.«
    Er brauchte Fin-Kedinn … Er musste ihm helfen, ihm raten. Doch das Gesicht des Anführers des Rabenclans blieb undurchdringlich, als er sein Messer wegsteckte. »Ich nehme das Wild mit ins Lager«, sagte er schroff. »Mach du das Feuer aus und sieh noch nach den Fischschnüren im Fluss.«
     
    Renn hatte vergessen, Proviant mitzunehmen, und war bei Sonnenaufgang hungrig und schlecht gelaunt. Sie hatte zwar Torak nicht gefunden, dafür aber viele Wolfsspuren gesehen; und wegen Dark hatte sie ein furchtbar schlechtes Gewissen.
    Die Bergclans hatten ihn nur geduldet, weil er mit Torak gekommen war, und hatten ihn in einer abgesonderten Unterkunft am anderen Ende des Lagers übernachten lassen. Auch der Rabenclan war Dark zunächst mit Misstrauen begegnet. Das hatte sich jedoch schlagartig geändert, als sie Ark gesehen hatten; einem Jungen mit einem weißen Raben gebührte Achtung. Dark selbst hatte es im Wald gleich gefallen. Er fand es schön, wieder unter Menschen zu sein. Aber erst am Tag zuvor hatte Renn gesehen, wie er unruhig an dem kleinen Steinochsen herumgespielt hatte, den er aus seiner Höhle mitgebracht hatte. Sie hatte ihm noch einmal versichert, dass Fin-Kedinn gesagt hatte, er könne bleiben, solange er wolle, woraufhin er höflich genickt hatte. Aber ihr war seine zweifelnde Miene nicht entgangen. Bestimmt befürchtete er, man würde ihn schon bald zum Gehen auffordern.
    Und du warst richtig gemein zu ihm, warf sie sich jetzt auf dem Rückweg zum Lager vor. Gut gemacht, Renn. Das hat ihm gerade noch gefehlt.
    Torak war auf dem Fluss, hackte mit einem Geweih Löcher ins Eis und zog die Angelschnüre ein. Neben ihm lagen einige Felchen, die rasch gefroren; Rip und Rek hüpften geschäftig hin und her und taten so, als interessierten sie sich überhaupt nicht dafür.
    Als Renn näher kam, blickte Torak kurz auf, dann machte er sich wieder an die Arbeit.
    Im Gegensatz zu ihr trug er noch immer seine Bergkleidung: das Wams aus Berghasenfell, das an der Hüfte von dem Gürtel zusammengehalten wurde. Der Gürtel war ein Abschiedsgeschenk von Krukoslik, ein breites Wildlederband, auf das mehrere Reihen Rentierzähne aufgenäht waren. Renn fand, dass er damit gut aussah, wenn auch anders als alle anderen im Weiten Wald. Sie fragte ihn, ob ihm das nichts ausmache.
    »Warum denn?«, erwiderte er mit einem Achselzucken. »So bin ich eben.«
    Sie nahm das Geweih in die Hand und kratzte damit über das Eis. »Ist es dir wirklich völlig gleichgültig?«
    »Ja, klar. Ich kann ohnehin nichts daran ändern.«
    Einen Augenblick lang kam er ihr plötzlich seltsam vor: ein großer junger Mann in fremdartigen Fellen, mit dem Zeichen des Ausgestoßenen auf der Stirn und diesen verwirrenden hellgrauen Augen. Sie dachte, Fin-Kedinn hat recht. Er ist anders. Und er wird es immer sein.
    Laut sagte sie: »Ich will, dass du mir etwas versprichst.«
    Er warf ihr einen argwöhnischen Blick zu. »Was denn?«
    Eigentlich hatte sie ihn bitten wollen, den Rabenclan nicht zu verlassen, doch stattdessen stieß sie hervor: »Wandere nie in meine Seele.«
    » Was? « Er lief rötlich braun an, die Farbe von Bucheckern. »Wie kommst du … Ich würde niemals … Warum sollte ich denn auf so eine Idee kommen? Ich weiß doch auch so, was du denkst.«
    Renn starrte ihn an. »Du … weißt , was ich denke?«
    Er schluckte. »Ja. Sozusagen.«
    Sie warf das Geweih weg und stolzierte davon.
    »Renn …«
    Der Schneeball traf ihn mitten ins Gesicht.
    »Ha!«, rief sie. »Das hast du aber nicht gewusst, oder?«
    Torak spuckte Schnee und blinzelte sie an. Seine Miene wurde nachdenklich. Renn kam zu dem Schluss, dass sie jetzt besser das Weite suchte.
    Als sie das Ufer hinaufrannte, hörte sie ihn hinter sich. Sie zog den Kopf ein. Sein Schneeball verfehlte sie und traf Dark, der gekommen war, um nachzusehen, was das Gebrüll sollte.
    »W-was…?«, stotterte er überrascht.
    »Es ist nur ein Spiel!«, keuchte Renn im

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